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Simply the Best: Tina Turner schuf sich Platz in der Musikgeschichte

Die Welt trauert um Tina Turner. Die Rock-Ikone ist mit 83 Jahren gestorben.

Agentur
sda
25.05.23 - 06:52 Uhr
Stars & Sternli

Tina Turner ist am Mittwoch nach langer Krankheit in ihrem Haus in Küsnacht nahe Zürich gestorben, wie ein Sprecher am Abend mitteilte. Ihr langjähriger Manager, Roger Davies, würdigte die Rocklegende als «einzigartige und bemerkenswerte Kraft der Natur mit ihrer Stärke, unglaublichen Energie und ihrem immensen Talent». Es sei ein «Privileg und eine Ehre» gewesen, sie als enger Freund und Manager mehr als 30 Jahre begleitet zu haben.

Löwenmähne und Netzstrümpfe, High Heels und der wohl kürzeste Lederrock der Musikgeschichte: Wenn Tina Turner in diesem Outfit und mit einzigartiger Stimme «The Best» oder «Private Dancer» anstimmte, lagen ihr die Fans zu Füssen - auch viele Frauen, weil Turner aus den Trümmern einer gewaltreichen Ehe als starke Frau hervorgegangen war. Ihre Abschiedswelttournee im Alter von 70 Jahren sahen 2008 und 2009 mehr als eine Million Besucher.

Tina Turner blieb auch nach ihrer aktiven Zeit als Ikone unvergessen: Im Dezember 2021 verlieh die Universität Bern der Wahlschweizerin eine Ehrendoktorwürde für ihr «einzigartiges musikalisch-künstlerisches Lebenswerk». Jetzt ist die Rocklegende im Alter von 83 Jahren in der Schweiz gestorben.

Vor dem Sterben hatte die Buddhistin nach eigenen Worten keine Angst. «Ich bin bereit, wenn die Tür sich öffnet», sagte sie im Oktober 2018 der «Zeit». Turner hatte etwa Darmkrebs und ein Nierenversagen. Ihr deutscher Mann Erwin Bach spendete ihr 2017 eine Niere.

Viel erlebt, viel durchlebt

Sie hat traumatische Erlebnisse verarbeitet, neben dem Missbrauch durch ihren Ex-Mann Ike Turner auch eine Mutter, die sie in Stich liess und erst wiederkam, als die Tochter berühmt war. Erst später wurde alles besser, wie ein Dokumentarfilm über ihr Leben 2021 zeigte. In einer Videobotschaft an Fans zu ihrem 80. Geburtstag 2019 zeigte Turner sich vergnügt: «Ich sehe wunderbar aus. Ich freue mich, eine 80-jährige Frau zu sein.»

Musikalisch thront die Sängerin im Olymp der Rockgeschichte neben Ikonen wie Keith Richards und Mick Jagger. Ihre rauchige Soul-Stimme war einzigartig. Das Musikmagazin «Rolling Stone» rühmte sie als «eine der grössten Stimmen aller Zeiten».

Tina Turner, mit bürgerlichem Namen Anna Mae Bullock, wuchs im Südstaatennest Nutbush in Tennessee in einer Baumwollpflücker-Familie auf. Als Kind sang sie im Gospelchor, ehe der acht Jahre ältere Gitarrist Ike Turner sie entdeckte. Er formte die Band «Ike and Tina Turner Revue». Mit ihrer ersten Single «Fool in Love» stürmten sie 1960 die Hitparaden. 1962 heirateten sie. Es folgten Hits wie «River Deep - Mountain High» und «Nutbush City Limits». 1969 schafften sie als Akt im Vorprogramm der Rolling Stones den Durchbruch.

Steiler Karrierebeginn

Wie sich herausstellte, war Ike ein brutaler Ehemann. Turner kam aber nicht los von ihm und schaffte es erst 1976, aus einem Hotel zu fliehen. Um die Scheidung schnell hinter sich zu bringen, gab sie alle finanziellen Ansprüche auf. Ende der Achtzigerjahre resümierte sie nüchtern: «Es war kein gutes Leben», wie in dem Dokumentarfilm von 2021 zu sehen ist. Da hatten ihre besten Jahre aber gerade erst begonnen, mit der Solo-Weltkarriere und der Liebe zu Erwin Bach.

