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Eine gute «Mise en Place»

Die Oktober-Session des Bündner Grossen Rates fand dieses Jahr in der Woche vor den eidgenössischen Wahlen statt, und der Wahlkampf um die begehrten Plätze im Nationalrat war noch in vollem Gange.

Davoser
Zeitung
25.10.23 - 12:00 Uhr
Politik
Seraina Mani (Mitte).
Seraina Mani (Mitte).
SO (Livia Mauerhofer)

Dies hatte zur Folge, dass neben dem Geschäft zur Schaffung eines Gesetzes zur digitalen Verwaltung auch viele Aufträge und Anfragen vonseiten des Grossen Rates eingingen. Diese wurden dann ausführlich und emotional diskutiert.

In seiner Eröffnungsrede richtete Standespräsident Franz Sepp Caluori einen klaren Appell an uns Grossräte, ganz im Sinne eines guten «Mise en Place» die Vorarbeiten zu leisten, um die wirtschaftliche Entwicklung durch das Schaffen von guten Rahmenbedingungen zu fördern und sicherzustellen. Der Grosse Rat trage eine grosse Verantwortung, den ganzen Kanton Graubünden mit seinen Zentren, aber auch mit seinen peripheren Regionen zu fördern, zu unterstützen und vorwärtszubringen. Dafür müsse man auch mal innovative neue Wege gehen.

Digitale Zukunft

Dass ein Gesetz zur digitalen Verwaltung geschaffen werden muss, war von allen Seiten unbestritten. Es braucht gesetzliche Grundlagen, um eine sinnvolle Umsetzung zu gewährleisten, mit dem Ziel eines kantonalen E-Government-Portals, über das künftig digitale Behördenleistungen abgewickelt werden können.

Zu reden gaben inhaltliche Punkte wie beispielsweise Fristen oder die Abschaffung von analogen Möglichkeiten. Gerade für ältere Menschen oder Personen ohne diese technischen Mittel sind digitale Abläufe schwierig oder sogar unmöglich. Trotzdem war man sich im Rat schlussendlich mehrheitlich einig, dass es dort, wo sinnvoll und notwendig, weiterhin beide Varianten geben soll, aber ohne Pflicht, dies überall anzubieten. Der Einführung des abgeänderten Gesetzes wurde einstimmig zugestimmt. In der Dezember-Session wird dann über die Finanzierung dieses Gesetzes debattiert.

Beschaffungskriminalität …

Diverse Aufträge und Anfragen gaben Anlass zu Diskussionen. Grossrätin Sandra Adank (SVP) machte sich grosse Sorgen um die steigende Beschaffungskriminalität in der Bündner Drogenszene. Sie fordert eine Stärkung der repressiven Drogenpolitik. Die Diskussion war von links bis rechts sehr emotional. Für die Ratslinke ging die Stärkung der Repression zu weit. Wichtiger sei, weiter an der Prävention, Therapie und Schadensminderung zu arbeiten, ein effizientes Drogenprogramm sowie ein «Drug Checking» (kostenlose Suchtmittel-Analyse) auf­zubauen. Reto Crameri (Mitte) hielt ­dagegen, dass repressive Massnahmen bereits Wirkung, auch im präventiven Bereich, gezeigt haben. Regierungspräsident Peyer fasste die Debatte dann mit den Worten zusammen: «Wir haben nun die ganze Palette der Drogenpolitik gehört. Aber es gibt kein Patentrezept.» Der Vorstoss wurde überwiesen.

…, Raumplanung …

«Die Mitte» will mit einer Standesinitiative in Bern Druck machen, damit der Bund den Kantonen den grösstmög­lichen Spielraum bei der Raumplanung lässt. Grundsätzlich unterstützen viele Parlamentarier diese Idee, aber das Instrument der Standesinitiative sei nicht das richtige, hiess es aus verschiedenen Voten. Man müsse über die Bündner Bundesparlamentarier direkt in Bern Einfluss zu nehmen. Dass etwas passieren müsse, sei unbestritten, wie FDP-Grossrätin Christine Kocher anmerkte. Das Raumplanungsgesetz 1 sei für die Gemeinden hochproblematisch. Die Standesinitative wurde nicht überwiesen. Lange Verfahrensdauern bei Einsprachen bei privaten oder öffentlichen Bauvorhaben können zu viel Ärger führen. In der Juni-Session wurde die SVP-Standesinitiative zur Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts nicht über-wiesen. Dies, weil die Kommission für Umwelt, Energie und Verkehr (KUVE) einen Vorschlag erarbeitet hatte, der die Regierung aufforderte, aufzuzeigen, wie Rechtsmittelverfahren verkürzt werden können. Die Kommission war mit der erhaltenen Antwort nicht zufrieden, und auch der Rat will weitere Abklärungen. So wurde der Auftrag klar überwiesen.

…, Autismus-Fachstelle …

Das Autismus-Spektrum-Syndrom (ASS) ist in Graubünden ein immer grösser werdendes Thema, und die Zahlen steigen laut Grossrätin Gartmann-Albin (SP) ständig. Eine Fachstelle ASS für Betroffene und ihre Angehörigen wäre dringend notwendig. Die bestehenden Institutionen können die grosse Anfrage nicht mehr auffangen. Die Regierung beantragte, dass zuerst Abklärungen betreffend Notwendigkeit einer solchen Fachstelle gemacht werden. Der Rat überwies einstimmig im Sinne der Regierung.

… und Windräder

Der Fraktionsauftrag der SVP betreffend Mindestabstand von Windrädern (1000 Meter) führte zu grossen Debatten aus allen Lagern. Man war sich aber schlussendlich mehrheitlich einig. Die Gemeindeautonomie sei gross genug, um regional zu entscheiden. Der Auftrag wurde nicht überwiesen.

Auch die Debatte über eine Änderung der Geschäftsordnung betreffend sexueller Belästigung im Grossen Rat war sehr emotional. Obwohl die Relevanz dieses Themas für alle unbestritten war, wurde der Auftrag für nicht dringlich erklärt, weil er aus Sicht der Ratsmehrheit nicht in die Geschäftsordnung gehört. Grossrätin Said-Bucher (Mitte) zeigte anhand eines im Nationalrat angewendeten Merkblattes eine mögliche Lösung auf.

Die Oktober-Session war aber auch geprägt von lustigen Momenten. Vor allem gab unsere neue elektronische Abstimmungsanlage immer wieder Anlass zum Schmunzeln. So waren vermeintliche Wortmeldungen nur ein I-Pad oder eine Wasserflasche, die irrtümlicherweise auf dem Redeknopf platziert wurden.

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