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«Die Leute zahlen, wenn es funktioniert»

Jedes Jahr um diese Zeit treffen sich eine Gruppe britischer und schweizerischer Parlamentarier in Davos, um gemeinsam eine Woche auf Skiern zu verbringen. Neu dabei ist dieses Jahr Sara Britcliffe. Sie vertritt den Bezirk Hyndburn im nordwest­englischen Lancashire.

Barbara
Gassler
11.01.23 - 06:39 Uhr
Leben & Freizeit
«Es war eine fantastische Woche. Die Kontakte und Freundschaften, die ich während des Besuchs geknüpft habe, haben mir am besten gefallen», sagt Sara Britcliffe gegenüber der DZ.
«Es war eine fantastische Woche. Die Kontakte und Freundschaften, die ich während des Besuchs geknüpft habe, haben mir am besten gefallen», sagt Sara Britcliffe gegenüber der DZ.
bg

Während die Teilnehmenden an diesem zum 67. Mal durchgeführten Treffen tendenziell eher älter und männlich sind, trifft hier eine junge, frische Frau auf die Berichterstatterin. «Ich wurde 2019 als die jüngste konservative Vertreterin ins Parlament gewählt», erzählt die 27-Jährige. Obwohl sie darin nicht sehr gut sei, geniesse sie das Skifahren und sehe in der britisch-schweizerischen Parlamentarier-Skiwoche eine gute Gelegenheit, sich mit anderen Volksvertretern zu treffen. «Ich bin überzeugt, dass es wichtig ist, Beziehungen aufzubauen und zu pflegen. Genau so wichtig ist es ausserdem zu schauen, wie andere Parlamente funktionieren.» Der Sessionsunterbruch in London sei die ideale Gelegenheit dafür.

Volles Programm

«Es ist eine fantastische Erfahrung», ist Britcliffe voller Enthusiasmus. Sei es beim Skifahren zusammen mit anderen Parlamentariern und in Begleitung von Skilehrern auf den verschiedenen Bergen. Sei es beim gemeinsamen Mittagessen in einer Skihütte oder bei den Veranstaltungen am Abend im Hotel Seehof, wo die ganze Gruppe logiert. Dort lädt die Gemeinde im Lauf der Woche auch zu einem Apéro mit Landammann Philipp Wilhelm ein. Am Donnerstagabend trifft man sich zu einem runden Tisch zu einem aktuellen Thema. Zu dieser Veranstaltung reisen auch regelmässig der schweizerische und britische Botschafter in London repektive Bern an. Dieses Jahr geht es um den Krieg in der Ukraine. «Es wird um die Reaktionen unserer beider Länder gehen und es werden sehr schwierige Gespräche sein, die geführt werden müssen.» Dennoch ist das Treffen rein privat, die Teilnehmenden zahlen alle ihren Aufenthalt selber. Britcliffe findet den Anlass jedoch wertvoll. Bei den Austauschen unter den Parlamentarieren würden Beziehungen aufgebaut und Wissen getauscht, sagt sie und kommt auf  den Besuch vom Mittwoch im Spital zu sprechen. «Es ist fantastisch, die Menschen bezahlen 40 Franken im Jahr und bekommen dafür einen unglaublichen Service geboten.» Inzwischen ist sie so in Fahrt, dass sie den ungläubigen Blick ihres Gegenübers gar nicht bemerkt. War sie wirklich an unserem Spital?

Auch in Grossbritannien anwendbar?

Doch Britcliffe ist inzwischen bereits beim Thema, wie die hier gemachten Erfahrungen zu Hause in Taten umgemünzt werden können. «Hinterbänkler sind oft die einflussreichsten Mitglieder eines Parlaments, denn sie können offen sprechen», sagt Britcliffe. Selber ist sie seit September 2022 Vizepräsidentin der Konservativen Partei. Zum Kern des in Davos stattfindenden Austausches gehöre es, zu sehen, wie verschiedene Systeme funktionieren würden, fährt die Parlamentarierin fort. «Es hat mich umgehauen, als ich hörte, wie die schweizerische Bergrettung arbeitet.» Wenn man sich vor Augen halte, welche Probleme Grossbritannien mit seinem nationalen Gesundheitssystem habe, sei es unglaublich zu sehen, welch tollen Service es hier gebe und wie die Leute dazu beitrügen. «Es ist fantastisch, wie effizient das funktioniert und wie alle bereit sind, dafür zu zahlen.» Allmählich lichtet sich die Verwirrung. Ob sie denn glaube, eine Organisation wie die Rega zu Hause einführen zu können, lautet darum die nächste Frage. Da ist sie sich nicht so sicher, zeigt sich aber tief beeindruckt vom Gönnersystem. «Alle mit denen ich sprach, zahlen völlig selbstverständlich diese 40 Franken. Die Leute sind bereit für etwas zu bezahlen, das funktioniert», stellt Britcliffe fest und vergleicht: «Trotz Millardenausgaben jedes Jahr steckt das britische Gesundheitssystem fest. Der Besuch des Spitals war sehr wichtig für mich.»

Weg in die Zukunft

An einem der Abende findet ausserdem die Jahresversammlung Skigruppe statt. Die Teilnahme daran ist übrigens Voraussetzung, um am Samstag beim traditionelle Skirennen starten zu dürfen. Britcliffe ist allerdings nicht dabei. Sie muss noch an ihren skierischen Fähigkeiten feilen. Mit ihren 27 Jahren ist sie auch in Davos mit Abstand die Jüngste im Team. Nur die begleitenden Kinder der rund 60-köpfigen Gruppe sind jünger. «Es ist meine Aufgabe, zurück in das Vereinigte Königreich zu reisen und zu erklären, wie wichtig diese Treffen sind», sagt Britcliffe. Sie wolle andere Parlametarier überzeugen, welch bedeutende Beziehungen hier entstehen würden, und sieht ein Ende der britisch-schweizerischen Parlamentarier-Skiwoche in näherer Zukunft nicht kommen.

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