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Vor genau zehn Jahren machte sich Niederreiter auf, Geschichte zu schreiben

Vor genau zehn Jahren ist Nino Niederreiter im NHL-Draft als Nummer 5 und bis dato höchster Schweizer gezogen worden. Ein Blick zurück auf den historischen Moment in Los Angeles und eine Dekade in der NHL.

25.06.20 - 04:30 Uhr
Eishockey

Der 25. Juni 2010 ist nicht als besonders ruhmreicher Tag in die Geschichte des Schweizer Sports eingegangen. Die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft spielte an diesem Tag an der WM im südafrikanischen Bloemfontein 0:0 gegen Aussenseiter Honduras. Das Unentschieden besiegelte das Vorrunden-Aus des Teams von Trainer Ottmar Hitzfeld.

Von der Enttäuschung der «Nati» dürfte Nino Niederreiter an diesem Tag nicht viel mitgekriegt haben. Der damals 17-Jährige befand sich am ganz anderen Ende der Gefühls-Skala, wurde er doch im NHL-Draft in Los Angeles als Nummer 5 von den New York Islanders gezogen. Es ist ein Ereignis, das damals wie heute gar nicht hoch genug einzuschätzen ist. Nicht nur war zuvor nie ein Schweizer Junior von der besten Eishockeyliga der Wert derart hoch eingestuft worden. Auch machten die Islanders den jungen Bündner zum besten Europäer seines Jahrgangs. Auf den Plätzen 1 bis 4 wurden ausnahmslos Kanadier gezogen.

Als 16-Jähriger in der National League

Dass Niederreiter den bis dato am höchsten gedrafteten Schweizer Michel Riesen überflügeln würde, der 1997 von den Edmonton Oilers an 14. Stelle gezogen worden war, hatte sich in den Wochen und Monaten zuvor abgezeichnet. In fast allen Vorhersagen der Experten figurierte der Churer zwischen den Positionen 6 und 15. Am Ende wurde es mit Position 5 eine Marke, die bis zum Nummer-1-Pick Nico Hischiers sieben Jahre später als Schweizer Rekord Bestand hatte. Bis heute ist Niederreiter einer von insgesamt nur acht in der Schweiz aufgewachsenen Spieler, die im NHL-Draft in der ersten Runde gezogen wurden.

Früh galt Niederreiter als eines der grössten Talente des Schweizer Eishockeys. 2006 aus dem Nachwuchs des EHC Chur zum HC Davos gewechselt, dominierte er mit seiner wuchtigen Spielweise die Juniorenligen. In den Playoffs 2009 wurde er von Arno Del Curto als 16-Jähriger für drei Spiele ins Fanionteam berufen. Prompt trug sich der Flügelstürmer als Assistgeber in die Skorerliste ein. Im Sommer folgte der Wechsel in die nordamerikanische Juniorenliga zu den Portland Winterhawks, wo er sich in den Draft-Prognosen mit einer bärenstarken Saison in den Vordergrund zu spielen vermochte. In 65 Spielen für die Winterhawks sammelte Niederreiter 60 Skorerpunkte (36 Tore/24 Assists). Noch besser lief es dem Bündner dann in den Playoffs, in denen er sich in 13 Spielen 16 Skorerpunkte (8 Tore/8 Asssists) gutschreiben liess.

Bei den Islanders nur in einer Nebenrolle

Mit dem Draft, den der 17-jährige Nino mit seinen Eltern Ruth und René sowie Agent André Rufener im Staples Center von Los Angeles vor 10'000 Zuschauern erlebte, war ein erster Schritt Richtung angestrebter NHL-Karriere getan. Doch die Ausgangslage war zu diesem Zeitpunkt keine einfache für den jungen Schweizer. Mit Mark Streit, der bei den Islanders Captain war, sowie Luca Sbisa und Yannick Weber spielten in der Saison 2010/11 nur drei Schweizer in der NHL. Noch nie konnte sich ein Schweizer Stürmer in der besten Liga der Welt einen Stammplatz erobern.

Dank des frühen Drafts durfte Niederreiter zwar damit rechnen, von den Islanders eine Chance in der NHL zu erhalten. Doch selbst Nummer-1-Picks haben es teilweise schwer, sich in der ersten Saison im Erwachsenen-Hockey einen NHL-Stammplatz zu ergattern. In seiner ersten Saison nach dem Draft kam Niederreiter zu seinen ersten neun NHL-Spielen. In der zweiten Saison waren es 55, wobei Niederreiter im New Yorker Team nur eine Nebenrolle zugeteilt bekam. Die dritte Saison verbrachte er komplett in der AHL bei den Bridgeport Sound Tigers. Niederreiters Karriere in der NHL stand auf Messers Schneide.

Daran, Geschichte zu schreiben

Die Wende brachte der Transfer zu den Minnesota Wild, die in Niederreiter den Power-Forward mit dem Näschen fürs Toreschiessen sahen, den er auch tatsächlich sein kann. In den ersten vier Spielzeiten mit den Wild spielte Niederreiter 325 von möglichen 328 Matches. Seine Skorerwerte vermochte er kontinuierlich von 36 Punkten (2013/14) auf 57 Punkte (2016/17) zu steigern.

Niederreiter löste das Versprechen ein, das er 2010 durch den hohen Draft abgab. Als erster Schweizer Stürmer vermochte er sich in der besten Liga der Welt durchzusetzen. Mittlerweile ist der Churer mit 137 Toren der beste Schweizer NHL-Torschütze aller Zeiten. In der Skorer-Rangliste figuriert er mit 290 Punkten an dritter Stelle hinter Mark Streit (434) und Roman Josi (413). Mit 601 Spielen in der NHL blickt Niederreiter auf mehr als doppelt so viele Einsätze zurück, wie Sven Bärtschi, der Schweizer Stürmer mit den zweitmeisten NHL-Spielen.

Nino Niederreiter hat 2010 bereits beim Draft Schweizer Eishockey-Geschichte geschrieben. Der mittlerweile 27-Jährige ist drauf und dran, die Messlatte für die künftige Generation von Schweizer Stürmern in der NHL auch was die Leistungen auf dem Eis betrifft sehr hoch zu legen.

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