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Lüften ist Teamarbeit

Dass die Luft in Schulzimmern schlecht ist, weiss man nicht erst seit gestern. Die Corona-Pandemie hat dieser Thematik aber neuen Schub verliehen.

Andri
Dürst
17.02.22 - 17:00 Uhr
Leben & Freizeit
Gut zu sehen sind das leuchtende «Wuerfeli» und der graue Datenlogger, welcher jedoch nur für die Aufzeichnung im Rahmen der Studie benötigt wurde.
Gut zu sehen sind das leuchtende «Wuerfeli» und der graue Datenlogger, welcher jedoch nur für die Aufzeichnung im Rahmen der Studie benötigt wurde.
zVg

Seit Oktober 2021 wurden in 150 Klassenzimmern von 59 Bündner Primarschulen CO2-Messungen gemacht, unter anderem auch in Davos. Federführend war dabei ein ETH-Start-Up mit seinem Produkt «Wuerfeli». Am Donnerstag gab Laurin Schwitter – ein junger Bündner Elektroingenieur – den Lehrpersonen einen ­Einblick in die Auswertungen der EMPA-Studie. Gemessen wird die CO2-Konzentration mittels eines Messgeräts – eben dem «Wuerfeli». Angegeben wird der Wert in ppm (Parts per million). Für die Interpretation im Alltag ist jedoch die Abstufung analog zu einer Ampel in grün, orange und rot einfacher, wobei rot einer ­Verdreifachung der CO2-Konzentration entspricht. «Doch wenn das Messgerät rot angibt, wird man nicht gleich krank», relativiert Schwitter. Es gehe mehr darum, die Mechanismen zu verstehen, die beispielsweise hinter der Ausbreitung einer Grippewelle steckten. Denn vom Menschen ausgeschiedene Tröpfchen, die auch Träger von Viren sein könnten, verteilen sich ungefähr gleich schnell im Raum wie das Gas CO2. Doch abgesehen von der Krankheitsprävention gilt es auch, die Kohlenstoffdioxid-Konzentration tief zu halten. Denn: «Ab 1000 bis 1200 ppm nimmt die kognitive Leistungsfähigkeit eines Menschen ab», führt der «Wuerfeli»-Vertreter aus.

Neubauten mit Vor- und Nachteilen

Anhand eines Beispiels aus dem Schulhaus Dorf zeigte er den Wochen- respektive Tagesverlauf der Messwerte auf. Im Vergleich mit anderen Schulhäusern zeigte sich, dass das frisch sanierte Bünda-Schulhaus wegen seiner guten Isolierung vermehrtes Lüften erfordert. Ein «verselbstständigter» Luftaustausch wegen undichten Fenstern oder Ähnlichem ist hier nicht vorhanden.

Leute raus, Luft rein

Wenig Nutzen bringe das Lüften am ­frühen Morgen vor Unterrichtsbeginn, ­erklärt Schwitter. Besonders am Montag – also nach dem Wochenende – sei die Luft dann noch kaum mit CO2 belastet. Kommen dann aber die Schulkinder, geht es schnell aufwärts mit der Kohlenstoff-dioxid-Konzentration. «Zwischen 8.15 und 9 Uhr beobachteten wir eine Verdreifachung des Werts», zeigt er auf. Ein kurzes Öffnen der Fenster nützt dabei nicht viel. Wichtig wäre, einen Luftzug zu schaffen, sprich: Gibt es auf dem Schulhausgang ein weiteres Fenster zum Öffnen, sollte quer durch das Schulzimmer und den Gang gelüftet werden. Spüre man einen Luftzug, würden schon 2/3 Minuten reichen. So könnten die «Spitzen» der CO2-Konzentration gebrochen werden. Für einen vollständigen Luftaustausch gelte es aber, von den Zeiten zu profitieren, in denen sich niemand in den Klassenräumen aufhalte. Nutze man die ­Viertelstunde während der 10-Uhr-Pause optimal, könne man so sehr effizient für frische Luft sorgen. Ebenso sollten am Abend nach Schulschluss nochmals die Fenster und Türen geöffnet werden. Dabei ermunterte Schwitter die Mitarbeitenden der Schule zum Zusammenarbeiten «Seid kreativ!». Wenn alle zusammenspannen und quer durch die Etagen lüften würden, erreiche man die besten Ergebnisse. 

Was der Problematik keine Abhilfe ­schaffe, sei das Kippen von Fenstern. «Das bringt nur schon energetisch ge­sehen nichts», betont der Elektroingenieur. Er vergleicht das Ganze mit einem Becken, das voll mit Wasser sei. Dort würde man ja auch nicht nur eine kleine Luke öffnen, um es möglichst schnell zu leeren. Die Ausführungen kamen bei den teilnehmenden Lehrpersonen gut an. Im Plenum wurden noch ein paar Fragen ­gestellt, beispielsweise, ob es einen Unterschied mache, wo im Raum das Messgerät platziert werde. «Nein», ­erklärte Schwitter, «Das CO2 folgt der Diffusion und verteilt sich somit sehr schnell im Raum». 

Schule steht für besseres Klima ein

Für Hauptschulleiter Martin Flütsch sind die neusten Erkenntnisse sehr wertvoll. «Ich bin wirklich froh, dass wir die Messstudie durchführen konnten und anschliessend eine fachkundige Auswertung erhalten haben», erklärt er der DZ. Man werde nun an der nächsten Schulleiterkonferenz beraten, wie man die Handlungsempfehlungen umsetzen will. Auch die Lehrpersonen sollen mit den wichtigsten Informationen versorgt werden. Flütsch betont, dass die Thematik der Lufthygiene mit dem Ende von Corona keinesfalls vorbei sei: «Die Schule Davos möchte einen Beitrag leisten, damit die Schülerinnen und Schüler dank guter Luft bessere Lernfortschritte erzielen können». Sieben von «Wuerfeli» hergestellte Messgeräte sind derzeit in Davos in Betrieb und sollen es weiterhin bleiben, ebenso noch einige weitere Exemplare von anderen Herstellern. Ob eines Tages in allen Davoser Schulzimmer ein Messgerät installiert sein wird, kann Flütsch noch nicht sagen. «Gerade erst letzte Woche hat der Kanton mitgeteilt, dass er die Anschaffung für Messgeräte in allen Schulzimmern nicht finanzieren wird». Für die Volksschule Davos ist eine Anschaffung zusätzlicher Geräte nicht ohne, schliesslich verfügt man gemeindeweit über rund 100 Schulzimmer.

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