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«Mich erinnerts hier an Innsbruck»

Wanda, die fünfköpfige Band aus Österreich, ist 2012 gegründet worden und am Samstag am Sound of Glarus aufgetreten. Davor gab Sänger Marco Michael Wanda der «Südostschweiz» ein Interview – halb schreiend, weil auf der Bühne nebenan der Soundcheck lief.

Südostschweiz
28.08.17 - 15:34 Uhr
Kultur
Laut: Weil nebenan der Soundchek läuft, beantwortet Wanda-Sänger Marco Michael Wanda die Fragen halb schreiend.
Laut: Weil nebenan der Soundchek läuft, beantwortet Wanda-Sänger Marco Michael Wanda die Fragen halb schreiend.
TOBIAS MARTI

In euern Liedern dreht sich vieles um Amore. Was ist deine Definition von Liebe?
Marco Michael Wanda: Also, ich habe Liebe in meinem Leben nur als Versuch bis hin zur Unmöglichkeit kennengelernt. Liebe ist viel Arbeit. Sei es die Liebe zu sich selbst oder zu anderen Menschen. Ja, Liebe ist einfach harte Arbeit.

Und konkreter zu euren Songs; in «0043» singt ihr von der vergangenen Kindheit. Wann wärst du gerne wieder ein Kind?
Ich denke, dass ich den Teil in mir noch nicht abgelegt habe. Ich habe das Gefühl, ich bin viel zu unüberlegt, oder viel zu sehr meinen Affekten erlegen und auch viel zu schnell gekränkt. Und ich wünsche mir eigentlich nicht, noch einmal Kind zu sein.

Bist du aber zufrieden damit, dass ein Teil von dir noch Kind ist, oder wärst du lieber erwachsener?
Ich wäre schon lieber ein wenig reifer. Dann könnte ich meine Gefühle auch besser ordnen. Ich habe den Eindruck, keine Chance gegen meine Gefühle zu haben. Damit besser umgehen zu können, das wäre schon schön.

Um Gefühle geht es auch in euren Alben. Bisher gibt es von Wanda drei CDs, zwei aus dem Studio, die dritte ist eine Live-CD. Welche davon magst du am liebsten?
Ich liebe «Amore» die erste. Wie sagt man so schön: Für die erste CD hat man sein Leben lang Zeit. Folglich beschreibt sie einen so gewaltigen Lebensabschnitt, der nie wieder kommt. Dass ich das festhalten durfte und mit anderen teilen kann, die das vielleicht genau so fühlen, das ist das Beste.

Der letzte Song des Albums «Bussi» heisst «Kein Herz im Hirn». Wem würdest du mehr «Herz im Hirn», also mehr Empathie und weniger Rationalität wünschen?
Ich gehe immer von mir selber aus. Ich nehme mich jeweils exemplarisch als Massstab, um die Welt zu verbessern, Das heisst, ich würde mir nicht anmassen, jemand anderem einen Fehler zu unterstellen, bevor ich mir nicht sicher bin, dass ich diesen Fehler nicht an mir behoben habe. Ich versuche, jeden Tag aufzustehen und diese Welt als etwas Sinnvolles, Leidenschaftliches wahrzunehmen. Das ist schwierig genug.

Nach den Alben «Amore» und «Bussi» kommt im Oktober «Niente». Das klingt weniger liebestrunken. Ein falscher erster Eindruck?
Nein, das glaube ich nicht. «Niente» erzählt wohl die Zwischentöne dieser Geschichte. Die ersten beiden Alben waren eine gewaltige, wütende Rock‘n’Roll-Fantasie. Ein sich mit Lebensfreude über schwermütige Tatsachen Erheben. «Niente» widmet sich da mehr diesen schwermütigen Tatsachen, als dass es darüber triumphiert. Das macht die Platte irgendwie dümmer, aber auch auf eine gewisse Art kräftiger.

Dümmer? Inwiefern?
Dümmer im Sinn von «sie beschäftigt sich mit etwas» (lacht). Für mich ist das Gefühl, also das Herz, intelligenter als das Hirn.

Wie ist dieses schwermütigere Album denn entstanden?
In Wien und eigentlich wie die anderen Platten auch: Wir gehen immer mit Songs, die ich schreibe, unmittelbar ins Studio. Wir nehmen uns da nicht so viel Zeit und glauben daran, dass das in einem Rutsch passieren muss. Oder es war eh schon immer da, und wir müssen es nur ausgraben. Es ist aber ein bisschen vielseitiger. Wir haben ein Streichquartett und einige indische Instrumente dabei. Es kommt ein wenig opulenter daher, aber unsere Arbeitsweise ist gleich geblieben. Und wir arbeiten immer auf Augenhöhe mit unseren Fähigkeiten. Wir können gar nicht mehr als das, was wir tun.

Mit euern bisherigen Alben seid ihr auch schon öfter in der Schweiz gewesen. Was ist der grösste Unterschied und was die grösste Gemeinsamkeit zwischen der Schweiz und Österreich?
Ich versuche, kulturelle Fassaden nicht zu beachten. Alle Menschen brauchen Hoffnung und Stärke, um das zu überstehen, was gerade passiert. Für mich sind alle Menschen, alle Länder und alle Kulturen gleich.

Wenn du dich hier umschaust: Wie gefällt Glarus?
Mich erinnerts hier an Innsbruck in Österreich. Es ist von Bergen umschlossen. Das ist etwas sehr Schönes, weil es Schutz bietet. Aber auf die Dauer stelle ich es mir auch anstrengend vor, weil man sich messen muss an dieser Ewigkeit. Man könnte sich manchmal fälschlicherweise klein fühlen. Aber ich nehme an, dass es doch einen coolen Grund-«Vibe» hat, so von Bergen umschlossen zu leben.

 

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