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Verfahren gegen Führer der SAC-Gruppe eingeleitet

Die Lawinengefahr ist in einigen Gebieten der Schweiz gross. Allein am Wochenende kamen in der Schweiz acht Menschen ums Leben. Experten beklagen vor allem den Leichtsinn von Skifahrern und Snowboardern, die sich auf Variantenabfahrten abseits der Pisten begeben.

Südostschweiz
02.02.15 - 16:54 Uhr

Bern. – Fünf Menschen starben, nachdem am Vilan bei Seewis eine Lawine eine Gruppe des SAC verschüttet hatte («suedostschweiz.ch» berichtete). Drei weitere Tote gab es im Berner Oberland und im Toggenburg.

Gegen den Führer der SAC-Gruppe wurde ein Verfahren wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung eingeleitet. Das sagte Claudio Riedi, Sprecher der Bündner Staatsanwaltschaft, am Montag zu Medienberichten.

Touren mit Einschränkungen möglich

Ueli Mosimann von der Fachgruppe Sicherheit im Bergsport des Schweizer Alpen-Clubs (SAC) sprach von einer statistisch ungewöhnlichen Häufung von Unfällen. Alle Unglücke vom Wochenende hätten sich bei der Gefahrenstufe 3 «Erheblich» ereignet, sagte er auf Anfrage.

«In dieser Situation sind Skitouren mit gewissen Einschränkungen möglich, etwa wenn man steile Hänge meidet», sagte er. Tourengänger müssten zudem die Gefahrenlage vor Ort beurteilen können, und das sei nicht immer einfach. Wegen des verspäteten Winteranfangs sei die Schneedecke vor allem im Wallis und in Graubünden schlecht aufgebaut.

Auf die Frage, ob Skifahrer abseits der Pisten leichtsinniger sind als früher, forderte Mosimann eine Differenzierung: SAC-Gruppen wie jene, die am Samstag am Vilan bei Seewis verunglückte, seien gut ausgebildet. Die SAC-Tourenleiter würden sich mit dem Einschätzen der Lage bei der Warnstufe 3 gut auskennen.

Die Zahl der Skitourengänger habe sich in den letzten 30 Jahren vervierfacht, fuhr Mosimann fort. Die Zahl der tödlichen Lawinenunglücke sei dagegen in etwa stabil geblieben. «Man kann also nicht bestätigen, dass die Menschen unvorsichtiger sind.» Für den SAC gebe es keinen Grund, die Direktiven für Skitouren anzupassen.

«Völlig unvorbereitet»

Anders beurteilt Mosimann das Vorgehen von Freeridern. «Sie fahren mit einer Bahn hinauf in hochalpines Gelände und dann völlig ohne Vorbereitung, ohne den Hang beim Aufstieg beurteilt zu haben, wieder hinunter.»

Lawinenexperte Werner Munter ist nicht erstaunt über die Opferbilanz des Wochenendes, wie er der Zeitung «Le Matin» in einem Interview sagte. Skifahrer würden in Unkenntnis der Lawinensituation zu hohe Risiken eingehen. Und gerade in der «Generation Selfie» sei die Einstellung verbreitet, immer alles zu wollen, sofort.

Hilfsmittel wie Lawinenverschüttetensuchgeräte (LVS) oder Airbags vermittelten Skifahrern den Eindruck des «Null-Risikos». Heutige Skimodelle erlaubten auch weniger Geübten Abfahrten, die früher nur ausgezeichnete Techniker gemeistert hätten. Er plädiert deshalb für mehr Prävention. Denn: «Der Schnee macht gewisse Skifahrer verrückt.»

Im laufenden Winter sind bisher 18 Menschen ums Leben gekommen, davon acht bei vier Unfällen am Samstag. Sieben der insgesamt 18 Getöteten verunglückten auf einer Variantenabfahrt, wie der Statistik des WSL-Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) zu entnehmen ist. (sda)

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