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Die grosse Landsgemeinde-Übersicht

Die Landsgemeinde wählt am Sonntag drei Verwaltungsrichterinnen und einen Kantonsrichter. Anlass zu Diskussionen werden auch die Kantonsfinanzen und die Organisation der Gemeinden geben.

Daniel
Fischli
02.05.23 - 04:30 Uhr
Politik
An der Landsgemeinde sind die Ersatzwahlen in zwei Gerichte und zehn Sachgeschäfte traktandiert.
An der Landsgemeinde sind die Ersatzwahlen in zwei Gerichte und zehn Sachgeschäfte traktandiert.
Bild Sasi Subramaniam

§ 2 Wahlen

Die Landsgemeinde hat vier Sitze in den Gerichten neu zu besetzen. Aus dem Verwaltungsgericht treten Sally Leuzinger (FDP), Walter Salvadori (Die Mitte) und Michael Schlegel (Die Mitte) zurück. Für die drei Sitze kandidieren vier Frauen und ein Mann. Die Mitte und die FDP wollen ihre Sitze verteidigen, die SVP und die SP versuchen, einen Sitz zu erobern. Es kandidieren Petra Feusi Bissig (Die Mitte, Schwändi), Fritz Inglin (SVP, Niederurnen), Olivia Lattmann (FDP, Näfels), Salome Siegenthaler (SP, Engi) und Bianca Winteler (Die Mitte, Näfels). Aus dem Kantonsgericht tritt Max Widmer (SP) zurück. Für diesen Sitz kandidiert René Hauser (SP, Näfels).

§ 3 Steuerfuss 2024

Der Landrat beantragt, den Steuerfuss für das Jahr 2024 auf 58 Prozent der einfachen Steuer sowie den Bausteuerzuschlag auf 1,7 Prozent der einfachen Steuer und 5 Prozent der Erbschafts- und Schenkungssteuer festzusetzen. Der Steuerfuss ist unverändert, der Bausteuerzuschlag von 1,7 Prozent liegt um 0,5 Prozentpunkte höher als im laufenden Jahr. Die zusätzlichen Mittel sind für den Bau der Querspange Netstal und den Ausbau der Netstalerstrasse bestimmt. Die SVP hat einen Antrag auf Senkung des Steuersatzes um 1,5 Prozent angekündigt.

§ 4 Memorialsanträge Gemeinde­organisation

Zwei Memorialsanträge wollen die kantonalen Bestimmungen über die politische Organisation der Gemeinden neu fassen. Beide sind als allgemeine Anregungen formuliert. Ein Antrag, der von Landrätinnen und Landräten aller Parteien eingereicht worden ist, verlangt, dass die Gemeinden «eine grössere Gestaltungsfreiheit» erhalten. Der zweite Antrag, der von der SP eingereicht worden ist, verlangt dagegen engere Vorgaben: Die Gemeinden sollen zwingend Parlamente erhalten und die Gemeinderäte auf drei oder fünf Mitglieder verkleinert werden. Die Regierung möchte einen Mittelweg gehen und Parlamente zwar favorisieren, aber nicht vorschreiben. Der Landrat empfiehlt beide Memorialsanträge zur Ablehnung und fordert die Regierung auf, ihren Mittelweg via die Revision des Gemeindegesetzes der Landsgemeinde 2024 vorzulegen. Die Regierung selber möchte sich ein Jahr länger Zeit geben.

§ 5 Tourismusgesetz

Die Visit Glarnerland AG vermarktet im Auftrag von Kanton, Gemeinden und Anbietern das touristische Angebot des Glarnerlandes. Der Kanton hatte den Auftrag im Jahr 2018 ausgeschrieben. Nach Ansicht von Regierung und Landrat ist für die Vergabe die öffentliche Ausschreibung aber nicht das geeignete Verfahren. 2018 ging denn auch nur gerade die Bewerbung von Visit Glarnerland ein. Visit Glarnerland wird von den Anbietern getragen, die Vorgaben der Ausschreibung waren für allfällige Konkurrenten deshalb kaum zu erfüllen. Neu soll deshalb im Tourismusgesetz festgelegt werden, dass der Leistungsauftrag nicht ausgeschrieben, sondern auf Gesuch hin erteilt wird. Die Vorlage war im Landrat nicht umstritten.

§ 6 Raum­entwicklungs- und Baugesetz

Im Raumentwicklungs- und Baugesetz soll ein Detail des Vollzugs geändert werden. Falls die Landsgemeinde zustimmt, muss beim Unterschreiten von Grenzabständen das Einverständnis des Nachbarn künftig erst zum Zeitpunkt der Baufreigabe im Grundbuch eingetragen worden sein. Bisher musste der Eintrag bereits für die Prüfung des Baugesuchs gemacht sein. Somit musste die Bauherrschaft den Eintrag vornehmen lassen, ohne zu wissen, ob ihr Vorhaben überhaupt bewilligungsfähig ist. Die Vorlage war im Landrat unbestritten.

§ 7 Arbeitslosen­versicherung

In den bestehenden Arbeitslosenfürsorgefonds soll eine Million Franken fliessen. Und die Entnahmen aus dem Fonds sollen wieder an seinem ursprünglichen Zweck orientiert werden. So ist vorgesehen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Bereich der Digitalisierung zu schulen, um Arbeitslosigkeit zu verhindern. Heute werden aus dem Fonds die Erwerbsersatzleistungen für einkommensschwache Eltern finanziert. Sie sollen in Zukunft aus der laufenden Rechnung finanziert werden. Die Vorlage war im Landrat unbestritten.

§ 8 Umweltschutz­gesetz

Im Umweltschutzgesetz soll ein Fonds vorgesehen werden, aus dem die Nachsorge von stillgelegten Deponien finanziert wird. Darunter fällt beispielsweise die Kontrolle von Sickerwasser. Die Nachsorgephase kann mehrere Jahrzehnte dauern. Der Fonds wird über eine Abgabe von den Inhabern der Deponien geäufnet. Im Landrat war die Vorlage unbestritten.

§ 9 Standort­förderungsgesetz

Der Regierungsrat soll für den Kanton Industrieland kaufen, In­vestitionen tätigen und das Land wieder verkaufen können. Mit diesem Flächenmanagement könne der Standort Glarus gestärkt werden, so die Regierung. Im Landrat war die diesbezügliche Änderung des Standortförderungsgesetzes unbestritten. Aber er will der Regierung Leitplanken setzen, die in einer noch auszuarbeitenden Verordnung formuliert werden. Es ist vorgesehen, für das Flächenmanagement 10 Millionen Franken in den Standortförderungsfonds einzulegen. Die Kompetenz dafür liegt beim Landrat. Die GLP will an der Landsgemeinde den Antrag stellen, es sei alle vier Jahre ein Wirksamkeitsbericht zu veröffentlichen.

§ 10 Beschaffungs­wesen

Die Kantone wollen ihr Beschaffungsrecht mit der Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vereinheitlichen. Der Landrat beantragt der Landsgemeinde den Beitritt. Neben der Vereinheitlichung führt die Vereinbarung bei öffentlichen Aufträgen zu einer stärkeren Berücksichtigung des Kriteriums der Qualität neben dem Preis. Mit dem Beitritt kann das kantonale Submissionsgesetz aufgehoben werden, Ausführungsbestimmungen werden in einem neuen Einführungsgesetz formuliert. Der Landrat hat dieses Gesetz gegenüber der Fassung der Regierung mit zwei Klauseln ergänzt. So können bei Beschaffungen zusätzlich «unterschiedliche Preisniveaus» und die «Verlässlichkeit des Preises» berücksichtigt werden. Damit sollen inländische Anbieter gegenüber billigeren ausländischen weniger benachteiligt werden. Die Grünliberalen sprechen sich gegen die Klauseln aus.

§ 11 Memorialsantrag Runsen­korporationen

Die Runsenkorporation Rüti hat den Memorialsantrag «Veran­lagung von Runsenkorporationsmitgliedern» als allgemeine An­regung eingereicht. Der Antrag will, dass die Veranlagung einfacher wird. Es müsse möglich sein, unter Umständen von den Mitgliedern einer Runsenkorporation einheitliche Beiträge einzuziehen anstatt differenzierte nach der möglichen Gefahr einer Runse für ein bestimmtes Grundstück. Letzteres bringe einen hohen Aufwand mit sich. Der Regierungsrat ist der Ansicht, das übergeordnete Recht biete dafür keinen Spielraum. Der Landrat empfiehlt der Landsgemeinde, den Memorialsantrag abzulehnen.

§ 12 Steuergesetz/Finanzausgleichsgesetz

Der Landrat hat eine Vorlage der Regierung zum Steuergesetz total umgekrempelt und mit einer grossen Mehrheit verabschiedet. Opposition gab es in erster Linie von der GLP und von der SVP. Die Regierung wollte den Steuerfuss für alle um einen Prozentpunkt senken und die Abzüge bei der Vermögenssteuer erhöhen. Beides ist nicht mehr Teil der Vorlage. Dafür will der Landrat einerseits die Heiratsstrafe bei den Einkommenssteuern senken und andererseits im Finanzausgleich vor allem Glarus Süd stärker unter die Arme greifen. Die ganze Vorlage belastet den Kanton gegenüber heute mit 4,8 und die Gemeinde Glarus mit 1,2 Millionen Franken. Glarus Süd profitiert mit 2,4 und Glarus Nord mit 0,8 Millionen Franken. SP und GLP wollen den Antrag stellen, der Finanzausgleich sei zu befristen.

Die Landsgemeinde beginnt am Sonntag, 7. Mai um 9.30 Uhr.

Verschiebedatum ist der 14. Mai. Ob die Landsgemeinde stattfindet oder wegen des Wetters ver­schoben wird, ist am Sonntagmorgen ab 6 Uhr über Telefon 1600 (regionale Meldungen, Rubrik 1) abrufbar und wird auf der Website des Kantons Glarus publiziert. Ferner wird eine Meldung von Radio SRF 1 in den Frühnachrichten um 7 und 8 Uhr ausgestrahlt.

An der Landsgemeinde können alle ÖV-Angebote im Kanton Glarus (Bahn- und Buslinien inklusive Braunwaldbahn, 2. Klasse) gratis benützt werden. Die S25, Zug 20527, hält um 8.22 Uhr ausserordentlich in Bilten.

Kinderhütedienst

Ab 9 Uhr bis zum Ende der Landsgemeinde ist ein Kinderhütedienst im Kindergarten Erlen in Glarus (für Kinder aus Glarus Süd) und im Kindergarten Löwen in Glarus (für Kinder aus Glarus Nord und Glarus) eingerichtet.

Daniel Fischli arbeitet als Redaktor bei den «Glarner Nachrichten». Er hat Philosophie und deutsche Sprache und Literatur studiert.

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