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Trotz vieler Herausforderungen starten die Hoteliers optimistisch in den Sommer

Langsam, aber sicher nimmt die Davoser Sommersaison Fahrt auf. Doch wie gut geht es der hiesigen Hotellerie in An­betracht von Personalmangel, Corona-Nachwehen und Inflation? Die DZ sprach mit Tamara Henderson, Präsidentin von Hotel Gastro Davos (HGD).

Andri
Dürst
08.07.22 - 06:53 Uhr
Wirtschaft
Tamara Henderson ist Gastgeberin mit Leib und Seele.
Tamara Henderson ist Gastgeberin mit Leib und Seele.
ad

DZ: Der Sommer ist nun in seiner vollen Pracht da. Wie sind die Davoser Hotels in die Saison gestartet?

Tamara Henderson: Mein Hotel, das Larix, hat vor einer Woche den Betrieb aufgenommen. Der Juni und Juli sehen gut aus, die Buchungslage für August hingegen ist noch nicht so stark. Man muss wissen: Wenn man die letzten zwei Sommer als Vergleichsbasis nimmt, so reden wir von einem sehr hohen Niveau. Die grossen Hotels wurden beinahe überrannt, das ist aktuell nicht mehr so. Die Schweizer Gäste können nun wieder ins Ausland gehen. Im Gegenzug dürfen wir dafür wieder vermehrt ausländische Gäste in Davos begrüssen, beispielsweise französische «Töff»-Touristen. Was uns noch in die Hände spielen könnte, ist die Situation an den Flughäfen. So bleiben einige inländische Reisende kurzfristig doch in der Schweiz. Wenn es einen normalen Sommer gibt, können wir schon sehr zufrieden sein.

Inwiefern fehlen aus Ihrer Sicht heuer die Schweizer Gäste, da diese nun ­wieder fast überall hinreisen können? Inwiefern versuchte man in den letzten zwei Jahren, diese an die Destination zu binden?

Im Hinterkopf wussten wir alle, dass die Corona-Gäste aus der Schweiz nicht mehr kommen, sobald sie wieder auf der ganzen Welt reisen können. Aber klar, man versucht, aus jedem Gast einen Stammgast zu machen.

Wie sieht es mit den ausländischen Gästen aus?

Hierbei spielt der Kongresstourismus eine wichtige Rolle. Das WEF und viele andere Anlässe fehlten. So ist die Destination Davos innerhalb des Kantons ziemlich unter die Räde r gekommen. Glücklicherweise zieht der Kongress­tourismus nun wieder an.

«Der Personalmangel ist im Moment Horror»

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Der Personalmangel erschwerte im Winter vielen Betrieben das Leben. Wie schaut die Situation im Moment aus?

Im Moment ist es Horror. Im letzten ­Winter hat unser Hotel doppelt so viel Umsatz gemacht, aber das mit zwei Mitarbeitenden weniger. Es ist schwierig, für das Problem eine Lösung zu finden. Neue Ideen lassen sich nicht von heute auf morgen umsetzen.

Wie offen sind denn die Hotels solchen Lösungen gegenüber?

In Davos haben einige Betriebe beispielsweise die Vier-Tage-Woche schon diskutiert. Aber es zeigte sich, dass die Mitarbeitenden das nicht unbedingt wollen und eigentlich die Zimmerstunde schätzen. Schlussendlich müssen wir Mitarbeitende finden und schauen, wie wir diese Leute kriegen – gegebenenfalls müssen wir mit Benefits für Anreize sorgen. Es bleibt uns wohl gar nichts Anderes übrig.

Eine der brennendsten Fragen ist wohl, wo die bisherigen Mitarbeitenden geblieben sind.

Ich weiss es auch nicht. Viele haben die Branche gewechselt und etwas Neues gesucht. Das Problem besteht ja nicht nur im Gastgewerbe, sondern auch beispielsweise an den Flughäfen oder bei den Handwerkern. Das Traurige: Wir von den Hotels hätten wieder Gäste, haben aber zu wenig Mitarbeitende. Somit können wir gar nicht so viel Geld verdienen, wie es möglich wäre. Wichtig ist nun, dass man die jetzigen Mitarbeitenden nicht überfordert.

Inwiefern befeuert die Wohnungsknappheit in Davos das Problem?

Das Suchen nach Wohnungen für Mitarbeitende ist ganz krass. Wir haben aber nicht ein Erstwohnungs-, sondern ein WEF-Problem. Wir hätten genug Wohnungen. Aber viele Vermieter verlangen, die eigenen vier Wände während des Jahrestreffens zu räumen. Wir versuchen nun aber, das Problem anzugehen, und suchen das Gespräch mit der Gemeinde. Dies ist beim Personalmangel ohnehin wichtig: Das Problem lässt sich nur gemeinsam lösen: Hotels, Bergbahnen und Gemeinde müssen zusammenspannen.

«Davos hat kein Erstwohnungs-, sondern ein WEF-Problem»

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Wie schnell löst sich das Personal­problem aus Ihrer Sicht?

Der Personalmangel hat sich seit Anfang Winter nochmals zugespitzt. Vor allem im Service besteht eine Knappheit. In der Küche bekommt man zwar zum Teil Personal, viele können aber nicht kochen. Aber die Hoffnung bleibt, dass Leute, die gerne im Gastgewerbe arbeiten, früher oder später wieder zurückkommen. Wichtig ist auch, dass wir die Branche in ein besseres Licht rücken. Denn die Berufe haben auch ihre schönen Seiten. Kürzlich war ich an einem Anlass von Hotelleriesuisse. Der Dachverband geht davon aus, dass sich die Situation in ein bis zwei Jahren bessern wird.

Inwiefern betrifft die aktuelle Situation – Stichworte Energieknappheit, Inflation, Krieg – die Davoser Hotel­lerie im Moment?

Man merkt es sofort auf der Monats­rechnung. Heizöl, Lebensmittel und so weiter werden um rund 20 Prozent ­teurer. Somit werden auch bald Lohnforderungen kommen. Und was uns in der Schweiz besonders betrifft: Für die ausländischen Gäste wird die Schweiz wieder teurer.

Inwiefern muss die Gastro-Branche die höheren Preise auf die Kunden ­abwälzen?

Zumindest in unserem Betrieb belasse ich diesen Sommer die Preise – vorerst. Preiserhöhungen sind eine extreme Gratwanderung, da man die Gäste nicht mit zu hohen Preisen vergraulen will. Zu betonen ist jedoch: Gute Qualität hat ihren Preis.

Wie blickt die Davoser Hotellerie in die Zukunft?

Es gibt sicher einige Herausforderungen zu meistern. Nach Corona schauen wir nun positiv auf die kommende Saison. Davos hat viel zu bieten. Hält man somit die Qualität und ist freundlich zu den Gästen, kann man fast nichts falsch ­machen.

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