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An den Engadiner Eisfeldern sind die Orchester zurück

Acht Tourismusorte im Oberengadin lassen eine alte Tradition wieder aufleben: Eiskonzerte. Die Musikstile sind ganz unterschiedlich.

Ruth
Spitzenpfeil
05.02.22 - 04:30 Uhr
Kultur
Gelungener Auftakt: Livemusik zum Eislauf von der Camerata Engiadina mit Flurina Sarott (Geige), Daniel Bosshard (Klavier) und Matthieu Gutbub (Cello).
Gelungener Auftakt: Livemusik zum Eislauf von der Camerata Engiadina mit Flurina Sarott (Geige), Daniel Bosshard (Klavier) und Matthieu Gutbub (Cello).
Pressebild

«Sieh diese vollendete Grazie! Elegant und befreit von aller Erdenschwere wiegt sich die Schlittschuhkünstlerin auf dem blitzenden Spiegel der Eisbahn. Orchestermusik begleitet sie.» So «eis»-blumig beschreibt eine alte Annonce aus Pontresina, was während den frühen Jahrzehnten des Wintertourismus in den Bündner Ferienorten gang und gäbe war. Der Alles-fährt-Ski-Boom lag noch fern. Die Feriengäste vergnügten sich auf dem Eis – oder schauten anderen dabei zu.

Gerade, als die Engländer begannen, das Engadin als den Sehnsuchtsort des Winters zu entdecken, hatte in Wien der Amerikaner Jackson Haines eine neue Art des Eissports populär gemacht. Ging es zuvor nur darum, möglichst akkurat Figuren aufs Eis zu zeichnen, führte er jetzt schwungvolle Tanzschritte aus – und zwar zur Musik einer der vielen Walzerkapellen. Der «moderne» Eiskunstlauf war geboren und eine ideale Kombination für die Tourismusorte. Die Kurvereine und Hotels platzierten die Orchester, die sonst für die Abendunterhaltung engagiert waren, jetzt auch neben die Eisbahnen.

Im letzten Winter hatten einige Kulturinteressierte rund um Mathias Gredig, Musikwissenschaftler und Leiter des Archivs der Chesa Planta Samedan, die Idee, die Engadiner Eiskonzerte wieder aufleben zu lassen. In den Vierzigerjahren waren diese verschwunden. Weil in Pontresina aber das Salonorchester für die Sommerkonzerte überlebt hat, stellte man zusammen mit dem dortigen Tourismusbüro ein Pilotevent auf die Beine. Ein Klaviertrio der Camerata Pontresina spielte, Läuferinnen des Schlittschuhklubs St. Moritz glitten zu Tschaikowski und Strauss über das Eisfeld am Sportpavillon. Ein Youtube-Video kombiniert mit historischem Filmmaterial wurde erstellt.

Davon inspiriert haben sich in diesem Winter nun mehrere Engadiner Gemeinden daran gemacht, eigene Eiskonzerte zu organisieren. In La Punt, Celerina und Silvaplana haben sie schon stattgefunden; ein weiteres Konzert der Camerata in Pontresina fiel diese Woche wegen Schneefalls leider aus. Doch jetzt im Februar folgen fünf weitere solcher Anlässe, und zwar mit ganz unterschiedlichen Musikstilen. Ob Brassband in Samedan oder Klassik-Pop mit Geige auf dem St. Moritzer See, wie in der alten Werbung soll jetzt wieder gelten: «An den Eisfesten herrscht auf den Plätzen tollste Fröhlichkeit».

Engadiner Eiskonzerte

Weitere Termine: Heute Samstag, 5. Februar, 10.30 Uhr, Promulins Arena, Samedan (Southbrass); Donnerstag, 10. Februar, 17 Uhr, Eisplatz Roseg, Pontresina (Momento Sounds); Freitag, 11. Februar, 17 Uhr, Eisplatz, Sils (Musikschule Oberengadin); Mittwoch, 16. Februar, 13.30 Uhr, On the Lake, St. Moritz (Momento Sounds); Donnerstag, 17. Februar, 17 Uhr, Hotel «Castell», Zuoz (What The Funk).

Ruth Spitzenpfeil ist Kulturredaktorin der «Südostschweiz» und betreut mit einem kleinen Pensum auch regionale Themen, die sich nicht selten um historische Bauten drehen. Die Wahl-St.-Moritzerin entschloss sich nach einer langen Karriere in der Zürcher Medienwelt 2017, ihr Tätigkeitsfeld ganz nach Graubünden zu verlegen.

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