×

Wenn es im November nochmals warm wird

Milde Tage in der ersten Novemberhälfte sind bekannt unter dem Begriff «Martinisommer». In diesem Jahr landet er im Glarnerland einen Volltreffer.

Südostschweiz
11.11.22 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Das milde Wetter freut die Tierwelt: «Diese späte Biene geniesst noch das schöne Wetter und sammelt noch fleissig Nektar aus dem Blütenstempel von diesen schönen farbigen Astern», schreibt Leser Josef Meli zu seinem Anfang der Woche aufgenommenen Bild.
Das milde Wetter freut die Tierwelt: «Diese späte Biene geniesst noch das schöne Wetter und sammelt noch fleissig Nektar aus dem Blütenstempel von diesen schönen farbigen Astern», schreibt Leser Josef Meli zu seinem Anfang der Woche aufgenommenen Bild.
Leserbild Josef Meli

von Felix Blumer*

Zu Beginn des Monats November gibt es häufig überdurchschnittlich warme Tage. Diese Wärmeperioden sind vor allem in der Schweiz und im Süden Deutschlands unter dem Begriff «Martinisommer» bekannt. Der Begriff orientiert sich am Martinstag, dem 11. November, obwohl die wärmsten Tage in der Regel schon kurz vor diesem Tag auftreten.

In diesem Jahr eine Punktlandung

Heute Freitag, 11. November, dem Martinstag, wird es in diesem Jahr besonders warm, speziell auf den Bergen. Auf 2000 Metern Meereshöhe werden bis 14 Grad erwartet. Auf dem Pilatus werden 13 Grad erreicht, das liegt mehr als 10 Grad über der durchschnittlichen Höchsttemperatur im November auf dem 2100 Meter hohen Berg. In Glarus dürfte der Höchstwert am Freitag bei 12 Grad liegen rund 4 Grad über dem Mittel. Nicht anders in Elm: Auch dort liegen am Freitag 12 Grad drin. Im Ort am Fusse des Martinslochs liegt der Wert sogar 6 Grad über der Referenz.

Für Meteorologen ein Plagiat

Der Begriff Martinisommer ist aus meteorologischer Sicht reiner Bluff, spricht man doch erst bei Tageshöchsttemperaturen von mehr als 25 Grad von einem Sommertag. In den vergangenen 30 Jahren gab es im November in unserem Land keinen offiziellen Messwert oberhalb der 25-Grad-Marke. Immerhin wurden in Bad Ragaz schon 24,4 Grad gemessen. Auch in der Südschweiz wurde die Sommermarke im November noch nie erreicht. Dort liegt der Höchstwert bei 24,6 Grad in Lugano.

Nur gefühlter Sommer

Der Begriff «Martinisommer» ist also relativ zu sehen, da Ende Oktober die Tage oft massiv kühler sind, und sich so die warmen Novembertage schon fast wie Sommer anfühlen.

In diesem Jahr fällt der Martinisommer allerdings nicht so stark auf wie sonst, erlebten wir doch gerade den wärmsten Oktober seit Messbeginn. Ursache für den Martinisommer sind Südwestlagen oder in den Alpentälern Föhnsituationen, wie wir sie auch in den vergangenen Tagen immer wieder erleben durften.

Altweibersommer und Goldener Oktober sind Brüder

Ein ähnliches Phänomen wie der Martinisommer sind der Altweibersommer Ende September oder der Goldene Oktober, in der Regel Mitte Oktober. Auch diesen beiden Phänomenen liegen Südwestlagen zugrunde, allerdings sind die absoluten Temperaturen aufgrund des steileren Sonnenstandes dann noch deutlich höher. Das Umgekehrte erleben wir im Frühling. Dann sind vor allem Kaltluftvorstösse aus Nordwesten oder Norden bekannt, die ebenfalls gehäuft zu bestimmten Terminen auftreten, so beispielsweise die Eisheiligen Mitte Mai oder die Schafskälte im Juni.

Schon im Jahre 397 ein Martinisommer

Glaubt man der Sage, so gab es in Frankreich schon im Jahre 397 einen Martinisommer. Am 8. November 397 verstarb Bischof Martin von Tours unerwartet im Kloster. Am 11. November wurden seine sterblichen Überreste in die Stadt Tours überführt. Während des Transports soll ein unerwarteter Wärmeeinbruch die Fruchtbäume am Ufer der Loire zum Blühen gebracht haben.

*Der Glarner Felix Blumer ist Meteorologe bei Schweizer Radio und Fernsehen.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR