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Abtretende Grossrätinnen und Grossräte - Teil 2

Für 53 Mitglieder des Bündner Grossen Rates war die Junisession gleichbedeutend mit dem Abschied aus dem Parlament. Wir haben allen alt Grossrätinnen und alt Grossräten drei Fragen gestellt.

Südostschweiz
18.06.22 - 04:30 Uhr
Politik

Gian Peter Niggli, 2010 bis 2022 (FDP)

Politischer Höhepunkt während der Amtszeit:
Präsident Kommission «Erneuerung Tagungszentrum Plantahof» und die erfolgreiche Volksabstimmung. Vorstösse «Gentech Moratorium» / «Einbinden Engadin Airport als WEF Flughafen» / «Konkurrenzsituation Kantonsspital und Regionalspitäler»

Politischer Tiefpunkt während der Amtszeit:
Keine, entweder man gewinnt oder man lernt dazu

Am meisten vermissen werde ich:
Die grosse Community, die Fraktionskolleginnen und Kollegen und die vielen guten Begegnungen mit  Ratsmitgliedern anderer Parteien.

Gabriela Tomaschett-Berther, 2010 bis 2022 (Die Mitte)

Politischer Höhepunkt während der Amtszeit:
Meine Zeit als Präsidentin für Gesundheit und Soziales (KGS). Durch meine Anfrage betreffend Kindertagesstätten wurde die Gesetzesrevision bezüglich familienergänzende Kinderbetreuung angestossen.

Politischer Tiefpunkt während der Amtszeit:
Das Nichteintreten der Kommission (KGS) auf das Personalgesetz 2014. Demokratische Entscheidungen des Grossen Rates oder des Volkes sind zu respektieren. Als Grossrätin oder Grossrat muss man lernen, damit umzugehen. Einmal gehört man zu den Gewinnern, ein andermal gehört man zu den Verlierern.

Am meisten vermissen werde ich:
Die guten Kontakte zur Regierung, zu den Grossratskolleginnen und -Kollegen und zu den Mitarbeitenden des Ratsbüro und der Verwaltung. Ebenfalls werde ich die Einflussnahme auf politische Entscheide auf Kantonsebene vermissen.

Ludwig Waidacher, 2010 bis 2022 (FDP)

Politischer Höhepunkt während der Amtszeit:

  • Diskussion, Debatte und Resultat im Zusammenhang über das Sägerei -Areal in Domat/Ems.
  • Diskussion, Debatte und Resultat im Zusammenhang mit der Abstimmung zur Tourismus Abgabe (TAG)

Politischer Tiefpunkt während der Amtszeit:
Die etwas kleinliche und passive Aufnahme der Resultate und Vorschläge der ad hoc Kommission zur Effizienzsteigerung des Grossrats-Betriebes, die ich präsidieren durfte.

Am meisten vermissen werde ich:
Das Zusammensitzen mit und die Kollegialität unter den Grossrätinnen und Grossräte.

Conradin Caviezel, 2014 bis 2022 (SP)

Politischer Höhepunkt während der Amtszeit:

  • Das grösste Highlight der letzten Legislatur war, dass der Kanton Graubünden nach fast hundert Jahren Kampf endlich ein faires, modernes Wahlsystem (Proporz) bekam.
  • Der Beschluss des Green Deals ist ein ökologischer Meilenstein für Graubünden. Das verabschiedete Rahmenwerk könnte auch ein Modell für andere Kantone werden.
  • Die SP konnte eine signifikante Erhöhung des Kulturförderungsbudget erreichen. Damit kommt das breite Kulturpotenzial von Graubünden endlich besser zum Vorschein.

Politischer Tiefpunkt während der Amtszeit:

  • Es wurden diverse Steuergesetzreformen verabschiedet, die leider primär immer nur den aller reichsten Personen / Firmen genützt haben.
  • Dass alle SP-Forderungen für mehr bezahlbaren Wohnraum in Graubünden kein Gehör fanden im bürgerlichen Grossen Rat, ist sehr bedauerlich. Insbesondere wenn man bedenkt, wie gross das Problem aktuell ist.
  • Wir haben deutlich strengere Einbürgerungsregeln als andere Kantone. Mir gelang es in der entsprechenden Kommission nicht, eine Mehrheit für eine liberalere Lösung zu finden.

Am meisten vermissen werde ich:

  • Die überparteiliche Zusammenarbeit ist – im Unterschied zu anderen Kantonen / Länder – sehr gut. Die entsprechenden Gespräche werde ich vermissen.
  • Es ist ganz grundsätzlich ein Privileg, den Kanton mitgestalten zu können. Diese politische Arbeit wird mir sicher fehlen. Ich freue mich aber, dass die SP-Fraktion nun zukünftig so stark ist wie noch nie in der Geschichte unseres Kantons im Rat vertreten sein wird. Ich werde - neu aus dem Ausland - die Entwicklung des Kantons sicher mitverfolgen.

Thomas Bigliel, 2018 bis 2022 (FDP)

Politischer Höhepunkt während der Amtszeit:
Obwohl ich einer der jüngsten Grossräte war, durfte ich in den letzten vier Jahren Vieles bewegen. Mit meinen Vorschlägen und Aufträgen durfte ich die Energiewende anstossen, die Gleichberechtigung vorantreiben und unseren Staatsapparat effizienter gestalten. So erreichen, dass Hauseigentümer beim Denkmalschutz mehr eingebunden werden und ein grösseres Mitspracherecht erhalten. Mit einem anderen Vorstoss konnte ich erreichen, dass Baugesuche künftig unbürokratischer und effizienter eingereicht werden können – was der öffentlichen Hand Einsparungen in den nächsten Jahren Einsparungen in Millionenhöhe bescheren wird. Der grösste Höhepunkt folgt zum Schluss meiner Amtszeit: Die Regierung wird meinen Vorschlag zur Verbesserung der Stauproblematik auf der A13 und N28 umsetzen. Für mich ein politischer Erfolg. Für die betroffene Bevölkerung eine Erlösung.

Politischer Tiefpunkt während der Amtszeit:
2019 wollte ich erreichen, dass der Kanton die Autofahrerinnen und Autofahrer entlastet. Durch eine Steuerbefreiung sollte das Ziel erreicht werden, dass E-Autos für die Bevölkerung attraktiver und bezahlbarer werden. Zusätzlich sollte der Ausbau des Ladenetzes beschleunigt werden. Regierung und Parlament wollten meinen Vorstoss damals nicht umsetzen. Heute zeigt sich: Der Krieg in der Ukraine treibt nicht nur die Öl- und Benzinpreise nach oben. Er macht auch deutlich, wie abhängig wir von der fossilen Energieerzeugung und von russischen Energieimporten sind. Wir dürfen im Kampf gegen den Klimawandel nicht noch mehr Zeit verlieren. Die erneuerbaren Energien noch schneller auszubauen ist jetzt nicht mehr nur die Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels. Nachhaltige Energieerzeugung ist jetzt auch elementar, um langfristig unsere Energiesicherheit und Unabhängigkeit von Russland und den Golfstaaten zu gewährleisten.

Am meisten vermissen werde ich:
Den Austausch mit meinen Kollegen und Kolleginnen – innerhalb der Fraktion aber auch über Parteigrenzen hinweg. In Bern oder Zürich sind die Parteien konfrontativer. Die Diskussionen härter. Der Ton rauher. In Graubünden ist diese "Wir-gegen-Sie"-Rhetorik nicht verbreitet. Die politische Kultur in unserem Kanton ist geprägt von gegenseitigen Respekt und einem demokratischen Miteinander. Diese offene, konstruktive Art der parteiübergreifenden Zusammenarbeit werde ich sicher vermissen.

Beno Niggli-Mathis, 2010 bis 2022 (Die Mitte, bis 2021 BDP)

Politischer Höhepunkt während der Amtszeit:
Ich konnte auf die  Gestaltung des Behinderten Integrationsgesetz Einfluss nehmen. Dieses Thema hat meine Familie betroffen und meine Erfahrung war gefragt. Der Einsatz für Minderheiten und Randgruppen war mir ein grosses Anliegen. Ich danke den Ratskollegen/innen, dass ich bei diesen Themen gehört wurde.

Politischer Tiefpunkt während der Amtszeit:
Man muss erkennen, dass man einer von vielen ist und manchmal halt auch bei der Minderheit, die ihre Anliegen nicht durchbringt. Am Schluss bin ich vom neuen Wahlsystem aufgehalten worden, um für mich eine vierte und letzte Amtszeit zu absolvieren. Im Wahlkreis gewählt zu werden um am kantonalen Proporz zu scheitern wird einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen.

Am meisten vermissen werde ich:
Im Grossen Rat sitzen sehr viele tolle Persönlichkeiten.  Die Gespräche mit ihnen ausserhalb des Grossrats-Gebäudes werden mir sehr fehlen. Die Diskussionen im Ratsgebäude, hart aber fair in der Sache, werden ich ebenfalls vermissen.  

In der Augustsession werden 53 der 120 Parlamentarierinnen und Parlamentarier nicht mehr im Bündner Grossen Rat sitzen. Sie traten zu den Wahlen im vergangenen Mai nicht mehr an oder sie wurden nicht wieder gewählt. Wir haben allen 53 Grossrätinnen und Grossräte drei Fragen gestellt. Hier die Rückmeldungen jener, die den Fragebogen ausgefüllt haben.

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Schade Thomas
Ich bin set traurig das du nicht mehr im Grossrat bist es ist für mich ein sehr Traurig Tag das junge Leute nicht so gefördert werden

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