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Seit zehn Jahren machen sich die Pilger von Linthal nach Zürich auf den Weg

Der Felix-und-Regula-Pilgerweg ist 2013 auf Initiative von Josef Kohler entstanden. In einem neuen Buch blickt der Pfarrer auf die Reisen zu Fuss zurück.

Südostschweiz
04.09.23 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
 Auch bei Regenwetter: Die erste Pilgergruppe beginnt vor zehn Jahren den langen Fussmarsch.
Auch bei Regenwetter: Die erste Pilgergruppe beginnt vor zehn Jahren den langen Fussmarsch.
Bild Sylvia Thiele-Reuther

von Sylvia Thiele 

In der Stube von Josef Kohler, den die meisten einfach nur Pepe nennen, hängt ein in leuchtenden Farben gefasstes Glasfenster, das den Blick auf den Zürichsee freigibt. Es zeigt die drei Heiligen Felix und Regula und Exuperantius, deren Diener. Das Bild scheint das Zentrum von Kohlers Stube zu sein. Ganz so, wie auch die Botschaft, die mit dem Geschwisterpaar Felix und Regula verbunden wird, im Leben des ehemaligen Pfarrers aus Glarus Süd eine zentrale Rolle spielt, nämlich das Einstehen für den christlichen Glauben.

Kohler lebt seit einigen Jahren in Stäfa, doch sein Bezug zum Glarnerland ist immer noch lebendig. «Wir haben das zehnjährige Jubiläum des Felix-und-Regula-Pilgerwegs, das muss doch gefeiert werden», sagt er. Am 11. September ist es zehn Jahre her, dass sich die erste Pilgergruppe in Linthal an der Quelle im Tierfehd auf den Weg bis nach Zürich machte und so den Pilgerweg ins Leben rief. Denn im Mittelalter war das Grab dieser Heiligen in Zürich eines der meistbesuchten Pilgerziele Europas.

Mehr als ein Fotobuch

«Sommerferien habe ich mir keine genommen, denn ich wollte unbedingt zum Jubiläum ein Fotobuch herausbringen», sagt der inzwischen pensionierte Pfarrer. Ein Fotobuch als Andenken an jene erste Pilgerreise. Doch aus diesem Projekt ist weit mehr als nur ein Buch mit Erinnerungsbildern geworden. «10 Jahre Pilgerweg Felix und Regula – Vom Fusse des Tödi nach Zürich» lautet der Titel des Buches, das soeben erschienen ist. Es ist reich bebildert und berichtet über die Entstehung des Pilgerwegs, die ersten Pilgerreisen sowie über die zahlreichen Felix-und-Regula-Stationen. Der Initiator des Pilgerwegs hat für das Buch auch Fresken, Ikonen und die alten Gedenkstätten in Zürich aufgenommen und viel Wissenswertes zusammengefügt.

Ganz besonders machen das Buch die zahlreichen persönlichen Stimmen, die darin zu Wort kommen und ihre Gedanken zum Pilgern oder Erfahrungen offenlegen. So schreibt eine Pilgerin: «Die Tage waren trotz Blasen an den Fersen leicht und unbeschwert. Auf dem Weg habe ich das allergrösste Geschenk gefunden – Dankbarkeit für mein Leben.» Und der Franziskaner Hans sagt über das Pilgern: «Wundern Sie sich nicht, wenn Sie auf der Suche nach Gott über das eigene Ich stolpern.»

Wichtiger ökumenischer Anlass

Josef Kohler sagt, für ihn sei von Anfang an klar gewesen, dass die Initiative für einen Pilgerweg nur in einem ökumenischen Miteinander Sinn mache. «Wenn wir so ein Projekt in Angriff nehmen, dann geht es nicht in erster Linie um Heilige, sondern um die Besinnung auf unser Miteinander im Christsein», sagt Kohler.

Und vom Vorstand des Pilgerwegs ist zu hören, dass bis heute die Feiern und Gottesdienste im Zusammenhang mit dem Pilgerweg wichtige ökumenische Anlässe im Kanton seien. Man treffe sich an der Quelle und laufe den Weg, wenn auch manchmal nur in Abschnitten. So wird vom 8. bis zum 10. September wieder eine Pilgergruppe aufbrechen und den Weg nach Zürich unter die Füsse nehmen.

Pilgerweg als letzte Lebensstation

Pilgern habe sehr alte Wurzeln, erzählt Kohler. Der Weg zum wichtigen Pilgerort Santiago de Compostela in Spanien führte quer durch Europa und war lang und gefährlich. «Wer sich damals auf den Weg gemacht hat, hatte mit seinem Leben schon abgeschlossen und hat gedacht, dass er nicht mehr zurückkommt», erklärt Kohler. Das sei ein Ausdruck dafür gewesen, mit seinem Leben in die endgültige Etappe zu gehen, «ein sehr existenzielles Erlebnis». Viele Menschen seien tatsächlich gestorben, andere wiederum hätten sich kennengelernt und gegenseitig unterstützt und so seien Freundschaften entstanden, wie das auch heute noch der Fall sei.

«Als Pilgergruppe hat man ein gemeinsames Ziel. Viele gehen zunächst allein, aber irgendwo müssen sie übernachten und dort lernen sie Gleichgesinnte kennen», sagt Kohler. Dem bisherigen Leben eine Zäsur geben, eine neue Erfahrung machen oder das alte Leben hinter sich lassen oder neu ordnen, die Gründe zu pilgern seien vielfältig. «Viele Menschen sind auf der Suche, sie spüren, dass es da noch mehr gibt als oberflächliche Werte», sagt Kohler. Nicht immer sei es die Suche nach Gott, «manche laufen einfach mal los und schauen, was passiert».

Buchtipp

Josef Kohler: «10 Jahre Pilgerweg Felix und Regula». Verlag Inländische Mission. 15 Franken.

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