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Märchen und Mythen über Tiere und Menschen

Der böse Wolf und der hinterlistige Fuchs – wie Tiere in Märchen dargestellt werden.

Bündner Woche
16.09.23 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit

Von Jasmin Klucker

Wir kennen doch alle aus unserer Kindheit Märchen und Mythen, die uns vorgelesen wurden. In diesen war die Wirklichkeit ein bisschen anders dargestellt, als sie in der realen Welt ausschaut. Die Menschen sind ein wenig anders inszeniert, was aber viel mehr heraussticht, sind die vielen Charaktereigenschaften, die den Tieren zugeordnet werden. Viele Märchen erzählen eine Geschichte, in der das Tier ganz klar einer menschlichen Charakterrolle gerecht wird.Wie kamen die Autoren dieser Geschichten darauf, dass der Wolf immer der Böse und Hinterlistige ist, der Bär aber einen lieben, pummeligen Charakter spielt?

Eine Erklärung dafür könnte sein, dass in der Bibel die Erzählung einer Bergpredigt zu finden ist, in der der Wolf  als Sinnbild des Bösen gilt. Da werden falsche Propheten mit reissenden Wölfen verglichen, die sich als Schafe verkleidet haben. Negative menschliche Eigenschaften werden auf Wölfe übertragen. Ein gutes Beispiel dafür sind die Werwölfe. Männer, die sich angeblich mit dem Teufel verbünden, in Wölfe verwandeln und dadurch unglaublich blutrünstig werden. Zu Beginn der Neuzeit in Europa wurden nicht nur Hexen verbrannt, sondern auch Männer, die als Werwölfe betrachtet worden sind. Diese Geschichten und Behauptungen kommen womöglich schon bei den germanischen Berserkern vor.

Der Wolf symbolisierte die Dunkelheit und das Böse

Bei uns in Graubünden symbolisierte der Wolf früher die Dunkelheit und das Böse.Wieso?Wölfe rissen immer wider das Vieh der Bauern, was grossen Schaden verursachte. Lange, bevor es die berühmten Märchen mit dem Wolf gab, galt er also schon als hinterlistig und böse. Die Autoren der Märchen wurden also wahrscheinlich von diesen früheren Darstellungen beeinflusst. Es ist sehr interessant, wie diese Geschichten unsere Kindheit geprägt haben und wir bis ins hohe Alter an diesem Glauben über die Tiere festhalten.

Das womöglich bekannteste deutsche Märchen ist das Rotkäppchen von den Gebrüdern Grimm. In diesem wird erzählt, dass der Wolf mit seinen hinterlistigen Gedanken das Rotkäppchen hinters Licht führt und es gegen den Rat ihrer Mutter Blumen pflücken schickt. In dieser Zeit geht der Wolf durch den Wald zum Haus der Grossmutter, mit der Absicht, sie zu verschlingen. Schon nach den ersten Zeilen merkt man, dass der Wolf das typische Klischee vom bösen, nicht vertrauenswürdigen Tier erfüllt. Als das Rotkäppchen vom Blumenpflücken zurückkommt, um diese der kranken Grossmutter zu schenken, ist sie ganz erstaunt, als diese sie nicht mehr erkennt. Der vollgefressene Wolf liegt mit der Mütze der Grossmutter im Bett. Und eine Sekunde später verschlingt er das Rotkäppchen auch noch. In diesem Märchen wird der Wolf seinem Ruf gerecht, er ist geprägt von seinem missgünstigen und gefrässigen Charakter.

Der schlaue Fuchs

Auch ein sehr bekannter Charakterzug von einem Tier, das uns oft über den Weg läuft, ist der Fuchs mit seinem schlauen Verhalten. Weshalb denken wir, dass der Fuchs schlau ist? Gibt es da auch ein Märchen, das wir gut kennen? Eins davon ist der Fuchs und die Gänse. Bevor der Fuchs die Gänse fressen will, gibt er ihm Zeit, Gebete zu sprechen. Eine gewisse emotionale Intelligenz kann man dem Fuchs also zuschreiben.

Märchen und Mythen werden von Generation zu Generation weitergegeben und Bilder manifestieren sich. Mittlerweile gibt es aber auch Märchen, die umgeschrieben wurden. In neuen Ausgaben, wo das Rotkäppchen definitiv nicht mehr als die Naive dargestellt wird, sondern als eine junge, eigenständige Frau. Hierbei ist bemerkenswert, dass viele Fassungen mit ihren ironischen Elementen primär für Erwachsene gedacht sind. Es ist spannend, zu sehen, wie sich die Märchenwelt verändert, und die Tiere einen neuen, zeitlich passenden Charakter bekommen. Wer weiss schon, wie die Gebrüder Grimm den heutigen Fuchs, Wolf und Bär beschreiben würden?

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