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Viele Wege führen zum WM-Slalom in Cortina

Ramon Zenhäusern, Loïc Meillard, Luca Aerni und Daniel Yule rechnen sich am Schlusstag der WM im Slalom Chancen auf eine Medaille aus. Ihre Wege nach Cortina verlaufen unterschiedlich.

Agentur
sda
21.02.21 - 04:30 Uhr
Ski alpin

Vier Athleten, vier Wege. Das Schweizer Slalom-Quartett von Cortina unter der Lupe:

Ramon Zenhäusern

Zenhäusern ist als Leader des Schweizer Slalom-Teams an die WM angereist. Der 28-jährige Walliser ist unter den hiesigen Stangenkünstlern der Athlet, dessen Leistung sich in dieser Saison am besten mit jener der Vorsaison deckt. Er gewann im Dezember in Alta Badia den ersten Weltcup-Slalom des Winters, hing in den folgenden sechs Slalom etwas durch und meldete sich in Chamonix mit zwei 2. Plätzen rechtzeitig zurück im Kreis der Podestfahrer.

Sein Selbstvertrauen ist so gross wie die Gelassenheit. Aus Cortina vermeldet er nach seiner Ankunft: «Ich komme mittlerweile mit allen Bedingungen zurecht und trainiere hier nicht mehr gross. So bin ich für das Rennen richtig 'giggerig'.»

Weiterer Medaillen- und Goldchancen ist der baumlange Athlet in Cortina beraubt worden, weil die Formate in den Parallelrennen zu seinen Ungunsten angepasst wurden. Zenhäusern war ein Erfolgsgarant in den Team-Wettkämpfen der letzten WM und der Olympischen Spiele 2018. Die Tore hatten da noch kürzere Abstände, er mit seiner Körpergrösse einen Vorteil bei der Doppelblock-Technik.

Zenhäusern verschmerzt es locker, dass er sich nun wieder auf den Slalom konzentrieren konnte. «Eigentlich regte ich mich immer über die Parallelrennen auf», sagte er auch nach Olympia-Gold mit dem Team.

Daniel Yule

Yule war in den letzten Jahren die vielleicht treibendste Kraft hinter dem Schweizer Slalom-Aufschwung, der in der Vorsaison seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Er war es auch, der Ende 2018 mit dem Sieg in Madonna di Campiglio die elfjährige Schweizer Durststrecke in jener Disziplin beendete, in der die Athleten von Swiss-Ski über die Jahre traditionell am wenigsten geglänzt hatten.

28-jährig ist Yule, und mit vier Weltcup-Siegen ist er der erfolgreichste Schweizer Slalomfahrer. Er ist hochintelligent, schloss parallel zu seiner erfolgreichen Rennfahrer-Karriere 2019 an einer britischen Fernuniversität ein Wirtschaftsstudium ab und übernahm 2019 den Job des Athletensprechers bei der FIS.

Der zuletzt öfter aufreibende Dialog mit dem Weltverband zur Interessensvertretung der Athleten ist wohl mit ein Grund dafür, dass es beim Mann aus dem abgelegenen Walliser Seitental Val Ferret in den letzten Monaten harzte. Oft begannen Yules Tage aufgrund dieser Tätigkeit bereits um 5.00 Uhr in der Früh.

Zweimal war Yule im aktuellen Weltcup Siebter, einmal Zehnter. Sein Leistungsausweis vor der WM hob sich damit nicht von dem von Tanguy Nef und Sandro Simonet ab. Er erhielt den Vorzug bei der Selektion primär dank den Erfolgen in der letzten Saison.

Denkt der Denker zu viel? Nach dieser Saison schenkt Yule der Regeneration und dem Privatleben wieder mehr Raum. Er tritt im März als Athletensprecher zurück. Vor dem WM-Rennen sagt er: «Ich bin dankbar, hier zu sein, und fühle mich privilegiert, dass die Trainer mir Vertrauen. Wir waren sechs für vier Plätze.»

Luca Aerni

2017 wurde Luca Aerni in St. Moritz sensationell Weltmeister in der Kombination, knapp vor Marcel Hirscher und Mauro Caviezel. Zehn Monate später fuhr er im Weltcup im Slalom zum ersten und einzigen Mal auf das Podest. Danach wurden verpasste zweite Läufe und Ausfälle zur Gewohnheit und verkomplizierten die schlechter werdenden Startnummern alles.

Die besten Resultate fuhr Aerni über eine längere Zeit in Parallelrennen und City Events ein - wenig befriedigend für einen, dessen Slalom-Qualitäten mehr versprachen. Rechtzeitig vor der WM kriegte der 27-jährige Berner die Kurve. Mit Rang 4 in Chamonix sowie den Plätzen 8 und 6 in Flachau (mit den Startnummern 43 und 27) sicherte er sich gerade noch einen Startplatz für den Slalom in Cortina. «Langsam bin ich wieder da, wo ich sein will», sagt er.

Einer der Gründe für den erfolgreichen Turnaround ist ein mutiger Markenwechsel beim Ski-Material vor dem WM-Winter. Aerni bezeichnet ihn als geglückten Neustart und sagt: «Der Ski macht viel aus. Er erlaubt es mir, wieder mit ihm zu spielen.» Seine WM lancierte Aerni vor fünf Tagen mit der Kombination. Nach Zwischenrang 7 im Super-G schied er im Slalom aus.

Loïc Meillard

Im Gegensatz zu seinen Slalom-Teamkollegen ist Loïc Meillard schon voll im WM-Flow. Nach dem Ausfall im Super-G holte er Bronze in der Kombination und im Parallelrennen. Im Riesenslalom, seinem vierten von fünf WM-Rennen in zehn Tagen, wurde er Fünfter.

Meillard erfreut sich einer starken Form. Überraschend sind die überzeugenden Auftritte des Neuenburgers in Cortina nicht. Der 24-jährige Allrounder, der selten einmal zu viel riskiert, entwickelte sich seit seinem Weltcup-Debüt vor sechs Jahren zum vielseitigsten Fahrer nach Alexis Pinturault.

Seit 2018 gehört Meillard im Riesenslalom und im Slalom zu den Podestfahrern. Bald darauf reüssierte er auch in der Kombination und in Parallelrennen. Die kleine Kristallkugel für den Gewinn des aus zwei Rennen bestehenden Parallelweltcups in der Vorsaison ist eine Randnotiz.

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