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Bea, die fleissige Schülerin

Vor ziemlich genau einem Monat liess die Destinations-Organisation wissen, dass ihr Chatbot Bea neuerdings zusätzlich auf Informationen von «Chat-GPT» zugreifen kann. Gäste sollen damit einen digitalen Reise­begleiter erhalten, der mass­geschneiderte Tipps verrate.

Barbara
Gassler
28.07.23 - 06:51 Uhr
Wirtschaft
Chatbot Bea soll den Gästen helfen und die Mitarbeitenden entlasten.
Chatbot Bea soll den Gästen helfen und die Mitarbeitenden entlasten.
zVg

Wer vor Kurzem Bea die Frage stellte: «Wo kann ich parkieren?» erhielt noch diese zwar enthusiastische, aber unbrauchbare Antwort: «Mountainbiker und Radrennfahrer kommen in Davos Klosters gar nicht mehr aus dem Staunen heraus. Umgeben von Alpenpässen, Berggipfeln und endlos scheinenden Trails wird der Flow zum Adrenalinkick, der für prächtige Erholung sorgt.» Doch Bea lernt laufend dazu: Neu verweist sie bei der gleichen Anfrage zwar auf das winterliche Nachtparkverbot, bietet aber gleichzeitig eine Weiterleitung zu den verschiedenen Parkplätzen. «Genau darum geht es», kommentiert Werner Pircher, CEO der Agentur Spot, die Bea im Auftrag der Destination entwickelt hat und weiterentwickelt. «Wir brauchen diese Anfragen, um unseren Chatbot immer besser werden zu lassen. Wir brauchen die Interaktion mit realen Menschen. Das können wir nicht im Labor simulieren.» Konkret bedeute das, dass die erste Anfrage möglicherweise noch unvollständig oder falsch beantwortet werde, beim zweiten Mal aber bereits die richtige Antwort geliefert werden könne. Aus diesem Grund werden die Benutzer darauf aufmerksam gemacht, dass es sich beim aktuellen Chatbot noch um eine Beta-Version handelt. Das ist eine frühe, noch nicht ganz vollständige Version. Sie ist zwar bereits funktionsfähig, entspricht aber noch nicht der Endversion.

Bea kann immer und überall dabei sein.
Bea kann immer und überall dabei sein.
bg

Menschliches Tun im Hintergrund

Doch wie lernt das Programm? Was hat sich im oben genannten Fall seit der ersten Abfrage verändert? «Wir verfolgen die an Bea gestellten Fragen ständig und erkennen, welche nicht zufriedenstellend beantwortet wurden», ergänzt Melina Schell, Digital Content Managerin bei der gleichen Agentur. Dabei versucht das Programm, der Anfrage ein sogenanntes «Intent» zuzuweisen. Der Begriff kommt aus dem Englischen und bedeutet «Absicht». Und genau das ist es, was Bea herausfinden soll: Worauf zielt die Anfrage ab? Was ist die Absicht hinter der Frage? «Rund 90 Prozent der Fälle können wir abfangen, indem die Absicht erkannt wird», berichtet Schell weiter. In der Antwort erhalten die Fragenden dann einen Einleitungstext zum erkannten «Intent», und darunter werden weiterleitende Varianten in anklickbaren Themen-Boxen angeboten. So soll das Bedürfnis respektive die Absicht Schritt für Schritt ein­gegrenzt werden, um schliesslich zum Resultat zu führen.

Kaum menschliche Interaktion gefragt

Wo das nicht von Anfang an gelingt, gelangt die Anfrage zu «ChatGPT». Dann antwortet Bea: «Das kann ich leider noch nicht beantworten. Gerne habe ich deine Anfrage an ‹ChatGPT› weitergeleitet. Bitte geniesse diese Antwort mit Vorsicht, da auch ‹ChatGTP› nicht alles weiss und manchmal falsch liegt. Du möchtest lieber mit einem Menschen sprechen? Dann kann ich dich gerne mit der Gästeberatung verbinden.» In den rund 14 000 «Sessions» – das sind Unterhaltungen mit dem Chatbot, wobei eine «Session» nach der ersten Frage beendet sein kann oder weitergeführt wird – die Bea seit der Einführung von «ChatGPT» führte, kam bei nur rund sieben Prozent dieses Angebot. Lediglich 115 Benutzer liessen sich tatsächlich mit der Gästeberatung verbinden. Tätig wurden hingegen die Macher bei Spot. Sie schauen sich die Frage an und versuchen ihr manuell einen «Intent» zuzuweisen. Weiter lernt das Chatbot-System ausserdem dank eines Algorithmus auf Basis von «Machine Learning» und Künstlicher Intelligenz. So wird die Datenbank, auf die sich Bea im Hintergrund stützt, immer umfangreicher: Immer präziser können menschliche Fragestellungen in computer­gerechte Angaben umgesetzt werden.

Mut, die ersten zu sein

«Nach der Einführung von ‹ChatGPT› erkannten wir bald, dass wir dessen Antworten nicht einfach so stehen lassen konnten und einen deutlichen Disclaimer anbringen mussten», erklärt der CEO der Agentur Spot, verteidigt das Programm aber gleichzeitig: «Wir haben viel getestet und sind sofort bereit, einem noch besseren Programm den Vorzug zu geben. Doch im Moment ist von den verfügbaren Angeboten ‹ChatGPT› eindeutig am weitesten.» Erschwerend komme dazu, dass «ChatGPT» noch immer auf einem Datenstand von vor zwei Jahren basiere. «Die aktualisierte Version steht für die Öffentlichkeit noch nicht zur Verfügung.» Dennoch ist für Pircher die Künstliche Intelligenz die Zukunft, um die im Internet vorhandene Informationsfülle einfacher zugänglich zu machen. Dabei sei Bea eine Innovation und der aktuell beste Chatbot im Schweizer Tourismus, in dem viel Arbeit stecke. Dass dabei auch Fehler passieren können, streitet er nicht ab, doch: «Wenn wir uns zu sehr auf die Fehler konzentrieren, können wir das Potenzial nicht nutzen.» Daher ist für ihn auch klar, dass die Beta-Version von Bea keineswegs zu früh gekommen ist und eine Abschaltung der Option «ChatGPT» nicht in Frage kommt. Die Destination Davos Klosters sei in Sachen technischer Innovation schon immer an vorderster Front dabei gewesen. «Dabei sind manche Dinge vielleicht noch nicht ganz ausgereift. Doch Davos Klosters hat den Mut, in eine solche Technik zu investieren.»

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