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Das neue Pfarr-Duo von St. Johann

Seit Juli 2020 amtet Andy Jecklin als Pfarrer in der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Davos Platz. Im November dieses Jahres ist zudem Pfarrerin Janine Schweizer neu zum Team gestossen.

Andri
Dürst
20.12.21 - 06:33 Uhr
Leben & Freizeit
Andy Jecklin und Janine Schweizer sind neu im Team der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Davos Platz.
Andy Jecklin und Janine Schweizer sind neu im Team der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Davos Platz.
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DZ: Janine Schweizer, du bist ganz neu in Davos. Wie hast du dich eingelebt?

J. Schweizer: Gut – ich fühle mich sehr wohl im Ort. Ich erhielt bereits sehr viele Einblicke, und Andy Jecklin führte mich bereits in viele Arbeitsbereiche ein mit dem Ziel, dass ich möglichst bald selbstständig arbeiten kann. Auch die Mitarbeitenden lernte ich bereits kennen sowie viele Leute aus der Gemeinde im Rahmen von Gottesdiensten oder von anderen Anlässen.

Andy Jecklin, du fühlst dich immer noch wohl in Davos?

A. Jecklin: Ja, sehr. Die letzten anderthalb Jahre waren zwar streng, da ich verschiedene Stellvertretungen im Prättigau übernahm und gleichzeitig hier am Platz 50 Prozent angestellt war. Das Pendeln mit ÖV war auch sehr zeitintensiv. Ich habe durch die verschiedenen Tätigkeiten profitiert und habe mich so kirchlich gut vernetzen können. Für mich ist es nun aber ein Glück, nur noch einen Arbeitgeber zu haben. Meine Arbeitszeit hat sich merklich entspannt, und nach der Einarbeitungszeit von Janine wird dies ab Februar noch spürbarer sein.

Somit könnt ihr als neues Team dann «durchstarten»?

A.J.: Ja, Teambildung braucht Zeit, aber wir sind auf einem guten Weg.

J..S.: Es ist natürlich auch super, wenn man so gut eingeführt wird und sich nicht alles selber erarbeiten muss.

A.J.: Allerdings befinden wir uns wegen Corona gerade an einer schwierigen Schnittstelle. Weil viele Anlässe in den letzten Monaten nicht stattfinden konnten, lernte ich einige unserer kirchlichen Angebote gar nicht selber kennen. Da braucht es eine enge Zusammenarbeit mit Arbeitsgruppen, Kirchenvorstand und der Kirchgemeinde, weil mir der Wissenstransfer sehr wichtig ist. Jetzt können wir zu zweit diesen sensiblen Übergang gestalten.

J.S.: Gleichzeitig ist es auch eine Chance, dass man neue Sachen ausprobieren kann.

Somit ist die Neubesetzung eine Gelegenheit, um alte Zöpfe abzuschneiden?

A.J.: Ja, jede Veränderung und Neubesetzung birgt ein Potenzial. Aber wichtig ist, die Kirchgemeinde zuerst einmal kennenzulernen und Bewährtes zu stützen und vor allem gemeinsam Neues als Kirche «gwundrig» und mutig zu suchen. Das braucht Zeit und viel Sensibilität.

Wie gestaltet sich eure Zusammenarbeit, respektive, wie oft müsst ihr überhaupt zusammen arbeiten?

J.S.: Bis jetzt haben wir sehr viel zusammengearbeitet – aufgrund der Einführungsphase noch mehr. Mit der Zeit könnte das etwas weniger werden. Ich denke, dass wir eine gute Zusammenarbeit finden werden, da wir beide recht klar kommunizieren. Ich fühle mich somit sehr wohl in diesem kleinen Kern-Team, mit Brigitte Gafner und Andy.

A.J.: Wir sind ein sehr vielfältiges Team, aber ganz pragmatisch denkend. Die Kommunikation ist wie so oft sehr entscheidend. So können wir trotz unterschiedlicher Ansichten auch mal etwas stehen lassen. Was die Aufgabenteilung betrifft, ist es das Ziel, dass wir unsere Profile bis nächsten Sommer herausgearbeitet haben. Das ist eine schöne Reise, auf die wir uns begeben.

J.S.: Ich bin hier auch noch an einem etwas anderen Punkt, da es meine erste Stelle als Pfarrerin ist und ich das Amt noch etwas kennenerlernen muss. In einem zweiten Schritt folgt dann das Fokussieren.

A.J.: Wir haben beide unterschiedliche Hintergründe und Kompetenzen. Das bringt eine grosse Vielfalt mit sich, und darauf freue ich mich. So kann man sich auch gegenseitig den Rücken stärken, aber vor allem auch gut ergänzen.

Viele Kirchgemeinden müssen sich mit sinkenden Besucherzahlen in den Gottesdiensten auseinandersetzen. Wie schaut das hier am Platz aus?

J.S.: Der Sonntagsgottesdienst spricht sicherlich nicht alle Leute an. Vielleicht müssen wir auch aufhören, an den Besucherzahlen am Sonntagmorgen zu messen, wie gut eine Kirche ankommt. Wenn ich sehe, wie viele Personen beim Kirchgemeindehaus ein- und ausgehen und was unsere Sozialdiakonin, das Sekretariat und viele Freiwillige auf die Beine stellen, dann merkt man, dass viel neben dem Sonntagsgottesdienst läuft.

A.J.: Was wir wohl gut machen, ist, die kirchlich traditionelle Schiene zu bedienen. Das schätzen viele Leute. Zum Thema wird aber sicher, dass wir alternative Angebote schaffen müssen, die zeitgemässer sind und jüngere Zielgruppen erschliessen.

Welche Aufgaben muss eine Pfarrperson eigentlich wahrnehmen?

J.S.: Viele Leute können sich genau das gar nicht vorstellen. Eine Freundin fragte mich mal: Bist du denn eigentlich den ganzen Tag in der Kirche oder hast du auch noch ein Büro?

A.J.: Es erstaunt mich, dass deine Generation noch solche Fragen stellt. Offenbar sind wir Pfarrpersonen zu weit weg von der Basis, den Leuten. Der Pfarrberuf ist halt nicht so klar umrissen und erkennbar wie andere. Aber es ist ein grosses Geschenk, diesen Beruf ausüben zu dürfen in Kontakt mit unterschiedlichsten Menschen.

J.S.: … und das in allen Lebenslagen! Sei es bei der Geburt eines Kindes, bei der die Eltern ihre Hoffnungen äussern. Oder eine Hochzeit, bei der das Ehepaar sagt, was sie sich gegenseitig versprechen wollen. Aber auch Beerdigungen, bei denen man Einblicke in ein vergangenes Leben erhält.

A.J.: Wichtig ist auch die Jugendarbeit, in deren Rahmen wir viele Lager anbieten. Diese sind regional veranstaltet und super besucht. Dann haben wir auch noch den Religionsunterricht bis hin zur Konfirmation. Wie schon erwähnt, sind Familien ein grosses Thema in der kirchlichen Arbeit, aber auch Trauerbegleitungen. Hinzu kommen noch Hausbesuche und Seelsorge zu den pfarramtlichen Aufgaben.

Kirche ist mehr als nur Gottesdienst.
Kirche ist mehr als nur Gottesdienst.
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Und wie verändert sich das in Zukunft?

A.J.: Wir müssen auf jeden Fall näher bei den Familien sein – dafür schlägt mein Herz. Auch müssen wir die Leute bei Alltagsfragen begleiten (Fragen zu Familie Erziehung und Partnerschaft u.s.w.), aber auch die religiösen Fragen sollen zur Sprache kommen. Bei diesen sind wir eigentlich die Spezialisten, aber nicht, weil wir alle Antworten haben, sondern weil wir sie hin zu Gott weisen und zu Glaube und Gemeinschaft einladen dürfen.

J.S.: Man muss auch offen sein, über religiöse Fragen zu reden. Viele Leute haben zwar dieses Bedürfnis, aber für einige scheint es fast ein Tabu zu sein. Viele sind dann dankbar, wenn sie mit jemandem über Religion reden können.

A.J.: Es braucht auf jeden Fall niederschwellige Angebote, die näher bei den Menschen sind. Ich erlebe seit Jahren, dass viele Menschen nicht antikirchlich eingestellt sind – sie sind auch nicht unreligiös. Wir müssen aber ohne Berührungsängste mehr auf sie zugehen, ihre religiöse Sprache lernen, ihr (Er-)Leben und Fragen ernst nehmen. Das wird uns in Zukunft sicher noch mehr herausfordern und uns als Kirche auf neue Wege führen. Denn Kirche ist und bleibt eine Weggemeinschaft, die Freude und Hoffnung teilt. Gerade Weihnachten lädt uns als Gesellschaft und Kirche jedes Jahr von Neuem dazu ein.

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