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Gegner machen in Schänis mächtig Wind

Flyer in die Haushalte und ein «Informationsanlass»: Ein neuer Schänner Verein will mit externer Unterstützung die Bevölkerung überzeugen, dass Windräder nicht nach Schänis kommen dürfen.

Pascal
Büsser
21.03.23 - 09:08 Uhr
Politik
Schänner Verein will das nicht: Sechs Windräder sollen in der Linthebene zu stehen kommen.
Schänner Verein will das nicht: Sechs Windräder sollen in der Linthebene zu stehen kommen.
Visualisierung: Verein Schänner Landschaftsschutz

Der Gegenwind liess nicht lange auf sich warten. Vor einem Monat gab der Kanton St. Gallen bekannt, dass er Potenzial für bis zu sechs Windräder in Schänis sieht. Und er deshalb die Gebiete Steinerriet und Witöfeli entlang der Linth im Richtplan als Eignungsgebiete eintragen will. Als einer von 17 ausgewählten Standorten im Kanton St. Gallen.

Nun findet heute Dienstag am Abend in Schänis ein «Informationsanlass» statt. Aber nicht des Kantons. Dieser wird erst im April in die Region kommen. Vielmehr lädt der Verein Schänner Landschaftsschutz ein. Dieser hatte letzte Woche in der Gemeinde Flyer verteilt. Und sich auch erst letzte Woche gegründet, wie Präsident Hans Oberholzer sagt. Neben ihm gebe es drei weitere Gründungsmitglieder, alle aus Schänis. «Wir sind gestandene Leute und stehen hin mit unserem Namen», sagt Oberholzer. Weitere Interessierte hätten sich bereits gemeldet.

Tatkräftige Unterstützung

Dass der Flyer noch von der «IG Schänner für den Schutz der Linthebene» gezeichnet ist statt mit dem Vereins-namen, zeugt von der Hektik der Gründungsphase. «Wir haben als blutige Anfänger bei null angefangen», sagt Oberholzer. Damit meint der pensionierte Banker die Art des Engagements. Mit politischen Prozessen ist das frühere Mitglied der Geschäftsprüfungskommission der Gemeinde durchaus vertraut. Auch als Präsident des früheren Dorfladens amtete das «inaktive» FDP-Mitglied.

Oberholzer verfolgte die Diskussionen um die Windkraft schon 2018 und 2019 in Bilten eng und schrieb Leserbriefe, die von einer klaren Haltung zeugen. Von damals kennt er Daniel Lienhard, Präsident des Vereins Linthgegenwind, der erfolgreich gegen die Windräder in Bilten kämpfte. Mit dabei war damals zudem Siegfried Hettgetter, der sich nun zusätzlich im Vorstand von Freie Landschaft Schwyz gegen Windkraftanlagen in Ausserschwyz einsetzt. Wie eng die Verbindungen sind, zeigt, dass Linthgegenwind dem neuen Schänner Verein zum Start gar das Konto für Spenden zur Verfügung stellte.

Oberholzer betont, dass er auf Linthgegenwind zugegangen sei und nicht umgekehrt. «Wenn man einen fundierten Experten braucht, kann man dort anfragen», sagt er. Den neuen Verein beschreibt Oberholzer als «überparteiliches Zweckbündnis», das sich «gegen eine Zerstörung von Landschaft» einsetze. «Wir wollen keine Industrieanlagen in der Linthebene», sagt er kategorisch. Das Argumentarium entspricht dem, was Windkraftgegner überall in der Schweiz einwenden. Das Potenzial sei zu gering für eine wirtschaftliche Nutzung. «Der Schaden wäre viel grösser als der Nutzen», wird im Flyer moniert. Ein spezifisches Schänner Thema ist der Flugplatz, dessen Betrieb tangiert sein könnte von Windrädern.

Kampf der Bilder eröffnet

Illustriert sind die Flyer mit einer Karte mit sechs Windrädern, so wie der Verein die Anordnung vermutet. Zudem zeigen sie ein Modell eines Windrads neben der Schänner Kirche. In diesem Massstab wäre es mit über 240 Metern, wenn der Rotor senkrecht steht, eines der aktuell höchsten installierten Windräder der Welt.

Der Kanton rechnet dagegen mit einer Höhe von etwa 200 Metern, bei einer Nabenhöhe von rund 120 Metern statt 175 Metern, wie es der Verein illustriert. «Die konkrete Ausgestaltung hängt auch von den Windbedingungen ab», sagt Ralph Etter, Leiter des Amts für Raumentwicklung und Geoinformation (Areg). Eine fixe Vorgabe zur Höhe und zum Abstand zu Wohnsiedlungen gibt es für Windräder in der Schweiz nicht. «Massgeblich ist die Einhaltung der Lärmschutzwerte», sagt Etter. «Für jedes bewohnte Haus.»

Die Karte nennt Etter eine Annahme. «Ob wirklich sechs Windräder realisiert würden, hängt auch von der Umweltverträglichkeitsprüfung ab.» Diese würde im Rahmen der Sondernutzungsplanung erfolgen, nach der Eintragung eines Windeignungsgebiets im Richtplan. Eine erste Abwägung von Schutz- und Nutzungsinteressen hat laut Kanton allerdings stattgefunden.

Laut Potenzialabschätzung bräuchte es vier Windräder, damit eine Jahresproduktion von über 20 Gigawattstunden erreicht würde und die Windparkzone so im nationalen Interesse wäre, erklärt Marcel Sturzenegger, Abteilungsleiter Energie. Wie viele Windräder in welcher Anordnung realisiert würden, sei aber Sache eines Investors.

Nicht in jedem Fall Abstimmung

Die St. Galler Bauchefin Susanne Hartmann hatte bereits angetönt, dass Bürgerbeteiligungen an den Windkraftanlagen ein Weg sein könnten, um die Akzeptanz zu erhöhen. Oberholzer wäre damit nicht zu gewinnen. «Für jeden Schänner stellt sich dann die Frage, lasse ich mich kaufen?», sagt er zur Idee.

Ihn treibt um, wie viel die Lokal-bevölkerung überhaupt zu sagen hat zu den Windrädern. «Wir haben das Gefühl, es soll über unsere Köpfe entschieden werden», sagt er. Dies, weil es in der Kompetenz der Regierung liegt, den Richtplan zu beschliessen – unter Genehmigung des Bundes.

Tatsächlich ist offen, ob die Schänner dereinst über Windräder abstimmen könnten. Dies wäre nur der Fall, wenn der Sondernutzungsplan auf kommunaler und nicht auf kantonaler Ebene aufgelegt wird. «Die Frage nach dem besseren Weg wurde auch den Gemeinden der laufenden Anhörung gestellt», sagt Etter. Dies vor dem Hintergrund, dass Windparks oft nur in einer Standortgemeinde realisiert würden, aber mehrere Gemeinden betreffen. In beiden Fällen möglich bleibe die juristische Anfechtung des Vorhabens.

Dass die Bevölkerung mitentscheiden kann, sei ein Ziel des Vereins, sagt Oberholzer. «Wenn eine Mehrheit im vollen Wissen entscheidet, dass man das will, dann akzeptieren wird das.»

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