×

Blockaden und Einsichten

Unser Autor kämpft mit einer ausgewachsenen Schreibblockade und nimmt euch mit auf die Reise zu einem Text über die Unfähigkeit, einen Text zu schreiben.

17.05.23 - 16:30 Uhr
Einsicht: Manchmal ist man so rein und so dumm wie weisses Papier.
Einsicht: Manchmal ist man so rein und so dumm wie weisses Papier.
Bild Freepik

«OK Boomer» versus «Wa hesch denn du scho erlebt du huere Banane?» Im Blog «Zillennials» beleuchten Vertreterinnen der Generation Z, Nicole Nett und Anna Nüesch, und die Millennials David Eichler und Jürg Abdias Huber in loser Folge aktuelle Themen. Im Idealfall sorgen die vier damit für mehr Verständnis zwischen den Generationen. Minimal hoffen sie, für etwas Unterhaltung, Denkanstösse und den einen oder anderen Lacher zu sorgen.

Schreiben gehört zu meinem Beruf. Also es ist eigentlich der zentrale Punkt davon. Doof, wenn einem das Schreiben dann schwerfällt. Es gibt so Tage, an denen will mir einfach nicht einfallen, worüber ich meinen «Zillennials»-Text schreiben könnte. Heute ist so einer.

Der «Zillennials»-Blog lässt uns drei Schreibenden viele Freiheiten. Unsere Texte sollten im weitesten Sinn etwas mit Generationen zu tun haben. Viel allgemeiner lässt sich eine thematische Eingrenzung eigentlich gar nicht formulieren. Das ist wunderbar und lässt viel Raum für Ideen und Kreativität. Umso schwieriger ist es jedoch, wenn Ideen und Kreativität gerade sehr im Montagsmodus sind.

Ich arbeite einen Tag pro Woche bei der «Südostschweiz». Alle drei Wochen bin ich dran, meinen «Zillennials»-Beitrag zu leisten. So auch diesen Montag, der sich sehr nach Montag anfühlt.

Meist fallen mir in den drei Wochen zwischen zwei Beiträgen Themen ein, über die ich schreiben könnte. Davon gibt es dann Themen, die ich mir noch aufsparen will, weil sie einfach besser zu einem anderen Zeitpunkt passen. Und dann gibt es Montage wie den, an dem dieser Text entstehen soll. Montage, an denen ich mit komplett leerem Ideenköcher an meinem Arbeitsplatz sitze. Unser Planungstool erinnert mich dann mit unendlicher Geduld und Hartnäckigkeit daran, dass ich bei Arbeitsschluss einen fertigen «Zillennials»-Text abzuliefern habe. Gleichzeitig herrscht in meinen Hirnwindungen eine Dürre, die der momentanen Wetterlage in Spanien und Portugal entspricht.

Um etwas Schreibfahrt aufzunehmen, suche ich in den Weiten des Internets nach Möglichkeiten, Schreibblockaden zu umgehen. Was ich finde, sind insbesondere Definitionen. Schreibblockaden, so informiert mich Wikipedia nicht ohne (von mir gefühlte) Häme, zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus:

  • Es fällt schwer, einen Textanfang zu finden. (Thank you, Captain Obvious)
  • Der Text wird zwar geplant, es gelingt aber nicht, ihn zu schreiben. (Planungstool vs. meine Gedanken)
  • Der Schreibprozess wird – oft mehrfach – unterbrochen und häufig auch ganz abgebrochen. (Ich bin mittlerweile beim vierten Anlauf, nachdem ich lange vor mich hin prokrastiniert habe.)
  • Dem Verfasser erscheint das bisher Geschriebene als nicht gut genug. (Haha…ich schreibe einen Text darüber, wie es ist, keinen Text schreiben zu können. Noch Fragen?)
  • Die Ideen und/oder die Formulierungen bleiben aus. (Hmpff…)
  • Das Schreiben wird als qualvoll empfunden. Häufig treten schon beim Gedanken an die Anfertigung der Arbeit oder beim Anblick des Bildschirms körperliche Symptome wie Unwohlsein oder Nervosität auf und es werden Vermeidungshandlungen wie Aufräumen, Putzen etc. ausgeführt. (Noch nicht ganz. Ich war heute nicht mit dem Staubsauger im Medienhaus unterwegs. Immerhin ein Lichtblick.)
  • Passagen aus fremden Texten werden nicht in eigenen Worten wiedergegeben, sondern es wird wörtlich zitiert. Der eigene Text wird dadurch zu umfangreich und es entstehen Brüche. Beides führt häufig zum Abbruch. (Diese Aufzählung stammt von Wikipedia. Die Bemerkungen von mir.)

