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Versunken in der Bedeutungslosigkeit?

Da sich die Bearbeitung einer von EVP-Landrat Christian Thomann eingereichten Petition zu verzögern scheint, hakte er mittels einer Kleinen Anfrage betreffend «Stellenwert von Petitionen» beim Kleinen Landrat (KL) nach. Kürzlich veröffentlichte dieser eine Antwort auf Thomanns Anfrage.

Andri
Dürst
02.05.22 - 17:00 Uhr
Politik
Die Treppe beim Rathaus-Eingang ist meist der Ort, wo Petitionen übergeben werden.
Die Treppe beim Rathaus-Eingang ist meist der Ort, wo Petitionen übergeben werden.
zvg

Im Januar 2021 reichte die EVP nebst zwei anderen Begehren die Petition «Für Familien- statt Zweitwohnungen» ein. Doch anschliessend hörte die Partei nichts mehr von der Gemeinde, weshalb der EVP-Vertreter im Grossen Landrat (GL), Christian Thomann, sich im Februar zum Einreichen einer Kleinen Anfrage entschied (siehe DZ vom 18. Februar). Er hält gegenüber der DZ fest: «Wenn man nach über einem Jahr nichts zu einer Petition hört, dann wirft das schon Fragen auf, ob überhaupt noch dran gearbeitet wird und – wenn die Antworten schon so lange dauern – wie lange es dann in Zukunft gehen soll, bis am eigentlichen Handlungsbedarf etwas unternommen wird». Den ersten Vorwurf dementiert der KL aber in seiner Stellungnahme: «Alle drei Petitionen [der EVP] sind noch in Behandlung. Da sich der KL grundsätzlich seriös mit den Anliegen der Davoser Bürgerinnen und Bürger ausei-nandersetzt und keine schnellen, summarischen, unpräzisen und damit letztlich auch unbefriedigenden Stellungnahmen erarbeiten will, ist der Behandlung von Petitionen die entsprechende Zeit geschuldet».

Keine Fristen für Petitionen

Anders als Volksinitiativen sind Petitionen nicht an eine Frist gebunden. Auf diesen Punkt beruft sich der KL mehrmals in seiner Antwort. Thomann meint dazu: «Wenn eine Petition aus dem Volk eingeht, wie es unsere Gemeindeverfassung vorsieht, dann sollte sich der KL meiner Meinung nach dieser Sache von Anfang an widmen. Eine Antwort sollte man doch in einer angemessenen Zeit erhalten, oder wenn es länger geht, mindestens eine Zwischenbilanz». Dies tut der KL – wenn auch nur kurz – in seiner Antwort an Thomann. Zur Wohnraumproblematik hält die Exekutive fest: «Das Projekt ‹Gesamtstrategie für gemeindeeigene Liegenschaften› […] ist gegenwärtig in Bearbeitung und wird an einer der nächsten Strategiesitzungen vom KL beraten. Wenn nötig, wird der KL auch in Zukunft weitere Massnahmen erwägen». Genau dies erwartet der EVP-Politiker auch: «Im schlimmsten Fall müsste der KL halt einen Handlungsbedarf zugeben, zweitens ein Bekenntnis, dass man die Sache aufarbeitet, und drittens, dass man mit ‹Vollgas› dran ist».

«Hätten Antwort verdient»

Thomann sei von der Antwort des KL nur teilweise befriedigt. Die Antwort erläutert nämlich nur den rechtlichen Hintergrund zu Petitionen (siehe Box) und enthält das Versprechen des KL, dass man tatsächlich irgendwann eine Antwort erhält. «Wann die Petitionen aber beantwortet werden, ist nach wie vor unklar», meint der Legislativpolitiker. Er führt zudem ins Feld, dass hinter jeder Petition auch viel Vorbereitungsarbeit steckt: «Nachdem sich die EVP sehr seriös und zeitaufwendig um die aktuellen Probleme von Davos und um mögliche Verbesserungsvorschläge gekümmert hat, haben wir auch nichts Anderes verdient, mindestens eine ebenso seriöse Beurteilung des KL zu erhalten. Dies hätte jeder Bürger und jede Bürgerin ebenso verdient. Da muss man nicht Mitglied des GL sein».

Dischmastrasse-Petition ohne Erfolg

Nicht Mitglied in einer politischen Behörde – dies trifft auf Sibylle Bundy zu. Die Familienmutter ist ebenfalls Kopf hinter einer Petition. Mit 242 Unterschriften reichte sie im Oktober 2020 ihr Anliegen bei der Gemeinde ein, denn für sie war klar: Die Dischmastrasse muss sicherer werden. Zu schnell fahrende Autos, die oft auch auf das Trottoir ausweichen, stellen ein grosses Risiko für Kinder dar. Nachdem sie die Petition eingereicht hatte, erstellte die Gemeinde zwar ein Verkehrsgutachten. Jedoch blitzte sie beim Kanton mit dem Begehren ab, eine 30er-Zone zu erstellen (siehe DZ vom 14. April). «Die Bevölkerung hat ein Problem, wird aber nicht ernst genommen», stellt Bundy resigniert fest. Seit sie Kinder habe, sei sie jedes Jahr auf dem Polizeiposten vorstellig geworden und habe gefordert, Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit zu ergreifen. Genützt habe dies nichts, und als ihre Tochter um ein Haar überfahren worden sei, habe sie sich bei der Gemeinde erkundigt, welche Möglichkeiten sie ergreifen könne. Man habe ihr empfohlen, eine Petition zu starten. In der Nachbarschaft und im Bekanntenkreis habe sie dann auch viel Lob erhalten. «Endlich macht mal jemand was», war zu hören. Sie sei auch guter Dinge gewesen, als sich die Gemeinde ihrem Problem annahm. Doch als die abschlägige Antwort des Kantons eintraf, machte sich Enttäuschung breit. «Ich habe viel Zeit in dieses Thema investiert. Nun fühle ich mich ehrlich gesagt veräppelt», meint sie gegenüber der DZ.

Zuwarten und Resignation

Bei der EVP fasst man eine weitere Petition ins Auge: «Tatsächlich gibt es noch eine weitere Petition, die seit bald einem Jahr fixfertig ausformuliert, aber noch nicht eingereicht ist. Wenn der KL jedoch bei den drei bisherigen Petitionen viel Zeit braucht, möchten wir nicht, dass seine Administration weiter belastet wird», erklärt Thomann. Anders ist es bei Bundy. «Ich mag nicht mehr», sagt die Mutter im Gespräch mit der DZ. Sie habe keine Energie mehr, um noch weiter zu kämpfen.

Gemeindeverfassung, Art. 18
1. Jede Gemeindeeinwohnerin und jeder Gemeindeeinwohner ist berechtigt, in schriftlicher Form Anträge, Begehren und Beschwerden den Gemeindebehörden einzureichen.
2. Ist die Eingabe nach Form und Inhalt nicht ordnungswidrig, so behandelt die angegangene Behörde die Petition und entscheidet, ob und wie sie ihr Folge leisten will.

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