Tina Turner startete mit fast 40, nur mit ein paar Cents in der Tasche und als alleinerziehende Mutter zweier Söhne, erneut durch. Sie sang und tanzte zuerst in Clubs und Hotels. Sie habe geputzt, wo sie unterkam, sagte sie: «Lieber jemand anderes Putzfrau als Ike Turners Ehefrau!» Und dann kam 1984. Mit 45 schaffte sie den Durchbruch mit ihrem Album «Private Dancer». Sie gewann vier Grammys. Der Hit «What's Love Got To Do With It?» klang wie ein selbstironischer, aber auch bitterer Rückblick auf die Ehe mit Ike.

Fortan füllte die Sängerin die grössten Säle und Stadien der Welt. Als sie in Rio de Janeiro 1988 vor mehr als 180 000 Zuschauern sang, kam sie mit dem Riesenpublikum ins Guinness-Buch der Rekorde. Auch für Zehntausende Fans in Deutschland wurden Konzerte zu unvergesslichen Erlebnissen, zuletzt 2009 in Köln, Berlin, Hamburg und München.

Zeit in der Schweiz

Im selben Jahr zog sie sich aus dem Showgeschäft zurück. Ohne es je zu bereuen, wie sie stets versicherte. «Ich war so viel unterwegs, eine Frau vermisst es, wenn sie Zuhause nicht rumwuseln kann», meinte sie 2017 in einer britischen Talkshow zur Premiere eines Musicals über ihre Lebensgeschichte, «Tina - Das Tina Turner Musical». 78 Jahre alt war sie da, und liess sich vom Moderator noch einmal zu einem ihrer heissen Hüftschwung hinreissen. Und die Löwenmähne? Alles fake, wie sie freimütig einräumte. Sie ziehe Perücken an wie andere Menschen Kleider.

Wenn andere sie ohne ihre Zustimmung nachzuahmen versuchten, wurde Turner grantig. In Deutschland kämpfte sie bis vor dem Bundesgerichtshof gegen das Plakat für eine Show mit Tina-Turner-Liedern, weil eine Doppelgängerin darauf ihr so täuschend ähnlich sah. Man könne den falschen Eindruck haben, sie sei selbst auf dem Plakat abgebildet und folglich an der Show beteiligt, argumentierte sie. Und unterlag: Die Darstellung auf dem Plakat sei von der Kunstfreiheit gedeckt, urteilte das Gericht im Februar 2022.

Turner und Bach waren seit Mitte der Achtzigerjahre ein Paar. Zehn Jahre später zogen sie nach Küsnacht am Zürichsee in der Schweiz. Ihr mehr als 5000 Quadratmeter grosses Anwesen am See benannte sie nach ihren indianischen Vorfahren «Algonquin». Turner nahm später auch die Schweizer Staatsbürgerschaft an. Bachs Heiratsanträge wies sie jahrelang zurück, bis sie 2013 endlich Ja sagte - da war Turner 73, er 57. Er nannte sie «Schatzi», wie er der «New York Times» 2019 verriet. In dem Dokumentarfilm erzählte er liebevoll von einer auch nach mehr als 30 gemeinsamen Jahren noch knisternden Beziehung.

Turners Sohn Craig aus einer Teenager-Beziehung starb 2018 im Alter von 59 Jahren durch Suizid. Auch ihr zweiter leiblicher Sohn aus der Ehe mit Ike Turner, Ronnie Turner, starb 2022 mit 62 Jahren. Die Sängerin hatte zusätzlich zwei Jungen adoptiert, die Ike mit in die Ehe gebracht hatte.

Die Welt trauert

Der Tod der Rock-Legende Tina Turner hat weltweit Betroffenheit ausgelöst. Stars aus der Film- und Musikbranche wie Mick Jagger, Diana Ross und Angela Bassett reagierten mit Trauerbekundungen und Würdigungen. «Die Königin, Legende, Ikone», schrieb Model und Schauspielerin Naomi Campbell (53) auf der Instagram-Seite der Verstorbenen. Es werde nie wieder so jemanden wie Turner geben. Die «Queen of Rock 'n' Roll» wurde 83 Jahre alt.

Der britische Rockstar Mick Jagger zeigte sich zutiefst traurig über den Tod seiner «wundervollen Freundin». «Sie war inspirierend, warm, lustig und grosszügig», schrieb der 79-jährige Frontmann der Rolling Stones auf Instagram. «Sie hat mir so viel geholfen, als ich jung war, und ich werde sie nie vergessen.» US-Popstar Mariah Carey (54) würdigte die Verstorbene als «Inspiration für Frauen überall». Begriffe wie «Legendär, Ikonisch, Diva und Superstar» würden generell zu häufig verwendet, aber auf Turner treffe das alles zu.