Ich komme zu einer ersten Erkenntnis: Wikipedia hat recht. Ich ziehe diese textliche Zangengeburt aber dennoch bis zum Ende durch.

Ich lese mir (mittlerweile sind seit der letzten Zeile zwei Stunden vergangen und ich sitze zum fünften Mal am Text) den Wikipedia-Eintrag zum Thema weiter durch und stelle fest, dass erfolgreichere, bessere und relevantere Autoren als ich bereits nachweislich unter Schreibblockaden zu leiden hatten. Ein Auszug:

  • Douglas Adams («Per Anhalter durch die Galaxis»)
  • Fjodor Dostojewski («Schuld und Sühne»)
  • Ernest Hemingway («Der alte Mann und das Meer»)
  • Franz Kafka («Die Verwandlung»)
  • J.R.R. Tolkien («Der Herr der Ringe»)

Schreibblockaden waren ausserdem in diversen Werken bereits Thema:

  • «Frühstück bei Tiffany» (Truman Capote)
  • «Die Pest» (Albert Camus)
  • «Die Stadt der träumenden Bücher» (Walter Moers)
  • «Shining» (Stephen King)
  • «Barton Fink» (Spielfilm)
  • «Californication» (Fernsehserie)
  • «Stranger than fiction» (Spielfilm)

Erkenntnis zwei: Ich befinde mich mit meiner angezogenen Schreibhandbremse in illustrer Gesellschaft (Zigarettenpause, um die Spinnweben im Schädel etwas durchzulüften).

So, nun ist noch eine Stunde Arbeitszeit offen. Ich habe alle anderen Pendenzen meines heutigen Dienstes erledigt und mache mich an den letzten Chnorz, um diesen Text zu einem Abschluss zu bringen. Zu meinen zwei bisherigen Erkenntnissen gesellen sich nun folgende:

  • Lamentieren hilft mir bei einer Blockade. Also nicht das eigentliche Lamentieren, sondern die aufmunternden Rückmeldungen meiner Kolleginnen und Kollegen. Sie kennen das. Geteiltes Leid ist halbes Leid.
  • Mit dem Beschreiben meiner Krux konnte ich nun einen doch noch – so hoffe ich – halbwegs unterhaltsamen Text zusammenschustern.
  • Manchmal hilft es, sich die eigene Hilflosigkeit einzugestehen, sie zu formulieren, mit jemandem darüber zu sprechen und sie so vielleicht besser zu verstehen oder gar überwinden zu können.

Die nächste «Zillennials»-Schreibblockade kommt bestimmt. Ich gebe hier nun gerne den Themen-Winkelried und frage euch, liebe Leserinnen und Leser: Was wollt ihr in Zukunft im Rahmen dieses Blogs von uns zu lesen bekommen? Schreibt uns eine Mail oder direkt unter dem Blog in die Kommentare. Eure Vorschläge und Hinweise helfen uns vielleicht, in der nächsten schreibblockierten Verzweiflung etwas inhaltliches Licht im leeren Word-File zu erahnen.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.

Mein Rat, dem Publikum zuliebe: Journalisten und Politiker, ja alle, die nichts zu sagen haben, sollten schweigen. Bauernregel: Wer nichts zu ernten hat, soll kein leeres Stroh dreschen. Bemerkung von mir: Obiger Autor erntete trotzdem (seine Gage, die eigentlich das Publikum verdient hätte), ein man-made Paradox wider die Naturgesetze.