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Wohnraumstrategie nimmt erste Hürde

Vergangene Woche beschloss der Grosse Landrat (GL) nicht nur eine Steuersenkung, sondern fällte auch wichtige Entscheidungen in Sachen Wohnraumstrategie.

Andri
Dürst
22.09.23 - 08:00 Uhr
Politik
Seraina Mani (Mitte) fand für die Wohnraumstrategie lobende Worte.
Seraina Mani (Mitte) fand für die Wohnraumstrategie lobende Worte.
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Auf der Traktandenliste der Sitzung vom Donnerstag standen nicht nur die Ende August erschienene Wohnraumstrategie, sondern auch die drei thematisch verwandten Vorstösse «Postulat Walter von Ballmoos und Ladina Alioth betreffend Wohnattraktivität», «Postulat Rita Gianelli betreffend Altersstrategie» sowie «Interpellation Rita Gianelli betreffend Entwicklung Mietwohnungsmarkt», die von Landammann Philipp Wilhelm gleich in einem Zug vertreten wurden. Er betonte einleitend, dass die Schaffung von Wohnraum eine der dringendsten Aufgaben sei, die die Gemeinde angehen müsse. «Das Wirtschaftsforum Graubünden schätzt den derzeitigen Bedarf auf etwa 300 fehlende Wohnungen», fügte er an und erklärte, dass auch eine Analyse der Gemeinde auf ähnliche Zahlen komme. Dabei sei die Demografie die Hauptherausforderung. «Pensionierte werden Wohnraum nachfragen, stehen aber dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung». Wilhelm zeigte nochmals kurz auf, welche Strategie die Gemeinde beim Erstellen von Wohnraum verfolgt.

Beteiligung der Gemeinde am Markt

Gewisse Massnahmen aus dieser Strategie mussten anschliessend noch vom GL genehmigt werden; so unter anderem die Gewährung eines Kredits in der Höhe von 20 Millionen Franken zur Errichtung eines neuen Wohngebäudes auf dem Areal des heutigen Kindergartens Jörg Jenatsch sowie zum Zukauf von Liegenschaften durch die Gemeinde zum Erhalt von Erstwohnraum. Die GPK beantragte, den Kredit aufzusplitten und so für den Neubau Jörg Jentsch 6.5 Millionen Franken und für den Zukauf von Liegenschaften 13.5 Millionen Franken zu sprechen. Sowohl der Kleine als auch der Grosse Landrat zeigten sich damit einverstanden.

Heinz Adank (FDP) fand für den Neubau Jörg Jentsch lobende Worte (mehr zum Projekt auf www.davoserzeitung.ch). Allerdings meinte er: «Den Punkt bezüglich Zukauf von Liegenschaften sehen wir bei der FDP kritisch. Die Gemeinde sollte nicht zu tief in den Wohnungsmarkt eingreifen.» Jedoch sehe man, dass ein zeitlicher Druck herrsche, und stimme daher diesem Punkt ebenfalls zu. Walter von Ballmoos (GLP) sah das Eingreifen der Gemeinde auf dem Wohnungsmarkt ebenfalls «etwas kritisch», erachtete es aber als gut, dass der dafür bestimmte Kredit auf eine Laufzeit bis Ende 2032 beschränkt ist.

Baurechtsverträge als «probates» Mittel

Der GL hatte zudem über folgenden Antrag z befinden: «Der Kleine Landrat wird ermächtigt, im Sinne der Erwägungen für die Parzellen mit den Nummern 277, 530, 535 und 1057 Baurechtsverträge zu schliessen und zugunsten wirtschaftlich tragbarer Mieten auf die Erhebung eines Baurechtszinses ganz oder teilweise zu verzichten.» Im Klartext heisst dies, dass die Gemeinde Bauträgern Parzellen zur Verfügung stellt, auf denen sie Wohnbauten erstellen können. Die Gemeinde erhebt im Gegenzug einen Baurechtszins. Bei den erwähnten Parzellen handelt es sich um folgende Liegenschaften: ehemaliges Schlachthaus beim Bahnhof Platz, Flurstrasse 1, EWD-Werkhof Riedstrasse, sowie das Areal zwischen Jatz- und Matta­strasse.

Erneut meldete sich Landrat Adank für den Freisinn zu Wort: «Die FDP erachtet solche Baurechtsverträge als probates Mittel für die Schaffung von neuem Wohnraum.» Hingegen sei es für die FDP ausgeschlossen, dass gänzlich auf Baurechtszinse verzichtet werde. Sein Antrag, die Wörter «ganz oder» aus dem Antrag zu streichen, wurde von allen 16 anwesenden GL unterstützt. Als Argument fügte Adank an, dass der Gemeinde dadurch wichtige Einnahmen entgehen würden. SP-Landrätin Linda Zaugg konnte es sich nicht verkneifen, ihm ent­gegenzuhalten, dass mit der gleichentags beschlossenen Steuersenkung auf 95 Prozent ebenfalls wichtige Einnahmen verloren gingen.

Thematik bewegt alle

In der nachfolgenden Diskussion meinte FDP-Landrat Hans-Jörg Valär, dass es für die Zukunft besser wäre, wenn man zuerst für genügend Wohnraum sorge, bevor man neue Arbeitsplätze ansiedle. Zudem gab er zu bedenken: «Falls das WEF eines Tages nicht mehr hierherkommen sollte, werden ganz viele Wohnungen frei.» Seraina Mani (Mitte) fand für die Wohnraumstrategie lobende Worte. Aus Sicht ihrer Partei wäre es aber wichtig, wenn die Gemeinde private Investoren – die im Sinne der Strategie ebenfalls Wohnraum schaffen sollen – möglichst gut unterstützen könnte. «So liesse sich ein grosses Potenzial ausschöpfen.» Auch für Ladina Alioth (SP) geht die Wohnraumstrategie in die «richtige Richtung». Den Ernst der Lage verdeutlichte sie mit einem ihr persönlich bekannten Beispiel: «Wo hat uns die freie Marktwirtschaft in Sachen Wohnraum hingeführt? Eine Familie mit drei Kindern wohnt seit einigen Wochen auf dem Campingplatz, weil sie keine geeignete Wohnung finden.»

Der GL genehmigte schlussendlich nicht nur alle mit der Wohnraumstrategie verbundenen Punkte, sondern schrieb auch alle themenverwandten Vorstösse ab.

Über den Kredit zum Ankauf von Liegenschaften sowie über den Beschlusspunkt bezüglich Baurechtszinsen wird noch das Stimmvolk das letzte Wort haben.

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