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Solothurn: Verdeckte Ermittler bringen keine Klarheit

Vor dem Amtsgericht Dorneck-Thierstein SO hat am Dienstag in Solothurn ein dreitägiger Prozess begonnen, bei dem es um den Tod beziehungsweise die Verletzung von zwei Babys geht. Beschuldigt ist der Vater der Kinder. Am ersten Tag ging es um verdeckte Ermittlungen.

Agentur
sda
27.04.21 - 18:09 Uhr
Blaulicht
Der Prozess gegen einen Mann, der seinen acht Wochen alten Sohn getötet und sein zweites Baby misshandelt haben soll, findet im Saal des Obergerichts in Solothurn statt. (Archivbild)
Der Prozess gegen einen Mann, der seinen acht Wochen alten Sohn getötet und sein zweites Baby misshandelt haben soll, findet im Saal des Obergerichts in Solothurn statt. (Archivbild)
KEYSTONE/PETER SCHNEIDER

Ende Juli 2010 war der Sohn des Beschuldigten und seiner damaligen Frau im Alter von acht Wochen erstickt. Zudem wies er Verletzungen auf. Rund anderthalb Jahre später erlitt das inzwischen geborene Mädchen - ebenfalls mit etwa acht Wochen - ein Schütteltrauma. Unter Tatverdacht standen beide Eltern. Beide verweigerten die Aussage. Erst Jahre später wurde das Verfahren gegen die Frau eingestellt.

Da die Ermittlungsbehörden nicht weiterkamen, wurden ab Herbst 2014 auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom Bundesamt für Polizei (Fedpol) verdeckte Ermittler eingesetzt. Während insgesamt fast anderthalb Jahren versuchten sechs Personen, bei den Eltern der Kinder und aus deren Umfeld an Informationen kommen. Dann wurde der Einsatz abgebrochen, weil er aufzufliegen drohte.

Aussagen angekündigt

Zwei Ermittler und eine Ermittlerin sollten dem Kindsvater, dem jetzigen Beschuldigten, Informationen entlocken. Konkrete Erkenntnisse in Bezug auf die Delikte konnten sie nicht vorlegen. Ein Ermittler sagte, ihm gegenüber habe der Beschuldigte angekündigt, vor Gericht Aussagen machen zu wollen. Die drei schilderten den jungen Mann als zurückhaltend, ehrlich, sympathisch.

Zwei Ermittlerinnen und ein Ermittler waren speziell auf die Mutter der Kinder angesetzt, die damals bereits vom Kindsvater getrennt war und einen neuen Freund hatte. Alle drei schilderten die junge Frau als offen und gesprächig. Schon kurz nach dem Kennenlernen habe sie von den Geschehnissen mit den Kindern erzählt.

Nichts Konkretes

Nie habe sie aber jemanden namentlich beschuldigt, sagte der Ermittler. Gemäss seinen beiden Kolleginnen sagte sie einzig, sie «könne nicht ausschliessen», dass der Beschuldigte etwas mit dem Tod des Buben und den Verletzungen des Mädchens zu tun gehabt habe. Konkreteres habe sie aber nicht gesagt.

Die Ermittlerinnen gaben an, sie hätten auftragsgemäss ein freundschaftliches Vertrauensverhältnis zu der jungen Frau aufgebaut. Die Einsatzregeln hätten aber vorgeschrieben, es sei auf eine gewisse Distanz zu achten. Und bei den Gesprächen durfte keine «vernehmungsähnliche Situation» entstehen - Nachhaken und Insistieren seien nur in geringem Ausmass zugelassen gewesen.

Bei der Befragung blieben die Ermittler zu ihrem eigenen Schutz unkenntlich. Sie sassen hinter einer Milchglasscheibe, und ihre Stimmen wurden verzerrt wiedergegeben. Konkrete Erkenntnisse im Hinblick auf die Täterschaft ergaben die Befragungen aber nicht.

Umstrittener Einsatz

Zu Beginn der Verhandlung am Gericht war es um die Zulässigkeit des umstrittenen Einsatzes der verdeckten Ermittler gegangen. Die Verteidigerin des heute knapp 35-jährigen Beschuldigten beantragte unter anderem, deren Aussagen als nicht verwertbar zu erklären. Mit ihrem Vorgehen seien sie viel zu weit gegangen. Sie hätten versucht, das Recht der Verdächtigten auf Aussageverweigerung auszuhebeln.

Das Bundesgericht hatte den Einsatz grundsätzlich als gerechtfertigt beurteilt. Ob er angemessen durchgeführt worden sei, habe das Amtsgericht zu entscheiden. Das Gericht wies den Antrag ab. Über das zulässige Ausmass der verdeckten Ermittlungen mache sich das Gericht im Rahmen der Urteilsberatung Gedanken, sagte die vorsitzende Amtsrichterin.

Am Mittwoch werden weitere Personen sowie der Beschuldigte befragt. Am Donnerstag folgen die Parteienvorträge. Der Ankläger fordert Schuldsprüche wegen vorsätzlicher Tötung und eines Tötungsversuchs, eventuell wegen schwerer Körperverletzung. Seinen Strafantrag nennt er im Plädoyer. Die Verteidigung will einen Freispruch erwirken. Das Urteil wird am 6. Mai eröffnet.

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