×

Der Glarner Adrian Häfliger fährt mit seinem Velo bis nach Antalya

Im Sommer hatte der 27-jährige Adrian Häfliger grosse Pläne. Mit dem Velo wollte er bis nach Jerusalem fahren. Nach einigen Hindernissen endete sein Abenteuer in der türkischen Millionenstadt Antalya.

08.01.24 - 10:44 Uhr
Leben & Freizeit
Ein weiter Weg mit dem Velo: Adrian Häfliger hat ein Abenteuer gewagt und bereiste mit seinem Velo weite Teile Europas.
Ein weiter Weg mit dem Velo: Adrian Häfliger hat ein Abenteuer gewagt und bereiste mit seinem Velo weite Teile Europas.
Pressebild

Er wollte nach Jerusalem. Gott habe ihn gerufen, sagte der Maurer Adrian Häfliger vor seinem Start. Als er das Glarnerland verliess, war es noch heiss. Locker bekleidet mit einem T-Shirt und einer kurzen Hose fuhr er Ende August mit seinem Velo zunächst Richtung Italien los. Zwei Monate lang war er unterwegs, lernte dabei die unterschiedlichsten Leute kennen und schlief eine Nacht sogar auf dem Rücken eines Flugzeuges. Nun sind die Blätter abgefallen, das Wetter nasskalt und Häfliger ist wieder zurück im Glarnerland, bereit, von seinen Abenteuern zu berichten. 

100 bis 200 Kilometer am Tag legte er auf seiner Reise zurück. Meist sei er um acht oder neun Uhr morgens aufgebrochen. «Es kam aber auch vor, dass ich erst um zehn oder elf losgefahren bin und nicht so motiviert war», sagt Häfliger und lacht. «Mein Tagesrhythmus war simpel: Wenn es hell geworden ist, habe ich mich fertiggemacht und bin mit dem Velo losgefahren, sobald es anfing, dunkel zu werden, habe ich mir einen Schlafplatz gesucht.» 

Nachtlager auf einem Düsenjet

«Ich hatte ja nur eine Plane und einen Schlafsack dabei», sagt Adrian Häfliger. Geschlafen habe er überall dort, wo es eben gerade gepasst habe. «In Parks, am Strand, oder auch in Höhlen.» Besonders sei die Übernachtung auf einem Flugzeug gewesen. «In einem Dorf stand ein altes Düsenflugzeug in einem Park.» Dort sei er dann hinaufgeklettert und habe sein Nachtlager errichtet. «Es gibt überall schöne Plätze zum Schlafen», sagt der 27-Jährige. Im Hotel sei er insgesamt viermal gewesen, immer dann, wenn er ein richtiges Bett und eine Dusche gebraucht habe. 

Vielmals sei er aber auch bei Familien nach Hause eingeladen worden. Zu einer Familie habe er sogar den Kontakt gehalten und tausche sich regelmässig mit ihr aus. «Sie haben mich direkt wie ein eigenes Kind aufgenommen und waren unglaublich gastfreundlich.» Was er für sich mitgenommen habe, sei auf jeden Fall der starke Familienzusammenhalt, bemerkt Häfliger. «Der hat in anderen Ländern noch einen sehr hohen Stellenwert.»

Münzwurf am Busko Jezero

Ursprünglich hatte Adrian Häfliger geplant, seinen besten Freund in Griechenland zu überraschen. Der war vor einiger Zeit zu Fuss von Glarus Richtung Griechenland aufgebrochen. Getroffen haben sie sich dann aber schon vorher, am Busko Jezero, einem See in Bosnien, erzählt Häfliger. Er habe seinem Freund geschrieben, als er in Weesen losgefahren sei, habe aber nie eine Antwort erhalten. Durch dessen Eltern erfuhr er, dass sein Freund kein Handy mehr besass. Anhand von Bankbelegen konnten sie aber nachverfolgen, wo und wann ihr Sohn das letzte Geld abgehoben hatte. So liess sich der Aufenthaltsort rasch eingrenzen. Ein Tag bevor Häfliger seinen Freund mit dem Velo eingeholt hätte, kaufte dieser sich ein neues Handy. Sie schrieben einander und Häfliger stellte fest, dass sie sich nur 20 Kilometer voneinander aufhielten. 

