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Verteidiger plädieren auf Freispruch bei Flugunfall-Prozess

Am Militärgericht in Muttenz BL hat am Freitag der zweite Prozesstag zum tödlichen F-A/18-Flugunglück am Susten 2016 stattgefunden. Die Verteidiger plädierten, den angeklagten Lotsen und einen Piloten von allen Vorwürfen - darunter fahrlässige Tötung - freizusprechen.

Agentur
sda
05.01.24 - 19:29 Uhr
Blaulicht
Mit einem F/A-18 flog ein junger Militärpilot 2016 in eine Felswand am Sustenpass (im Bild) und starb. (Archivbild).
Mit einem F/A-18 flog ein junger Militärpilot 2016 in eine Felswand am Sustenpass (im Bild) und starb. (Archivbild).
KEYSTONE/ALEXANDRA WEY

So sprach der Verteidiger des angeklagten Flugverkehrsleiters von einer «eigenverantwortlichen Selbstgefährdung». Ein Pilot müsse wissen, dass er die Berge nicht auf einer Flughöhe von 10'000 Fuss oder 3048 Metern überqueren könne. «Das Einhalten der Mindestflughöhe muss jedem Piloten bekannt sein», sagte der Anwalt. Die Verantwortung, Kollisionen mit dem Gelände zu vermeiden, liege somit beim Piloten und nicht bei der Flugsicherung. Diese habe schliesslich keine Kontrolle über die Maschine.

Zudem sei ein Flugverkehrsleiter nicht für den Bezug zum Gelände, sondern nur zu anderen Flugzeugen zuständig, sagte der Verteidiger weiter. Es habe in der Situation eine ernsthafte Gefahr bestanden, dass das sogenannte Trailer-Flugzeug mit der Leader-Maschine vor ihm kollidiere. Hier habe sein Mandant handeln und den Steigflug sofort stoppen müssen, sagte der Verteidiger. Objektiv habe der Lotse des Flugplatzes Meiringen BE vorschriftsgemäss gehandelt.

Der Unfall geschah am 29. August 2016 bei einem Kampftraining von F/A-18-Kampfflugzeugen. Der Schulungsflug fand in Zweierpatrouille statt, also mit einem sogenannten Trailer, der dem anderen Flugzeug, dem Leader, folgt. Der 27-jährige Trailer-Pilot prallte dabei in eine Felswand und starb.

Der Verteidiger des Leader-Piloten war ebenfalls der Ansicht, sein Mandant trage keine Schuld an dem Unglück - er habe das Flugprofil eingehalten. Beim Steigflug, bei dem sein Schüler ihn auf dem Radar nicht mehr sah, sei er punkto Winkel und Geschwindigkeit im Rahmen unterwegs gewesen. Die Abweichungen seien dabei nicht gravierend gewesen.

Auditor forderte bedingte Freiheitsstrafen

Der Auditor forderte eine bedingte Freiheitsstrafe von zwölf Monaten für den Flugverkehrsleiter beziehungsweise für den Militärpiloten neun Monate. Die beiden seien unter anderem der fahrlässigen Tötung schuldig zu sprechen. Der Auditor sagte zur Begründung, es sei erwiesen, dass sowohl der Flugverkehrsleiter wie auch der Leader-Pilot der Zweier-Patrouille gegen die Dienstvorschriften gehandelt hätten. Bei den bedingten Strafen habe die minimale Probezeit von zwei Jahren zu gelten. Zu berücksichtigen sei, dass beide Angeklagten versucht hätten, ihre Fehler noch zu korrigieren.

In der Anklageschrift wird dem Flugverkehrsleiter vorgeworfen, dem einen Piloten eine fehlerhafte Anweisung zur Flughöhe gegeben zu haben, was zur tödlichen Kollision mit der Felswand führte. Der angeklagte Fluglotse sagte vor Gericht, er habe sich darauf konzentriert, die beiden Flugzeuge voneinander zu trennen. Dies, nachdem er bemerkte, dass sich die beiden Maschinen gefährlich näherkamen. «Wenn ich nicht separiert hätte, wären vielleicht zwei Kampfjets miteinander kollidiert», sagte der Mitarbeiter der Flugsicherung Skyguide bei der Befragung.

Er habe «instinktiv» reagiert und sich auf die Separation konzentriert - dies sei für ihn als Flugverkehrsleiter auch die Hauptaufgabe. «Das Stresslevel war hoch», sagte er weiter. Erst im Gespräch mit der Einsatzzentrale habe er die folgenreiche Fluglevel-Anweisung an den Piloten bemerkt - als es bereits zu spät war.

Leader-Pilot beteuerte Unschuld

Der zweite Angeklagte, der Leader-Pilot, bestritt jegliche Verantwortung für den Unfall seines Flugschülers. «Herr Präsident, ich bin nicht schuldig», sagte der Pilot gleich zu Beginn der Befragung. In der Anklageschrift wird ihm vorgeworfen, in Abweichung zu den Vorgaben geflogen zu sein. Dies bestritt der Pilot jedoch vor Gericht.

Der Trailer verlor den Leader auf dem Radar aus dem Blick, was als «Break lock» bezeichnet wird. Der Pilot sagte, er habe beide Break-Lock-Meldungen gehört. Dies stelle keine Notfallsituation dar, auf die man mit Hektik reagieren müsse. Er habe auch nicht eingreifen können, da schliesslich ein Leader seinen Trailer nicht fernsteuere.

In der Anklageschrift wurde dem Leader-Piloten eine Mitverantwortung zugeschrieben. Hätte er seine Sorgfaltspflicht als Lehrer gegenüber seinem Schüler nicht verletzt, so hätte dieser gar nicht erst den Flugverkehrsleiter kontaktieren müssen, hiess es in der Anklage.

Das Urteil wird am Dienstag eröffnet.

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