×

«Collegium 60plus»: Für ein Alter, das noch etwas vorhat

Das Projekt «Collegium 60plus» bietet pensionierten Menschen Aktivitäten zu verschiedenen Themen an.

Bündner Woche
12.11.22 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Kreativ und spirituell: In der Gruppe Meditieren – Malen – Gestalten verbringen pensionierte Menschen Zeit miteinander.
Kreativ und spirituell: In der Gruppe Meditieren – Malen – Gestalten verbringen pensionierte Menschen Zeit miteinander.
zVg

von Susanne Turra

Die Gretchenfrage gleich zu Beginn: Was leisten Seniorinnen und Senioren nach der Pensionierung noch für die Gesellschaft? Klar. Sie hüten Enkel. Sie reisen. Sie gehen mit dem Hund spazieren. Und sie machen den Garten. Das ist wundervoll und verdankenswert. Aber ist das wirklich schon alles? Wie sieht es mit dem gesellschaftlichen Engagement in Sachen Politik, Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur aus? Hier kommt «Innovage» ins Spiel. Ein gemeinnütziges Projekt, das 2006 schweizweit gegründet wurde. Mit einer klaren Idee: Einerseits suchen ältere Menschen zunehmend nach neuem Sinn in der nachberuflichen Lebensphase. Andererseits ist die Gesellschaft darauf angewiesen, von den Ressourcen dieser erfahrenen Generation zu profitieren. Gesagt, getan. Heute engagieren sich schweizweit über 160 pensionierte Führungs- und Fachkräfte honorarfrei in neun regionalen Netzwerken. Seit 2013 auch in Graubünden. Sie unterstützen gemeinnützige, nicht gewinnorientierte Projekte und Organisationen mit ihrem Erfahrungswissen.

Kompetenzen und Wissen einbringen

«In den neun Jahren seit der Gründung haben wir rund 40 gemeinnützige Projekte begleitet», betont Jakob Lerch kürzlich im Medienhaus in Chur. Der pensionierte Supervisor/Coach gehört zu den fünf Gründungsmitgliedern des Netzwerks in Graubünden. «Austausch und Weiterentwicklung. Das hat man im Berufsleben noch gehabt. Als pensionierte Person reduziert sich dieser Kreis oftmals auf Familie, Freunde und Bekannte», gibt derweil Christian Aeberli zu bedenken. Der pensionierte Pädagoge ist seit dem 1. März im Ruhestand und damit jüngstes Mitglied im Verein. Ganz wichtig bei «Innovage»: Der Verein ist beratend tätig. Die Mitglieder geben nur das Know-how weiter. Sie werden nicht operativ tätig. Die Auftraggeber müssen in der Lage sein, selber etwas zu bewegen. «Innovage» kann aber auch eigene Projekte auf die Beine stellen. «Collegium 60plus» ist eines davon. Bei diesem
Projekt geht es nicht um Beratung, sondern um gemeinsames, selbstorganisiertes Lernen. Dabei gibt es nicht einfach ein fertiges Kursprogramm. Nicht nur ein Zuhören. Nicht nur ein Konsumieren. Dies im Unterschied zu den vielen, bereits bestehenden Angeboten. «Die Teilnehmenden sollen ihre Kompetenzen und ihr Wissen einbringen können und damit die Themen mitgestalten», erklärt Jakob Lerch. «Es ist ein Produkt von über 60-Jährigen für über 60-Jährige», ergänzt Christian Aeberli. «So können wir gemeinsam Zeit sinn- und lustvoll verbringen.»

Die Idee stammt aus England. Und sie ist einfach. Eine Gruppe findet sich zusammen zu einem Thema. Darin wollen die Teilnehmenden die Thematik miteinander aufarbeiten. Und gemeinsam lernen. Unabhängig. Und unentgeltlich. Die Gruppe bestimmt Inhalt, Sequenz, Dauer und Lokalität. Sie organisiert sich selbst. Und übernimmt Verantwortung. Gleichzeitig wird jede Gruppierung von einer Moderatorin oder einem Moderator geführt und unterstützt. Diese können im Vorfeld von den Interessierten als Ansprechpersonen kontaktiert werden.

Die Gruppe organisiert sich selbst

«Das gibt ein bisschen Sicherheit und schafft Transparenz», erklärt Christian Aeberli. Es gibt keine Vorschriften. Dafür viel Autonomie und Freiheit. Und Zeit. Eine solche Offenheit ist aber nicht nur bequem. Im Gegenteil. Sie fordert heraus. Das ist erwünscht. Und letztendlich das Ziel. Die Themenliste ist offen. Und sie kann jederzeit erweitert werden. Drei Gruppen sind momentan schon am Laufen: Meditieren – Malen – Gestalten, Lesebiografien und Current British & American Culture and Politics. Für die weiteren Themen dürfen sich Interessierte gerne noch anmelden. Das gilt auch für «Innovage» selbst. Der Verein soll wachsen. Und so freuen sich die Verantwortlichen über jedes neue Mitglied.

«Einsamkeit im Alter ist ein grosses Thema», schliesst Christian Aeberli. «Die Tage sind lang. Auch wenn man noch ein bisschen etwas macht.» «Mit der Pensionierung ist es noch lange nicht vorbei», ergänzt Jakob Lerch. «Zwischen 65 und 85. Das sind 20 Jahre, in denen noch viel Leben stecken kann.» Ein Engagement im Alter hilft. Und es birgt Überraschungen. Diverse Charaktere und Kompetenzen begegnen einander. Mit verschiedenen Ansichten. Und aus unterschiedlichen Perspektiven. Das ergibt immer wieder ein anderes Bild. Eine Lebendigkeit. Für ein Alter, das noch etwas vorhat.

www.innovage.ch/netzwerk/graubuenden. Anmeldung bis 18. November 2022 bei den Moderatoren und Moderatorinnen per Mail oder bei Christian Aeberli per Telefon 079 77 88 453 oder unter coll60plusgr@innovage.ch.

Inhalt von buew logo
Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR