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Grosser Rat legt staatspolitischen Meilenstein

Die Februarsession des Bündner Grossen Rates findet wiederum im Kongresszentrum Davos statt. Grosse Themen sind das Wahlsystem, die Gerichte, die Jagd und Covid-19. Wir tickern wie gewohnt für Euch.

Philipp
Wyss
15.02.21 - 13:30 Uhr
Politik

Ticker

Grosser Rat des Kanton Graubünden
Der erste Tag der Februarsession im Davoser Kongresszentrum ist zu Ende.
PHILIPP BAER

Am ersten Tag der Februarsession hat der Grosse Rat

  • Die Session im Kongresszentrum in Davos mit der Ansprache des Standespräsidenten Martin Wieland eröffnet
  • Die Debatte um die Anpassung des Wahlsystems des Grossen Rates begonnen

Die Session wird am Dienstag ab 8.15 Uhr fortgesetzt. Die Debatten sind aufgrund von Covid-19 nicht öffentlich. Wie bei jeder Session tickern wir auch von der Februarsession für Euch.

Grosser Rat des Kanton Graubünden
Die Mitglieder des Grossen Rates konnten am Montag freiwillig zum Coronatest.
PHILIPP BAER

Gesunde Grossräte

Beim Coronaschnelltest, der am Montagvormittag vor Beginn der Februarsession allen Mitgliedern des Kantonsparlaments angeboten worden ist, fielen alle Resultate negativ aus. Wie Standespräsident Martin Wieland (FDP, Trins) sagte, hat sich der grosse Teil der Ratsmitglieder testen lassen.

Heute diskutieren wir über die Zukunft Graubündens, über ein stabiles , zukunftweisendes Wahlsystem für ganz Graubünden....

Posted by Valérie Favre Accola on Monday, February 15, 2021
Grosser Rat des Kanton Graubünden
Der Grosse Rat des Kanton Graubünden tagt wegen der Pandemie im Kongresszentrum Davos.
PHILIPP BAER

Fortsetzung folgt

Nach dem Eintreten behandelt der Grosse Rat im Schnelldurchlauf die ersten 30 Artikel der Botschaft der Regierung zur Anpassung des Wahlsystems des Grossen Rates. 

Alsdann beendet Standespräsident Martin Wieland (FDP, Trins) den ersten Tag der Februarsession in Davos und wünscht allen Parlamentarierinnen und Parlamentariern einen schönen Abend.

Parlament versucht, CVP zu überzeugen

Nach wie vor läuft die Eintretensdebatte über das künftige Bündner Wahlsystem. Diskutiert wird über das Modell C (Doppelproporz-System) und über das Modell E (Mischsystem aus Majorz und Proporz). 

Während einige Fraktionen dem Bündner Stimmvolk im Juni nur das Doppelproporz-System zur Abstimmung vorlegen wollen, fordert die CVP in einer Variantenabstimmung die Präsentation beider Systeme.

La debatta per il niev sistem d‘elecziun per il Cussegl grond ha entschiet oz a Tavau. Engraziel Victor per tiu artechel!

Posted by Diego Deplazes on Monday, February 15, 2021

Die Debatte geht weiter

Nach der Pause geht die Debatte um das Bündner Wahlsystem weiter: Es geht um die Anpassung des Wahlsystems des Grossen Rats.

Die gesetzgebende Behörde des Kantons Graubünden ist der Grosse Rat. Er besteht aus 120 Mitgliedern, die in 39 Wahlkreisen vom Volk im Mehrheitswahlverfahren für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt werden. 

Das Kantonsparlament ist politisch in Fraktionen gegliedert. Zur Bildung einer Fraktion ist der Zusammenschluss von mindestens fünf Mitgliedern des Rates erforderlich.

Grosser Rat des Kanton Graubünden
Vor Beginn der Februarsession konnten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier zum Coronatest.
PHILIPP BAER

Erste Pause in Davos

Standespräsident Martin Wieland (FDP, Trins) entlässt die Parlamentarierinnen und Parlamentarier in die erste Pause der Februarsession. Anschliessend geht es weiter mit der Debatte um das künftige Bündner Wahlsystem. 

Wie wählt Graubünden in der Zukunft?

Als erstes grosses Thema der Februarsession steht das Wahlsystem des Bündner Grossen Rates auf dem Arbeitsplan.

Aufgrund des Urteils des Bundesgerichts vom Juli 2019 hat Graubünden das Verfahren für die Wahl des Grossen Rates auf die nächsten Erneuerungswahlen anzupassen. Das bisherige Mehrheitswahlverfahren (Majorz) in 39 Wahlkreisen ist teilweise verfassungswidrig. Der Wahlkreis Avers ist bevölkerungsmässig zu klein, die sechs bevölkerungsreichsten Wahlkreise Chur, Fünf Dörfer, Oberengadin, Rhäzüns, Davos und Ilanz sind für den Majorz zu gross.

Das künftige Wahlsystem soll bereits bei den nächsten Wahlen im Mai 2022 zum Einsatz kommen. Eine zeitnahe Lösung ist deshalb zwingend. Dieser ist man nach den Diskussionen in der vorberatenden Kommission für Staatspolitik und Strategie näher gekommen.

Die Bündner Regierung am gab im März 2020 einen Bericht in eine dreimonatige Vernehmlassung. Insgesamt gingen 135 Stellungnahmen von Parteien, Regionen, Gemeinden, Organisationen oder Privatpersonen ein.

Dabei zeigte sich, dass das Modell A (reiner Majorz) keine genügende Akzeptanz hat. Das Modell C (Doppelproporz-System) erfuhr hingegen zahlenmässig eine starke Unterstützung. Drei Parteien, welche im Grossen Rat eine Mehrheit bilden, lehnen das Modell C allerdings ab. Sie befürworten zusammen mit einer Mehrheit der sich äussernden Gemeinden, ein gemischtes Wahlsystem, das sogenannte Modell E.

Die Regierung unterbreitet deshalb dem Grossen Rat eine Vorlage zur Umsetzung des Wahlsystem-Modells E. Vorgeschlagen werden dazu eine Teilrevision der Kantonsverfassung und der Erlass eines Grossratswahlgesetzes. Fremdänderungen erfahren das Grossratsgesetz und das Gesetz über die politischen Rechte im Kanton Graubünden. In der Verfassung wird das Wahlsystem als Mischsystem im Grundsatz festgelegt, die näheren Einzelheiten werden auf Gesetzesstufe geregelt.

Grossrat und Kommissionspräsident Maurizio Michael (FDP, Castasegna) trägt die Haupteigenschaften der Modelle E und C vor.

Nachdem es anfänglich so ausgesehen hatte, als würden sich die Parteien in zwei Lager aufspalten – und sich das eine Lager für ein Doppelproporz-System (Modell C) einsetzen, während sich das andere Lager für ein Mischsystem aus Majorz und Proporz aussprach –, fand schliesslich das Doppelproporz-System (Modell C) in der Kommission eine klare Mehrheit. Geht es nach dieser Mehrheit, soll dem Bündner Stimmvolk im Juni nur das Doppelproporz-System zur Abstimmung vorgelegt werden.

Die CVP fordert hingegen, dass dem Volk beide Systeme in einer Variantenabstimmung präsentiert werden. Die Bündner Regierung kann gemäss Botschaft mit beiden Systemen leben. Sie hat sich ursprünglich für das Doppelproporz-System eingesetzt, ist aber nach der Vernehmlassung aufgrund der damals bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Grossen Rat auf das Mischsystem umgeschwenkt. Trotzdem dürfte zumindest der zuständige Regierungsrat Christian Rathgeb nicht allzu enttäuscht sein, wenn das Doppelproporz-System doch den Vorzug erhält.

«Wir müssen jetzt das zweitbeste Wahlsystem für Graubünden finden», sagt Grossrat Tarzisius Caviezel (FDP, Davos). Caviezel ist Mitglied der Kommission für Staatspolitik und Strategie. Er plädiert für ein Aufeinanderzugehen der Fronten und dass dem Souverän das Modell C vorgelegt werden soll. «Das Modell E ist möglicherweise rechtlich anfechtbar. Die Aufteilung sogar innerhalb von Gemeinden ist unbefriedigend. Ass diesen Gründen darf das Modell E dem Volk auch nicht als Variante zur Abstimmung vorgelegt werden», so Caviezel.

Für eine Variantenabstimmung plädiert Grossrat René Epp (CVP, Cadi). «Wir sind uns unserer staatspolitischen Verantwortung bewusst und möchten der Bevölkerung eine Auswahl geben», so Epp.

«Das Parlament muss ein Spiegelbild der Bevölkerung sein», sagt Grossrat Bruno W. Claus (FDP, Chur). Auch Claus war Mitglied der Kommission für Staatspolitik und Strategie und sagt während der Eintrittsdebatte: «Die Zukunft kann nur ein stabiles System sein. Es muss Normalität und es muss gelebt werden», so Claus. Er hatte im August 2019 einen Auftrag eingereicht und die Regierung beauftragt, dem Grossen Rat eine Botschaft zur Anpassung des Wahlsystems zu unterbreiten. «Dabei ist in den 32 unbeanstandeten Wahlkreisen weiterhin am bestehenden Wahlverfahren festzuhalten. Und für die vom Bundesgericht beanstandeten Wahlkreise sind zwei Varianten vorzuschlagen», forderte Claus.

