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Ein Paradebeispiel des Synergiennutzens

Dass Kirche und Gesellschaft Hand in Hand gehen können, das zeigt die nachfolgende Geschichte gut auf. Die Freie evangelische Gemeinde Davos (FEG) vermietet jeweils während des WEF ihre Englische Kirche. Doch dabei stehen keineswegs finanzielle Anreize im Vordergrund.

Andri
Dürst
24.05.22 - 10:00 Uhr
Wirtschaft
Die Kirche wird während des WEF aufgrund ihrer speziellen Atmosphäre sehr geschätzt.
Die Kirche wird während des WEF aufgrund ihrer speziellen Atmosphäre sehr geschätzt.
zVg

Wie an so manchen Orten entlang der Promenade gingen in den letzten Tagen auch bei der Englischen Kirche Handwerker ein und aus. Doch ein Blick hinter die Kulissen zeigt: Dies ist eine besondere Baustelle. Denn es handelt sich hierbei um einen sakralen Raum. Dies soll auch während des WEF sichtbar bleiben – so, wie es in den letzten Jahren auch stets war. Ein Medienkonzern zieht auch dieses Jahr ins Gotteshaus ein. Im Chorraum entsteht dabei ein Podium, während im Kirchenschiff je nach Bedarf eine klassische Bestuhlung oder Lounge-Ecken Einzug halten. Im hinteren Teil werden eine Cafeteria und Technikräume Platz finden. «Die Kirche bietet eine spezielle Atmosphäre und wird darum während des WEF sehr geschätzt», erklärt FEG-Pfarrer Marc Schmed im Gespräch mit der DZ.

Marc Schmed verfolgt die Bauarbeiten in der Englischen Kirche ganz genau.
Marc Schmed verfolgt die Bauarbeiten in der Englischen Kirche ganz genau.
ad

Keine Widersprüche

Das WEF – das ja oft von KapitalismusKritikern angefeindet wird – und eine Kirche: Geht das zusammen? Ja, findet Schmed. «Es entstehen ja jedes Jahr sehr viele provisorische Bauten während des Jahrestreffens. Das ist aus unserer Sicht nicht immer nachhaltig. So bieten wir lieber unsere Kirche an, damit auch diese sinnvoll genutzt werden kann». Was das Finanzielle anbelangt, so würden die Mieteinnahmen der FEG zwar «ein bisschen helfen», aber das grosse Geschäft mache man nicht. «Wir hätten auch Angebote, die höher sind», sagt Schmed. Aber mit dem jetzigen Mieter sei man sehr zufrieden, und man wisse, dass alles funktioniere. Konkret handle es sich beim Mieter um einen Anbieter, der Firmen im Finanzbereich zusammenbringt. Auch dies beurteilt der Pfarrer ganz unverkrampft. «Kirche und Gesellschaft, das kann durchaus Hand in Hand gehen.»

Mit «doppeltem Boden»

Doch zurück zum Umbau. Damit der Kirchenraum überhaupt multifunktional genutzt werden kann, wird über den Kirchenbänken in rund 1.5 Meter Höhe ein Boden eingezogen. Beim Eingang in die Kirche muss man darum eine kleine Treppe hinaufgehen. «Dass dieser Boden jeweils nur für drei oder vier Tage eingebaut wird, erachteten wir als nicht mehr sinnvoll», meint Schmed. Darum entstand die Idee, den Boden das ganze Jahr über stehen zu lassen und so Synergien mit dem WEF-Umbau zu nutzen. «Heute sind andere Formen des Gottesdienstes wichtig geworden, für die es auch entsprechende Räume braucht. Wichtig sei nicht nur die Predigt, sondern auch das ‹Danach›», so der Pfarrer. Bereits in den letzten Monaten konnte die FEG ihre Kirche in der «modernisierten» Version nutzen. Nicht nur dem Prediger, auch den Gottesdienstteilnehmenden habe diese neue Einrichtung gefallen. Das Ziel sei nun, dass im Anschluss an das WEF 2023 eine definitive Lösung angesteuert werden kann.

Denkmalpflege bietet Hand

Ein Wörtchen mitzureden hat dabei aber auch die Denkmalpflege. Denn bei der 1882/83 erbauten Englischen Kirche handelt es sich um eine geschützte Baute. Die FEG habe die Denkmalpfleger von Beginn weg in ihre Überlegungen miteinbezogen und sei durchaus auf Wohlwollen gestossen. «Wir konnten ihnen vermitteln, dass wir uns als Kirche ja auch bewegen wollen und die Leute dort abholen, wo sie sind. Somit müssen wir nicht nur thematisch, sondern auch räumlich mit der Zeit gehen», erläutert Schmed. Im Sommer stehe dann ein nächstes Treffen an. Im Rahmen der Verhandlungen soll auch abgeklärt werden, welche Lösung angestrebt werden soll: das Beibehalten des jetzigen Zwischenbodens oder das Entfernen der Kirchenbänke. Derzeit scheint sich Variante 1 durchzusetzen, denn so könnten unter den Dielen die Kirchenbänke erhalten werden, und sie sind somit nicht «verloren». Und auch für die Rollstuhlgängigkeit des Gotteshauses würde sich eine Lösung finden lassen, ist sich Schmed sicher. Auf jeden Fall freue er sich auch dieses Jahr wieder auf das WEF. Denn auch in Zukunft sollen weitere Synergien genutzt werden können.

Nicht nur thematisch, sondern auch räumlich mit der Zeit gehen: Dies ist das Ziel der FEG. Im Bild ein Jugendgottesdienst zum Thema «Beziehungen».
Nicht nur thematisch, sondern auch räumlich mit der Zeit gehen: Dies ist das Ziel der FEG. Im Bild ein Jugendgottesdienst zum Thema «Beziehungen».
zVg
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