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ETH-Fitness-Spiel stärkt Körper und Geist bei Alzheimer und Demenz

Dass Kognitiv-motorisches Training Demenzkranken körperlich und geistig hilft, wurde schon lange vermutet. Doch Gebrechliche sind schwer für Sport zu motivieren. Ein ETH-Spin-Off hat deshalb ein spezielles Fitnessgerät entwickelt. Eine Studie beweist die Wirksamkeit.

Agentur
sda
09.04.21 - 14:12 Uhr
Wirtschaft
Auf dieser Plattform müssen mit den Füssen Bewegungen nachvollzogen werden, die ein Computerprogramm auf einem Bildschirm vorgibt. In einer Studie mit Demenzkranken wurde bewiesen, dass das Spiel körperliche und geistige Fähigkeiten auch von stark…
Auf dieser Plattform müssen mit den Füssen Bewegungen nachvollzogen werden, die ein Computerprogramm auf einem Bildschirm vorgibt. In einer Studie mit Demenzkranken wurde bewiesen, dass das Spiel körperliche und geistige Fähigkeiten auch von stark…
Dividat

Laborstudien zur Wirksamkeit von Exergames - Turnspiele auf Plattformen mit Bildschirmunterstützung - gibt es bereits einige. Die ETH Zürich hat aber nun nach eigenen Angaben erstmals mit einer klinischen Studie bewiesen, dass kognitiv-motorisches Training sowohl die geistigen als auch die physischen Fähigkeiten von stark beeinträchtigten Demenzpatienten und -patientinnen verbessert.

Auf der Trainingsplattform Senso versuchen Betroffene eine am Bildschirm vorgegebene Bewegungsabfolge mit ihren Füssen nachzuvollziehen. Erste Resultate zeigen, dass das Training tatsächlich kognitive Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Konzentration, Erinnerung oder Orientierung stärkt. Ganz besonders wertvoll ist auch die erzielte Verbesserung der Reaktionszeit, denn das verhindert Stürze - auch bei gesunden Seniorinnen und Senioren eine der grössten Gefahren.

Für die Studie rekrutierte ein internationales Team rund um Nathalie Swinnen, die an der Katholieke Universiteit Leuven doktoriert und von ETH-​Forscher Eling de Bruin betreut wird, 45 Probandinnen und Probanden. Diese leben in zwei belgischen Pflegeheimen, waren zum Zeitpunkt der Erhebung im Durchschnitt 85 Jahre alt und wiesen alle starke Demenzsymptome auf.

1:0 im Spiel Hupfdohlen gegen Zuhörer

«Die Teilnehmenden wurden mittels Zufallsverfahren in zwei Gruppen aufgeteilt», wird de Bruin in einer Mitteilung der ETH vom Freitag zitiert. «Die erste Gruppe trainierte über einen Zeitraum von acht Wochen drei Mal die Woche jeweils 15 Minuten mit dem Dividat Senso, während die zweite Gruppe Musikvideos ihrer Wahl hörte und schaute.» Nach dem achtwöchigen Trainingsprogramm wurde bei allen Probanden die physische, kognitive und mentale Leistungsfähigkeit im Vergleich zum Studienanfang gemessen.

Während die Fitnessspiel-Gruppe sowohl körperlich wie geistig messbare Fortschritte zeigte, verschlechterten sich die Fähigkeiten der Musikhörer. «Es besteht erstmals die Hoffnung, dass wir durch gezieltes Spielen Demenzsymptome nicht nur verzögern, sondern auch abschwächen können», betont de Bruin.

In der Schweiz allein leiden rund 150’000 Menschen an Demenz und jedes Jahr kommen über 30’000 Neuerkrankungen hinzu. Demenz und Alzheimer - die häufigste unter mehreren Demenzformen - sind weiterhin nicht heilbar.

doi: 10.1186/s13195-​021-00806-7

Video: https://youtu.be/DP2ZtiYQ2BA

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Es wird viel ausprobiert, und seit Jahren gibt es immer wieder Hoffnung auf neue Erkenntnisse. Es bleibt abzuwarten, was davon sich wirklich auf Dauer bewährt. Ich habe die vielen Jahre, in denen mein Mann nun an Alzheimer erkrankt ist, in einem Blog beschrieben. Er handelt von Veränderung, von Verzweiflung und Hader, aber auch von Nähe und dem Erkennen, dass die Krise, in die wir gestürzt wurden, uns auf einen Weg bringt, den wir als wahr empfinden. Die Erfahrung von Demenz kann mehr sein als nur ein Schicksalsschlag, und von daher, gibt es eine Hoffnung innerhalb dieser katastrophalen Veränderung.
Das klingt jetzt vielleicht verrückt, vor allem im Hinblick auf den Erkrankten selbst. Was soll ihm diese Krankheit noch bringen, da er ja ’seinen Verstand verliert‘? – Aber die Erfahrung und vor allem unsere Gespräche zeigten, dass er in sich etwas gefunden hat, das über den Verstand hinausgeht, und das mehr ist, als das, was sein Selbst vor der Krankheit war. Falls Sie Interesse und Lust haben: meine Seite heisst
fragenzumleben.com
Mit herzlichen Grüssen
I. Fonés

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