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«Schule Schmitten»: Kanton zurückgepfiffen

Eigentlich wäre alles klar gewesen. 2019 beschloss die Gemeinde Schmitten, die schulische Zusammenarbeit mit dem Albulatal zu beenden und die Schüler nach Davos zu schicken. Der Kanton schob diesem Ansinnen einen Riegel, wird nun aber vom Verwaltungsgericht zurückgepfiffen.

Andri
Dürst
25.05.22 - 14:00 Uhr
Politik
Mit der Beschulung der Kinder in Davos könnte Schmitten zumindest eines seiner Probleme lösen. Hingegen dürfte die enge Dorfdurchfahrt wohl noch eine Weile Bestand haben.
Mit der Beschulung der Kinder in Davos könnte Schmitten zumindest eines seiner Probleme lösen. Hingegen dürfte die enge Dorfdurchfahrt wohl noch eine Weile Bestand haben.
Archiv SO

Da die Zusammenarbeitsverträge mit den Schulen im Albulatal ohnehin ausliefen, schaute man sich in Schmitten nach einer neuen Lösung um. So holte man in Davos eine Offerte zur Beschulung der Schüler ein. Der grösste Pluspunkt für die Davoser Nachbargemeinde: Sie hätte rund 44 Prozent Einsparungen bei den Schulausgaben verzeichnen können. Auch aus organisatorischer Sicht sehnten einige Schmittner eine Zusammenarbeit mit Davos herbei. Bei einer 2019 durchgeführten Gemeindeversammlung sagte die Schmittner Bevölkerung Ja zum Wechsel der Schulzusammenarbeit – weg vom Albula- hin zum Landwassertal. Doch bei den von der Kündigung betroffenen Schulkreisen kam dieser Entscheid gar nicht gut an. Man erachtete dadurch die Zukunft respektive den Zusammenhalt der Primarschule Alvaneu als auch der Oberstufe in Tiefencastel als gefährdet.

Machtwort aus Chur

«So nicht», hiess es auch vom Kanton. Der damalige Regierungspräsident Christian Rathgeb warf in der DZ den Schmittnern «Rosinenpickerei» vor – denn in vielen Bereichen würde die Gemeinde mit dem Albulatal zusammenarbeiten, bei der Schule aber nicht. Es darf als offenes Geheimnis bezeichnet werden, dass man in Chur eine Fusion der Gemeinde Albula/Alvra und Schmitten gerne sehen würde.

Infolge eines Regierungsbeschlusses wurde Schmitten im Frühling 2020 sozusagen gezwungen, weiterhin hinsichtlich der Schule mit dem Albulatal zusammenzuarbeiten. «Wir fühlen uns in der Gemeindeautonomie total eingeschränkt», meinte daraufhin der damalige Schmittner Gemeindepräsident Hubert Weibel zum Entscheid der Kantonsexekutive. Die kleine Gemeinde liess das Verdikt aus Chur aber nicht auf sich sitzen und gelangte an das Bündner Verwaltungsgericht (VG). Dieses fällte nun am 21. April ein Urteil, das bei den Schmittnern sicherlich für Freude sorgen dürfte.

Gericht gibt Schmitten Recht

Das Gericht nahm ausführlich zum Knackpunkt «Gemeindeautonomie» Stellung. Denn die Regierung berief sich auf Artikel 54 des Gemeindegesetzes, nach dem die Regierung Gemeinden zur Zusammenarbeit verpflichten könne, sofern wichtige öffentliche Interessen dies erforderten. Doch dieses «qualifizierte öffentliche Interesse» im Sinne des Artikels 54 liege hier nicht vor, meint nun das VG. Es hält fest, dass der Kanton bei Schmitten die Gemeindeautonomie «in unzulässiger Weise» verletzt habe. Zwar habe der Kanton eine Interessensabwägung vorgenommen, doch: «[Er] hat allerdings die relative Bedeutung der verschiedenen Interessen im konkreten Fall verkannt, da sie das sachfremde Interesse der Gebiets- und Gemeindefusion über die als äussert gewichtig zu bezeichnenden Interessen der Beschwerdegegnerin – nämlich die Wahrung der Gemeindeautonomie sowie die kostengünstigere Erbringung einer kommunalen Kernaufgabe – gestellt hat». Zudem sei der Albulataler Schulverband auch ohne die Schmittner Kinder nicht ernsthaft gefährdet, auch wenn deren Wegzug unbestritten einige Auswirkungen hätte. Der Regierungsbeschluss sei rechtswidrig und somit aufzuheben.

Davoser mit passiver Rolle

Wie geht es nun weiter? Auf Anfrage teilt der Davoser Hauptschulleiter Martin Flütsch mit, dass seit dem VG-Urteil noch keine Gespräche zwischen den beiden Gemeinden respektive der Schule stattgefunden hätten. «Die Gemeinde Davos hat in den bisherigen Gesprächen mit der Gemeinde Schmitten das Schulangebot und die Möglichkeiten für die Beschulung der Schmittner Kinder und Jugendlichen aufgezeigt. In all den bisherigen Gesprächen hat die Gemeinde/Schule Davos darauf hingewiesen, dass Wiesen mit der Gemeinde Albual/Alvra besprechen und klären müsse, ob die Beschulung in einer anderen Gemeinde möglich sei. Insofern nahmen die Gemeinde/Schule Davos eine passive Rolle ein, und an dieser Haltung will man in Davos auch festhalten». Wie Flütsch weiter erklärt, sei die Offerte der Davoser auch noch nicht Makulatur: «Es ist davon auszugehen, dass das Angebot in den Grund­zügen beibehalten werden kann. Allerdings sind seit den letzten Verhandlungen zwischen der Gemeinde/Schule Davos und Schmitten einige Jahre verstrichen. Die Parameter wie Schülerzahlen, Verteilung der Schüler auf die Jahrgänge, Kapazitäten seitens Volksschule Davos und so weiter müssten sicher nochmals überprüft werden.»

Beim Kanton – der nun übrigens die Gerichtskosten tragen muss – erwägt man derweilen, ob der Entscheid angefochten werden soll. Wie Thomas Kollegger, Leiter des kantonalen Amtes für Gemeinden, gegenüber der «Südostschweiz» sagte, entscheide man nach «sorgfältiger Analyse des Urteils und nach Abwägen der Prozesschancen», ob man das Urteil ans Bundesgericht weiterziehen wolle.

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