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Näherin im Interview: «Die Fasnacht wurde mir in die Wiege gelegt»

Der Fantasie keine Grenzen gesetzt – ein Gespräch mit Regula Laube vom Atelier Nähtrückli in Chur, wo Fasnachtskostüme entstehen.

Bündner Woche
10.02.24 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit

von Jasmin Klucker

Der Tag nimmt langsam Fahrt auf, in den Gassen der Churer Altstadt erwachen die kleinen Läden. Darunter auch das Atelier von Regula Laube. Von aussen ist das Licht sichtbar, das durch das mit Fasnachtskostümen geschmückte Schaufenster schimmert. Das Nähen von Fasnachtskostümen ist eine Leidenschaft, die Regula Laube schon früh für sich entdeckt hat. «Ich bin Schneiderin, und das mit Lieb und Seele. Im Nähtrückli führe ich Änderungen durch, fertige Neues an und gebe Kurse. Neben meiner grossen Leidenschaft bin ich Mutter von drei eigenen und drei Stiefkindern sowie Grossmutter von drei Enkelkindern, die mich liebevoll Nona nennen», erzählt sie in ihrem hellen Atelier, in dem rundherum Kostüme hängen.

Frau Laube, was verbindet Sie mit der Fasnacht?

Regula Laube: Die Fasnacht wurde mir irgendwie in die Wiege gelegt. Meine Eltern waren schon Fasnächtler, seit ich denken kann. Ich erinnere mich an mein erstes Fastnachtskostüm, das ich mit vier Jahren trug – ich ging als Spanisches Nüssli an die Fasnacht. Seit diesem Zeitpunkt hat mich das Fasnachtsfieber ebenso gepackt. Fasnacht ist für mich wirklich die fünfte Jahreszeit. Mein Beitrag dazu war, dass meine Mutter und ich zwanzig Jahre lang einen Freizeitklub für geistig behinderte Erwachsene leiteten. Wir gingen mit ihnen an die Fasnacht und nahmen am Fasnachtsumzug teil. So war viel los in dieser Zeit. Am Freitagabend alleine, am Samstag mit den Menschen mit Behinderung und am Montag zu den Schnitzelbänken. Jeden Tag ein anderes Kostüm. Das verbindet mich mit der Fasnacht. Für mich ist das Vorbereiten immer das Schönste – das Schneidern der Kostüme und das Schminken.

Welches Kostüm ist Ihnen am stärksten in Erinnerung geblieben?

Ein sehr aufwendiges Kostüm war ein Rokoko-Damenkostüm. Auch das Herstellen der Drakolakostüme mit meinen Freundinnen war eine schöne Erfahrung.

Seit wann machen Sie selbst Kostüme?

Seitdem ich ein wenig nähen kann. Zuerst half ich meiner Mutter. Dann, während der Lehre, machte ich sie selbst.

Ein spezielles Kostüm, welches Regula Laube ihrem Vater genäht hat. Er trug es bei einem Schnauz- und Bart-Wettbewerb in Las Vegas
Ein spezielles Kostüm, welches Regula Laube ihrem Vater genäht hat. Er trug es bei einem Schnauz- und Bart-Wettbewerb in Las Vegas

Lieber auffällig oder schlicht, was war Ihre verrückteste Verkleidung an der Fasnacht?

Das war der Schneemann und die Geburtstagstorte. Beide Kostüme waren wirklich speziell. Der Schneemann war so gross, dass wir nirgendwo hineinkamen, weil wir Drahtgitter für die Kugeln verwendet hatten. Die Hitze unter diesem Kostüm war auch extrem, da wir den Schneemann mit Fleece ausgekleidet hatten. Die Geburtstagstorte war mit leuchtenden Kerzen verziert. Das waren die aufwendigsten und speziellsten Kostüme, an die ich mich erinnern kann.

Sammeln Sie die Kostümideen über das Jahr oder ist das eine spontane Sache?

Es ist oft sehr spontan. Ich habe nie politische Themen gemacht, sondern mich immer spontan für das entschieden, was mir gerade eingefallen ist. Ich finde, das sind immer die lustigsten Kostüme. Einmal wollten wir eigentlich gar nicht an die Fasnacht gehen, sind dann aber doch gegangen und haben uns als Palmen verkleidet. Damals sass mein Vater am Freitagabend in der Jury. Mit diesem Kostüm haben wir am Ende des Abends sogar einen Preis gewonnen.

Was bedeutet Ihnen das Nähen?

Alles! Das Atelier ist mein Herz und dazu mein zweites Zuhause.

Was wird in Ihrem Atelier am meisten genäht?

Ich habe Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer, die etwas für ihre Enkelkinder nähen wollen, sowie Leute, die für sich selbst nähen möchten. Es gibt auch Menschen, die Kurse verschenken – ein Kurs dauert drei Stunden, und in dieser Zeit kann man kein riesiges Projekt umsetzen, schon allein wegen der Konzentration. Ich habe sehr viel Geduld und freue mich über alles, was hier entstehen darf.

Sind alle Kostüme in Ihrem Atelier selbst gemacht?

Nein, das ist gar nicht möglich. Bei der Schlagerparade hatte ich so eine grosse Nachfrage, dass ich nicht hinterher gekommen wäre. Aus diesem Grund kaufe ich manchmal welche und ändere sie ein wenig ab.

Haben Sie Platz für alle Kostüme?

Ja, fast alle sind jetzt hier, gewisse, die zu gross sind, bewahre ich jedoch noch zu Hause auf. Im unteren Stock habe ich einen Kostümverleih. Ich sorge dafür, dass jedes Jahr etwas Neues hinzukommt. Der Kostümverleih ist noch nicht so lange bei mir, daher wächst das Sortiment immer noch. Derzeit habe ich etwa 300 Kostüme für Kinder, Erwachsene, und für verschiedene Anlässe wie die Schlagerparade und das Oktoberfest. Ein kleiner Teil sind Accessoires, besonders für die Fasnacht ist was dabei.

Wie läuft so ein Kostümverleih ab?

Die Kundschaft kommt vorbei, und dann schauen wir, was passen könnte. Oft haben die Kundinnen und Kunden keine konkrete Vorstellung, aber meistens finden wir trotzdem ein passendes Kostüm. 80 Prozent aller Kostüme in meinem Verleih sind selbst gemacht – nicht alle von mir, aber sie sind selbst gemacht. Das Schöne, wenn ich Kostüme selber mache, ist, dass ich selbst entscheiden kann, welche Stoffe und Materialien ich verwenden möchte. Die meisten Kostüme, die man online kaufen kann, sind qualitativ nicht so hochwertig, da sie oft aus dünnem Stoff hergestellt sind. Aus diesem Grund schätzen meine Kundinnen und Kunden die Qualität der Kostüme sehr. Die Kundschaft bringt sie ungewaschen und ungebügelt zurück, aber ich übernehme das gerne selbst. Manchmal sind die Kostüme schwierig zu waschen, manchmal auch nicht, aber ich mache das trotzdem gerne selber.

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