Überhaupt nicht zufrieden mit der «Fremdbestimmung» ist Grossrat Christian Jenny (FDP, Schanfigg). «Wir sind hier nur noch Statisten, haben nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera», so Jenny.

Über der Debatte um das künftige Bündner Wahlsystem schwebt aber auch die  Initiative «90 sind genug» der SP. Die Partei gab im Januar aber bekannt, dass sie bereit sei, ihre Initiative zurückzuziehen, wenn dem Bündner Stimmvolk als alleiniger Vorschlag (keine Variantenabstimmung) das «Modell C» (Doppelproporz in den bestehenden Kreisen) vorgelegt werde.

Beim Majorz, auch Majorzwahl oder Mehrheitswahl, werden die Kandidaten gewählt, die am meisten Stimmen erhalten.

Beim Proporz, auch Proporzwahl oder Verhältniswahl, werden nicht Kandidierende direkt gewählt, sondern in erster Linie die Partei und erst dann die Kandidaten.

Heute wird in Graubünden im Majorzsystem gewählt. Das Majorzsystem ist in der Schweiz ein Auslaufmodell. Neben Graubünden wird der Majorz für Parlamentswahlen nur noch in Appenzell Innerrhoden angewendet und Appenzell Ausserrhoden kennt eine Mischform aus Majorz und Proporz. In Graubünden ist das Majorzsystem seit Jahrzehnten umstritten. Seit 1937 wurden acht Proporzmodelle zur Volksabstimmung vorgeschlagen. Ein einziges Mal, 2003, siegten die Befürworter des Proporzes. Die Abstimmung wurde jedoch wiederholt, und es gewannen wieder die Verfechter des Majorzes. Das letzte Mal wurde der Wechsel zum Proporz im März 2013 an der Urne abgelehnt – mit 56 Prozent der Stimmen.

Die Februarsession des Grossen Rates beginnt heute in Davos. Das künftige Wahlsystem ist vermutlich das wichtigste...

Posted by Patrik Degiacomi on Sunday, February 14, 2021
Standespräsident Martin Wieland eröffnet die Februarsession.
Standespräsident Martin Wieland eröffnet die Februarsession.
PHILIPP BAER

Die Februarsession ist eröffnet

Gerne hätte Standespräsident Martin Wieland (FDP, Trins) die Eröffnungsansprache zum Thema 50 Jahre Frauenstimmrecht gehalten. Die Aktualität um Covid-19 hat aber den höchsten Bündner dazu bewegt, die Februarsession mit dem weltumspannenden Thema zu beginnen.

«Die Februarsession 2020 war die letzte normale Session», sagt Wieland. Die Aprilsession fiel Corona zum Opfer. Die Juni- und die Augustsessionen fanden in der Churer Stadthalle statt. Und nur die Oktobersession fand im Grossratsgebäude statt. Die Dezember- und die Februarsession wurden ins Kongresszentrum nach Davos verlegt.

 

In seiner Eröffnungsansprache im Davoser Kongresszentrum spannt Wieland eine Brücke für kleinere Institutionen. Oft denke man an grössere Veranstalter. Aber gerade auch kleinere Veranstaltungen würden unter den Massnahmen oft ebenso stark leiden. Wieland hofft, dass es nach der Pandemie all diese kleinen Organisationen noch geben wird, sagte Wieland.

Eingang zum Kongresszentrum Davos.
Eingang zum Kongresszentrum Davos.

Willkommen in Davos

Wegen Covid-19 hält der Bündner Grosse Rat die Februarsession wiederum in Davos ab. Bereits die Dezembersession fand im Davoser Kongresszentrum statt.

«Die Bundesvorschriften sehen Maskenpflicht und einen gewissen Mindestabstand vor. Nur dann dürfen so viele Leute gleichzeitig zusammensitzen. Das können wir nur in Davos gewährleisten», sagte Standespräsident Martin Wieland nach Bekanntwerden des Entscheides Mitte Januar.

Heute startet meine erste Grossratsession in der FDP. Corona ist allgegenwärtig. Ich bin froh, um das Statement an die...

Posted by Oliver Hohl on Sunday, February 14, 2021

Philipp Wyss ist Chefredaktor der gemeinsamen Redaktion der Zeitung «Südostschweiz» und der Internetseite «suedostschweiz.ch». Damit zeichnet er für das Team und für den Inhalt dieser Produkte verantwortlich.

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