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«Wir Bündner sind keine Innovations-Trottel»

Heimfallstrategien, Vermögensverteilung und Bodenpolitik – drei wirtschaftspolitische Themen, die am Podiumsanlass der SP in Savognin leidenschaftlich diskutiert wurden.

Südostschweiz
19.11.12 - 01:00 Uhr

Von Sabine-Claudia Nold

Zum zweiten Mal hatte die SP Graubünden anlässlich der Retraite der Bündner Fraktion eine öffentliche Veranstaltung zu aktuellen, politischen Themen organisiert. Am Samstag lud die Partei ins Savogniner Kompetenzzemtrum Bauen & Energie zum Themenabend «Wem gehört Graubünden?» ein.

Als Gäste eingeladen waren Ständerat Stefan Engler (CVP), Nationalrätin Jacqueline Badran (SP) und David Gallusser, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB). Peter Peyer (SP) führte nach den Input-Referaten der Gäste als Moderator durch das Gespräch der Podiumsdiskussion.

Gallusser stellte in seinem Referat den SGB-Verteilungsbericht 2012 vor, der die Ursachen der auseinanderklaffenden Lohnschere analysiert. Engler referierte zum Thema Wasserkraftwerke in Graubünden mit speziellem Blick auf die Heimfälle, die sich in den Jahren 2030 bis 2050 häufen werden. Badran zeigte in ihrem Referat auf, weshalb Bodenpolitik immer auch Wirtschafts-, Gesellschafts-, Steuer-, Finanz-, Gewerbe- und Demokratiepolitik ist.

Mehr Innovationsfreude nötig

Ausgehend von der Frage «wem gehört Graubünden?» und mit Blick auf die von Badran beschriebenen Probleme in der Bodenpolitik kam die Sprache rasch auf die Zweitwohnungsinitiative. Moderator Peyer stellte der seit 1966 in Zürich lebenden Badran die provokative Frage, ob die Unterländer besserwisserisch seien. «Was bietet ihr uns an?» so Peyer unter dem Gelächter des Publikums.

«Wir geben einen erheblichen Teil unseres Einkommens bei euch aus», konterte Badran schlagfertig. Ebenso fliesse ein Teil der Steuergelder nach Graubünden. «Ihr Bündner setzt zu einseitig auf die Bauindustrie, besonders in den kleinen Dörfern», so Badran. Ein neuer Innovationsschub werde dringend benötigt. «Die Zweitwohnungsinitiative ist eine riesige Chance», zeigte sich die Zürcher SP-Politikerin überzeugt.

Daraufhin ergriff Engler das Wort und erklärte dezidiert, dass er das so nicht stehen lassen könne. «Wir sind keine Innovations-Trottel.» So habe beispielsweise die Bio-Landwirtschaft in Graubünden begonnen und sei eine ganz klare Erfolgsgeschichte. Badran erklärte, sie habe niemals die Bündner als Innvoations-Trottel bezeichnet, da werde ihr das Wort im Mund herumgedreht. Engler betonte, dass gerade im Bereich der Fotovoltaik grosses Potenzial vorhanden sei, das auch genutzt werde. Peyer meinte daraufhin mit einem verschmitzen Lächeln, er wolle jetzt nicht nachfragen, wer denn diese Projekte angetrieben habe. Engler zeigte jedoch charmant, dass er nicht die geringste Mühe hat, der SP diesen Erfolg zu gönnen.

Genossenschaften fördern

Das zweite grosse Thema der Diskussionsrunde galt der Wohnungsnot der Einheimischen. Badran, die lange Jahre im Engadin als Skilehrerin gearbeitet hatte, weiss durch den Kontakt mit Freunden und Bekannten aus erster Hand um die teils horrenden Mieten, die selbst mit zwei Einkommen das Haushaltsbudget schwer belasten.

Engler argumentierte, es sei unfair, St. Moritz und Davos als Beispiele herauszupicken, weil dies nicht der Lebensrealität entspreche. Schon wenige Kilometer neben diesen Zentren sind die Mietpreise günstiger. Gallusser hielt dagegen, dass aber dort keine Arbeitsplätze vorhanden seien und schnell zwei Autos finanziert werden müssten. «Die Gründung von Wohngenossenschaften wäre eine Lösung», ist Badran überzeugt. «Auch wenn sich Graubünden nicht sehr genossenschaftsfreudig zeigt.» Obwohl Infrastrukturen oft Genossenschaften seien und gut funktionierten, wie beispielsweise der Flugplatz Samedan.

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