«Aber der Weg vom Glarnerland aus zu Fuss war lange gewesen und mein Freund stand an einem Scheideweg. Läuft er weiter oder nicht.» Häfliger berichtet, wie die beiden am See per Münzwurf entschieden, ob sein Freund ihn auf seiner Reise begleiten würde. Die Münze fiel zugunsten Häfligers und so organisierten sie im benachbarten Tomislavgrad ein weiteres Velo und fuhren gemeinsam weiter Richtung Albanien und durch Nordmazedonien bis nach Griechenland. 

Erholung und Abschied in Griechenland

«Angekommen im griechischen Küstenort Platamonas haben wir eine Woche lang Pause gemacht», erzählt Adrian Häfliger. Übernachtet haben sie bei den Eltern eines Freundes. Die Pause sei dringend notwendig gewesen, der erste Tag habe nur aus Essen und Schlafen bestanden, sagt Häfliger. Weiter hätten sie in dieser Woche am Strand entspannt, den Olymp besichtigt und seien mit dem Vater des Freundes in den Bergen Nüsse sammeln gegangen.

«Als wir mit dem Velo weiter wollten, ist es meinem Freund gleich am ersten Tag kaputt gegangen.» Das Fahrrad aus Tomislavgrad habe von Anfang an einige Macken gehabt und die Motivation habe den Freund nun endgültig verlassen. Noch am Strand in Griechenland verabschiedeten sich die beiden Freunde und Häfliger, der bis dahin nicht einmal einen Platten gehabt hatte, fuhr alleine weiter. Zuerst Richtung Volos, dann weiter nach Manolas, wo ihn ein deutsches Rentner-Ehepaar mit seinem Segelboot ein Stück mitnahm. Sein Weg führte ihn weiter nach Athen, wo er ein Schiff in Richtung Türkei bestieg. 

Falsch abgebogen

«Ich konnte mich gar nicht verfahren, weil ich ja auch nicht wirklich einen Plan hatte», sagt Adrian Häfliger. Ein wenig vom Weg abgekommen sei er trotzdem ab und an. «Meine Taktik war, Velofahrer mit grossen Taschen zu suchen, mich mit ihnen anzufreunden und zusammen weiterzufahren.» Das habe recht gut funktioniert, je länger die Reise wurde, desto weniger Velofahrer habe er aber getroffen. «Das Navi habe ich selten gebraucht. Wenn ich WLAN hatte, dann habe ich mir Stationen auf ein Stück Papier aufgeschrieben.» Oft sei er aber aus Versehen ganz woanders langgefahren, so unter anderem auch mehrmals auf die Autobahn. Situationen, mit denen Häfliger erst umzugehen lernen musste. «Der Verkehr ist anders, es gibt keine Velowege. Man kennt auch das Essen und die Sprache nicht und muss trotzdem immer offen bleiben.» 

Keine 24 Stunden später

Adrian Häfliger sah die Reise auch als Chance, seinem Gott näherzukommen und Jerusalem, die Heilige Stadt, einmal selbst zu sehen. Doch sein Gott habe ihm mitgeteilt, dass er in Antalya umkehren und nach Hause zurückkehren kann, wie Häfliger sagt. Und so fuhr er, kaum in Antalya angekommen, geradewegs zum Hafen, um ein Schiff nach Hause zu nehmen. Vor Ort stellte er allerdings fest, dass es sich bei dem Hafen nur um einen Industriehafen handelte. Er unterhielt sich mit einigen Arbeitern, ass spontan mit ihnen zu Mittag und entschied sich dann, mit dem Flugzeug zurück nach Zürich zu fliegen.

Keine 24 Stunden später sei er wieder zu Hause gewesen, erzählt der 27-Jährige. Sein Rad habe er für 80 Franken im Flugzeug mitnehmen können. «Ich habe schon versucht, mir ein Highlight herauszusuchen, aber das geht nicht», antwortet Häfliger auf die Frage, was ihm denn am besten gefallen habe. «Alles war ein Highlight.» Die verschiedenen Länder seien alle für sich so unterschiedlich, dass das gar nicht möglich sei.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR