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Das Runde muss ins Eckige

Vor Kurzem entdeckte Gian Claudio Casty von Casty ­Wohnen die grossformatigen Fotografien des Künstlers ­Andreas Urscheler und fand, dass sie wunderbar zu dem bei ihnen gepflegten Möbelstil passen würden. Am Samstag fand nun in den Ausstellungsräumen eine Vernissage statt.

Barbara
Gassler
26.02.24 - 07:00 Uhr
Kultur
Andreas Urscheler und Gian Claudio Casty vor einem der Werke bei Casty Wohnen.
Andreas Urscheler und Gian Claudio Casty vor einem der Werke bei Casty Wohnen.
bg

Die wichtigsten Sachen im Leben habe er in Davos gelernt, sagt Andreas Urscheler von sich: «Gehen, Skifahren und Schwimmen.» Doch dann verliess er Davos in Richtung Zürich und kommt seither nur freizeithalber hierher. Etwas Weiteres ist ihm aus seiner Jugendzeit geblieben: der Umgang mit der Kamera. So war der Kunsthistoriker fototechnisch kein unbeschriebenes Blatt, als er vor rund zehn Jahren bei einer Schneeschuhwanderung auf Drusatscha auf die alten Ställe dort aufmerksam wurde. Speziell die verwitterten Enden der Rundhölzer taten es ihm an, und das erste Bild in seiner Künstlerkarriere entstand. Das wusste er damals zwar noch nicht, doch als immer mehr Freunde und Bekannte ihn um einen Abzug jenes Bildes baten, entschied er sich, die Sache weiterzuverfolgen. «Corona gab mir die Zeit, mich damit zu beschäftigen.» Inzwischen würden seine Bilder nicht nur an den Orten ihres Entstehens, den Schweizer Alpen, hängen, sondern auf der ganzen Welt. «Ich gebe den Bäumen ein drittes Leben», sagt er von seinen Fotografien mit dem Titel «Woodcuts». «Das erste hatten sie, als sie wuchsen und gediehen.» Darauf seien lange Jahre als Teil eines Gebäudes gefolgt, und nun fotografiere er sie: «Gereift, aufgespreizt und mit radialen Sprüngen versehen sowie gezeichnet von Moos, Flechten und Pilzen, sind sie komprimierte Zeit.»

Zeitzeugen

Als er angefangen habe, aus seinen Bildern Kunstprodukte zu machen, habe er auch begonnen, sich mit Drucktechnik zu beschäftigen, erzählt der bekennende Perfektionist. «Für mich hat eine Fotografie erst Leben, wenn sie gedruckt ist, auf dem richtigen Papier mit dem richtigen Rahmen.» Bei «Woocuts» kommen extrem plastische, stark vergrösserte Querschnitte der Hölzer heraus, auf denen die Spuren einer langen Exposition im Bergwetter abzulesen sind. Genau diese Zeichen der Zeit ziehen mit ihren Rissen, Furchen und Farbschattierungen in den Bann. Jeder neue Blick enthüllt eine weitere Schattierung, ein weiterer ein anderes Detail. «Da stecken viel Zeit und Geduld dahinter, denn das Licht ist bei der Arbeit mein stärkster Verbündeter.»

Stück Heimat

«Diese Bilder, von denen es jeweils nur eine limitierte Auflage gibt, sind jedes für sich eine Erinnerung, ein Stück Heimat», kommentiert Gian Claudio Casty den Entscheid, ihnen in seinem Möbelstudio einen Platz zu geben. «Sie passen hervorragend zu einer modernen Einrichtung mit skandinavischen Möbeln und klaren Linien, wie wir sie führen.» Aus der «Heimat» sind auch die Bilder, die nun bis zum Ende der Wintersaison bei Casty Wohnen ausgestellt sind. «Es sind ausschliesslich Motive, die ich hier in Davos gefunden habe», sagt Urscheler. In­zwischen wüssten die Leute, dass er solch wettergegerbten Rundhölzer suche, und würden ihm Tipps geben. «Kürzlich stieg ich deswegen hoch zu Luckschs Alp. Ein Motiv fand ich da keines, aber ich genoss die Wanderung.» Die räumliche Nähe zum Motiv erlaube es ihm jedoch, den Käufern ein Handybild und die genauen Koordinaten «ihres» Stalles zu geben. So könnten sie ihn aufsuchen und das Motiv in seiner natürlichen Umgebung erleben. «Natürlich ist das Holz nicht mehr genau so, wie ich es fotografierte.» Der Ver­witterungsprozess sei weiter fortgeschritten, mal sei inzwischen ein Stück abgebrochen, oder eine Farbschattierung verblichen. Genauso, wie Casty die Fotografien als reizvollen Kontrast zu seiner aufgeräumten Möblierung empfindet, sucht auch Urscheler den Kontrast. ­Diesen findet er in der Darstellung der Hölzer im quadratischen Rahmen, von dem er nur in Ausnahmefällen abweicht. «Ich arbeite mit den Grundformen», kommentiert er. «Da muss das Runde in das Eckige.»

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