«Wegen des vielen Trommelns erkannte der Scanner bei der Einreise mein Fingerabdruck nicht mehr»
Massa Kone war in Mali Berufsmusiker. Seit 2011 lebt er im Glarnerland und gehört mit seiner fröhlichen Art zu jedem Strassenfest. Den «Glarner Nachrichten» erzählt er seine Geschichte.
Massa Kone war in Mali Berufsmusiker. Seit 2011 lebt er im Glarnerland und gehört mit seiner fröhlichen Art zu jedem Strassenfest. Den «Glarner Nachrichten» erzählt er seine Geschichte.
Wenn ich an Massa denke, muss ich aber auch jedes Mal selber lachen. Ich erinnere mich dann nämlich an ein Gespräch, das wir einmal hatten. Und das ging so. Ich fragte Massa: «Wann hast du Geburtstag?» Er darauf: «Etwa 1975.» Ich dachte, dass er einen Witz macht und lachte. Und er darauf mit seinem schelmischen Lächeln: «Das ist kein Witz. In meinem malischen Pass steht tatsächlich ‹etwa 1975› als Geburtstag.»
Eine Familie von Musikern
Massa Kone wurde in Mali in der Stadt Mopti als drittes Kind einer Familie mit zehn Geschwistern geboren. Er lernte Musik in seiner Familie. «Ich habe schon sehr früh angefangen, Balafon zu spielen, mit etwa sieben Jahren. Mein Vater war von Beruf Musiker und hat es mir beigebracht. Nebenbei hat er die Instrumente auch selber hergestellt, und ich habe ihm dabei geholfen. Als Teenager habe ich das Djembe spielen gelernt und das zu meinem Beruf gemacht. Ausser zwei Schwestern sind alle meine Geschwister entweder Musikerinnen oder Sänger», erzählt Massa.
Mit Auftritten auf Hochzeiten, Taufen und anderen Festen hat Massa so sehr früh angefangen, Geld zu verdienen. So konnte er seine Familie finanziell unterstützen. «Zwischen den Auftritten habe ich gemeinsam mit meinem Vater und Bruder Lederartikel wie Kissen und Taschen hergestellt und bemalt. Ebenso habe ich Musik unterrichtet, oftmals auch Touristen», erklärt Massa weiter. Und so hat er im Jahr 2009 seine spätere Frau kennengelernt. Sie verbrachte mehrere Monate in Mali, aber dauerhaft dort zu leben kam für sie nicht in Frage. Sie haben sich darum gemeinsam dazu entschieden, in der Schweiz zu leben. Im 2011 kam der afrikanische Musiker in die Schweiz und liess sich einige Monate später in Glarus nieder.
«Der Kanton Glarus ist wie das Dorf Ourokuma, wo meine Eltern aufgewachsen sind», sagt Massa. «Ich lebte dort auch einige Zeit. Darum ist es für mich tröstlich, in Glarus zu leben.» Obwohl Musik eine universelle Sprache sei, sei es keine leichte Aufgabe, Berufsmusiker zu werden. Insbesondere erinnert sich Massa an die ersten Reaktionen, die er erhielt. «Als ich sagte, dass ich Berufsmusiker bin, schauten mich einige Leute überrascht an, andere luden mich ein, bei bestimmten Veranstaltungen für Musik zu sorgen. Nicht für Geld, sondern gratis. Am Anfang habe ich manchmal solche Gratisauftritte gemacht. Aber später habe ich es aufgegeben, weil es respektlos gegenüber anderen Berufsmusikern ist. Hier hat die Musik allgemein einen anderen Stellenwert in der Gesellschaft», erzählt Massa Kone weiter. Denn in Mali sei Musik weit mehr als einfach nur Unterhaltung und Genuss. «Die Geschichte unseres Landes wird so weitererzählt, viele Liedtexte haben auch einen aufklärerischen Charakter oder beschreiben den Alltag. Auch Rhythmen und der Tanz sind Ausdrucksform des täglichen Lebens und sind gleichzeitig Tradition, die uns mit unseren Vorfahren verbindet», sagt Massa.
Massa kann mehrere afrikanische Musikinstrumente gut spielen, wobei Balafon, Djembe, Tamani, Calebase und Dundun die wichtigsten sind. Manchmal nimmt er an Programmen teil, um Schulkindern die afrikanische Musik näherzubringen. Als Vater von zwei Kindern ist es ihm wichtig, bei jeder Gelegenheit mit ihnen zu üben. «Musik ist für mich Medizin. Je mehr ich mich mit Musik beschäftige, desto besser geht es meiner Gesundheit.»
Davon leben kann er nicht
Massa Kone kann von seiner Musik in der Schweiz nicht leben. Er erklärt, warum das seiner Meinung nach so ist: «Es geht sicher um die Bekanntheit. In Mali war ich weit über die Stadt hinaus bekannt. Man wusste, dass ich gut spiele und ich hatte viele Anfragen, auch von einigen bekannten Musikern, ob ich sie bei Auftritten begleite. Als ich in die Schweiz kam, waren meine Fingerkuppen so verhärtet von Hornhaut, dass der Touchscreen des Computers den Fingerabdruck an den meisten meiner Finger nicht lesen konnte, als ich meine Aufenthaltsbewilligung machen musste. So intensiv habe ich Djembe gespielt.»
Es versteht sich von selbst, dass die meisten Menschen ihre Träume aufgeben und ein normales Leben führen. Massa hat jedoch seinen grossen Traum noch nicht aufgegeben: als Berufsmusiker in der Schweiz arbeiten zu können. «Wer aufhört zu träumen, ist entweder am Ende oder am Ziel», hat Wolfgang Schulze einmal gesagt. Ich glaube, dass er nicht nur den Träumern wie Massa, sondern auch denen, die ihre Träume aufgegeben haben, neue Inspirationen geben wird.
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