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Sechs Fragen an Rudolf Minsch

Südostschweiz
02.10.20 - 04:30 Uhr
Politik
Rudolf Minsch, Chefökonom Economiesuisee, bezieht Stellung zum Thema Kurzarbeitsentschädigung.
Rudolf Minsch, Chefökonom Economiesuisee, bezieht Stellung zum Thema Kurzarbeitsentschädigung.
OLIVIA AEBLI-ITEM

1. Herr Minsch, der Kanton spricht im Bereich der Kurzarbeitsentschädigung und der Erwerbsausfallentschädigung von einer optimalen Ergänzung der Bundesmassnahmen. Wie sehen Sie das? Die Covid-Kredite und die Vereinfachung der Kurzarbeit haben entscheidend dazu beigetragen, dass sich die Situation innert kurzer Zeit beruhigt hat. Weil das Geld trotz unzähligen Anträgen rasch ausbezahlt wurde, verloren die Leute das Vertrauen nicht. Und weil die Leute Geld hatten, normalisierte sich nach der Aufhebung des Lockdowns auch das Konsumverhalten rasch wieder.

2. In dem Fall hat sich der hohe Einsatz gelohnt? Die Covid-Kredite verhinderten, dass eine negative Kettenreaktion eintrat. Wäre eine Firma zahlungsunfähig geworden, hätte sich dieses Problem auf eine zweite und allenfalls auch auf eine dritte Firma auswirken können. Zwar gab es auch Missbrauchsfälle. Aber die Güterabwägung bestätigt ganzhaft gesehen die Richtigkeit der Entscheidungen.

3. An 4500 Bündner Betriebe hat der Kanton 160 Millionen Franken Kurzarbeitsentschädigung ausgerichtet. Und für Erwerbsausfälle in dieser Zeit wurden gut 40 Millionen ausbezahlt. Entspricht das den schlimmsten Befürchtungen? Etwas Vergleich- bares gab es in der Geschichte der Schweizer Volkswirtschaft noch nie. Ein derart umfangreiches Rettungspaket war bisher aber auch nie notwendig. Da der Staat zwischenzeitlich Geschäftstätigkeiten verboten hat, waren die umfangreichen Investitionen aber gerechtfertigt.

4. Bei den vorliegenden Zahlen handelt es sich um eine Zwischenbilanz. Womit müssen wir noch rechnen? Die Frage ist natürlich, wie lange diese Krise noch dauert. Gäbe es heute einen Impfstoff, dann wäre die Krise rasch vorbei und auch rasch vergessen. Aber das Ungewisse bleibt. Wie reagiert man in dieser anhaltenden Unsicherheit, bis ein Impfstoff vorhanden ist? Diese Krise hat einen viel längeren negativen Effekt als nur die Phase vom vergangenen März bis Mai.

5. Zuletzt sanken die Unterstützungsmassnahmen kontinuierlich. Im Hinblick auf die bevorstehende Wintersaison dürften sie aber wieder ansteigen. Ja, momentan befinden wir uns in einem temporären Abflachen. Wir müssen davon ausgehen, dass wir noch rund ein Jahr lang mit Einschränkungen leben müssen und nicht alles rund laufen wird.

6. Und wie sieht Ihre Prognose für den Winter aus? Alle Beteiligten geben ihr Bestes, damit die Wintersaison stattfinden kann. Es wird aber kaum eine solch tolle Wintersaison geben, wie wir sie im Sommer hatten. Die Voraussetzungen sind anders, die Fallzahlen dürften weiter steigen. (phw)

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