«Was für eine Frau, was für ein Leben, was für eine Kämpferin», schrieb Alicia Keys (42) bei Instagram. Turners Songs hätten ihr und so vielen anderen Künstlerinnen Mut gemacht. Aus tiefstem Herzen bedanke sie sich bei ihrer «wunderschönen grossen Schwester».

US-Präsident Joe Biden (80) erinnerte in einer Würdigung daran, dass Turner im ländlichen US-Staat Tennessee aufwuchs und als Kind im Kirchenchor sang. Die zwölffache Grammy-Preisträgerin habe in ihrem Leben Widrigkeiten überwunden und beachtliche persönliche Stärke gezeigt.

Auch Moderator Thomas Gottschalk würdigte Turner. «Sie war eine Powerfrau ... Eine der ersten und eine der letzten!», schrieb der 73-Jährige bei Instagram. Turner war einst auch zu Gast bei Gottschalks ZDF-Show «Wetten, dass..?». Unvergessen ist der Auftritt, als der Weltstar 1996 nach einer Wette mit dem Moderator einen Wiener Walzer tanzte.

Fans in aller Welt nahmen Anteil. Vor dem Haus der Sängerin in Küsnacht nahe Zürich wurden am Mittwochabend Kerzen und Blumen abgelegt. Auch die Sternenplakette der Rock-Legende auf Hollywoods «Walk of Fame» wurde mit Blumen geschmückt. Im August 1986 war Turner dort mit einer Plakette verewigt worden. In den Gängen der New Yorker U-Bahn stimmten mehrere Sänger die Hits der Künstlerin an, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtete.

Turner versetzte mit ihrer gewaltigen Stimme, gewagten Kostümen und überschäumender Energie vor allem in den Achtziger- und Neunzigerjhren ein Millionenpublikum in Ekstase. Nach einer Abschiedstournee 2009 zog sie sich im Alter von 70 Jahren ins Privatleben zurück. Mit ihrem 16 Jahre jüngeren deutschen Partner Erwin Bach lebte sie seit den 90er Jahren am Zürichsee in der Schweiz. Dort feierten die beiden 2013 ein rauschendes Hochzeitsfest. Turner nahm später sogar die Schweizer Staatsbürgerschaft an.

An ihrem 80. Geburtstag im November 2019 wandte sich Turner mit einem kurzen Video an ihre Fans. «Ich sehe grossartig aus, ich fühle mich gut», sagte sie damals lachend in die Kamera. Sie habe einige sehr ernste Erkrankungen hinter sich, das sei nun wie eine zweite Chance im Leben.

Turner kämpfte gegen Darmkrebs und Nierenversagen. Ihr Mann spendete ihr 2017 eine seiner Nieren. In der Autobiografie «My Love Story» berichtete sie 2019 über viele schmerzhafte Erfahrungen im Leben. Bach sei ihr Retter und die grösste Liebe ihres Lebens geworden. Turner hatte zwei leibliche Söhne, die - im Alter von 59 und 62 Jahren - vor ihr starben.

Die Sängerin wurde in den 60er und 70er Jahren im Duo mit ihrem damaligen Ehemann Ike Turner bekannt. Hits wie «River Deep - Mountain High» und «Nutbush City Limits» stürmten die Charts in vielen Ländern. Wie Turner erst viel später enthüllte, war die Ehe aber eine Tortur für sie. Ike schlug und drangsalierte sie.

Diese düsterne Seite zeigte auch die Filmbiografie «Tina - What's Love Got To Do With It?» (1994), mit Angela Bassett in der Oscar-nominierten Hauptrolle. Bassett (64) würdigte am Mittwoch die Stärke und den Mut der verstorbenen Sängerin. Turner habe in ihrem Leben Schmerzen und Traumata erfahren und den Mut gehabt, ihre Geschichte zu erzählen, ihren Weg zu gehen und anderen zu zeigen, wie eine Zukunft voller Liebe, Mitgefühl und Freiheit aussehen solle. Es sei eine Ehre gewesen, Turner zu kennen und sie im Film zu spielen, sagte die Schauspielerin dem Branchenblatt «Hollywood Reporter». Laurence Fishburne verkörperte in dem Film Ehemann Ike Turner, von dem sich die Sängerin 1976 getrennt hatte.

Mit 45 Jahren strahlte Tina Turner dann wieder im Scheinwerferlicht: Das Album «Private Dancer» wurde 1984 ihr Solo-Durchbruch. Fortan füllte sie in aller Welt Stadien und Konzertsäle. Zahlreiche Hits überdauern bis heute: «What's Love Got To Do With It?», «Proud Mary», «We Don't Need Another Hero» und «Be Tender with Me Baby» sind nur einige davon.

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