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Von grauen Mäusen und bunten Farbtupfern

«Davos ist zum Kotzen», meinte Komiker Marco Rima vor ein paar Jahren in einer TV-Quizshow. Zwar erntete er für seine Aussage Kritik, doch als richtig «schön» in städtebaulicher Hinsicht bezeichnete Davos wohl noch niemand. Ein Aspekt dabei: die Farbgebung der Häuser.

Andri
Dürst
07.09.22 - 16:48 Uhr
Leben & Freizeit
Vom gelben «Mon Repos» hin zum grauen «Alpine Inn».
Vom gelben «Mon Repos» hin zum grauen «Alpine Inn».
ad

Es scheint, dass derzeit immer mehr Häuser im Landwassertal ihr farbiges Kleid ablegen und einen grauen Anstrich erhalten. Als Beispiel dafür ist das Schiabach-Quartier zu nennen, das zunehmend «vergraut». Mit dem Bau des «Vinikus» setzten die berühmten Architekten Gigon/Guyer einen roten Farbtupfer in die Umgebung. Das vis-à-vis gelegene Mon Repos, das bislang mit einem freundlichen Gelb die promenierenden Passanten grüsste, wartet seit seinem kürzlich erfolgten Umbau zum «Alpine Inn» mit Grau auf. Auf der anderen Strassenseite ereilte das «Rinaldi» das gleiche Schicksal. Auch dort war die Vorgängerbaute gelb gestrichen. Der seit ein paar Jahren bestehende Neubau zeigt sich in einem grauen Kleid – abgesehen von ein paar Streifen Orange, die einzelne Fenster umrahmen.

Viele Freiheiten

So stellt sich nun also die Frage, wer wie über die Farbgebung von Häusern entscheiden kann. Simi Valär, Vorsteher des Hochbaudepartements, erklärt auf Anfrage der DZ Folgendes: «Die Farbgestaltung der Fassade ist ein Bestandteil der Baubewilligung und muss jeweils angegeben werden. In vereinzelten Fällen wird ein Farbmuster gefordert.» Die Farbgebung habe man allerdings bislang nur in wenigen Fällen anpassen müssen. Heisst das also, dass den Bauherren grundsätzlich freie Hand bei der Farbwahl gelassen wird, oder ist irgendeine Strategie für ein «hübsches Davoser Gesamtbild» vorhanden? Valär dazu: «Grundsätzlich hat ein Bauherr grosse Freiheiten, wenn die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Aufgabe der Baukommission ist unter anderem auch, das Bauvorhaben unter den Gesichtspunkten von Form, Ästhetik und Farbgebung zu beurteilen. Die Baute ist so zu gestalten, dass sie auf ihre Umgebung Bezug nimmt und sich in das Orts- und Landschaftsbild einordnet.»

Dörfler sehen rot

Ein einprägsames Beispiel für eine aussergewöhnliche Farbgebung ist das als «Spar Dorf» bekannte Gebäude beim Bahnhof Dorf. Eigentümerin ist die Immobiliengenossenschaft Konsum Davos. Deren Präsident Frank Kaufmann erklärt die Beweggründe für die Wahl des leuchtenden Rots folgendermassen: «Anknüpfung für die Fassadenfarbe des Geschäfts- und Wohnhauses an der Bahnhof-/Dorfstrasse ist die Genossenschaftssiedlung Oberstrass Zürich. Die ganze Siedlung hat als Fassadenfarbe einen Rotton in leicht unterschiedlicher Abtönung. Die rote Farbe fasst die grosse Siedlung zu einer Einheit zusammen.» Auch die beiden Hausteile im Dorf haben zwei leicht gebrochene Rottöne. «Kein Knallrot», wie Kaufmann betont. Die Abstufungen würden den Genossenschaftsbau als Zentrum markieren und die unterschiedlichen Nutzungen differenziert darstellen. Zum damaligen Prozedere hielt er fest: «Die Farbvorschläge wurden vor Ort bemustert. Mit dem Bauberater der Gemeinde Davos wurden die definitiven Nuancen der Rottöne festgelegt.» Doch wie kommt das Erscheinungsbild bei der Bevölkerung an? «Rückmeldungen gibt es bei diesem Gebäudevolumen immer, und für die Farbwahl haben wir Lob wie auch abfällige Kritik erhalten», so der Genossenschaftspräsident.

Ein Blickfänger: das rote «Spar»-Gebäude im Dorf.
Ein Blickfänger: das rote «Spar»-Gebäude im Dorf.
Archiv SO

Historische Bedeutung

Während man beim «Spar Dorf» also andere Siedlungen in der Schweiz als Vorbild nahm, besann man sich beim «Mon Repos» auf frühere Zeiten zurück. Wie Peter Mettler, CEO der Eigentümerfirma «Mettler2invest», auf Anfrage mitteilt, habe die Wahl des grauen Farbtons beim «Alpine Inn» historische Gründe. «Beim Umbau war nebst den Architekten auch die Denkmalpflege involviert», erklärt er. So habe man sich dann auf das nun aufgetragene Grau geeinigt. Denn die gelbe Farbe habe historisch keine Bedeutung. Mettler gibt zu bedenken: «Wohl kein anderes grösseres Hotel in Davos machte dermassen viele Veränderungen mit wie das ‹Mon Repos›». Beim Umbau seien sowohl innen als auch aussen noch viele weitere Farben zum Vorschein gekommen. Sind also Farben nur Teil einer Momentaufnahme des Ortes? Davos wird sein Farbenkleid sicherlich noch einige Male ändern. Ob es dadurch schöner oder hässlicher wird, sei dahingestellt.

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