×

Ein Tag voller Überraschungen

Ab August dürfen zwei SP-Vertreter und je jemand von SVP, FDP, GLP und Mitte in Chur politisieren. Die Ausmarchung sorgte bei den Parteien für Freud und Leid zugleich, wie eine Umfrage zeigt.

Andri
Dürst
17.05.22 - 12:00 Uhr
Politik
Ein Glässchen auf Stefan Walser (3. v. r.) trank man bei der SP, ehe man Richtung Chur fuhr, um dort auch Philipp Wilhelm noch gratulieren zu können.
Ein Glässchen auf Stefan Walser (3. v. r.) trank man bei der SP, ehe man Richtung Chur fuhr, um dort auch Philipp Wilhelm noch gratulieren zu können.
ad

Deliziösen Schaumwein reichte man beim Apéro der SP. Dort hatte man auch allen Grund zu feiern: Landammann Philipp Wilhelm wurde glamourös als Grossrat bestätigt und erreichte das beste Stimmenergebnis von allen Davoser Kandidierenden. Und mit Statthalter Stefan Walser – er erreichte am viertmeisten Stimmen – holten sich die SP einen zweiten Sitz dazu. Wilhelm wertet dieses gute Ergebnis auch als Vertrauensbeweis der Davoserinnen und Davoser und dankt in diesem Zusammenhang für die zahlreiche Unterstützung. «Die Liste 1 erreichte nicht nur kantonal, sondern insbesondere in Davos ein sehr gutes Resultat», freut sich der Sozialdemokrat. Noch nie hätte die SP so viele Grossratssitze gehabt wie jetzt. Persönlich will Wilhelm im bisherigen Stil weiterpolitisieren: «Es wurden viele Projekte aufgegleist, die wir nun vorwärtsbringen möchten, Stichwort ‹Green Deal›, Kulturentwicklung und Digitalisierungsschub. Und auch im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gibt es noch viel zu tun». Seinem Genossen Stefan Walser brennt derweilen ein anderes Thema unter den Nägeln: «Für mich kommt der ÖV an erster Stelle». Seit er in Davos politisiere, habe er sich mit diesem Thema auseinandergesetzt und gemerkt, wie wichtig es sei. Nun freue er sich darauf, die drängendsten Fragen nicht nur auf Davoser, sondern auf kantonaler Ebene angehen zu können. Dabei bringt er nebst der Erneuerung des Davoser Tarifverbundes und der Landwasserwelt auch visionäre Ideen ins Spiel. Für eine Seilbahn von Wiesen Station nach Wiesen (siehe DZ vom 1. April) würde er sich beispielsweise starkmachen. Zu seiner Wahl selber meint er, dass dies nun das «Tüpfelchen auf dem I» seiner politischen Karriere sei. Und das gute Resultat zeige, dass er in den letzten Jahren wohl keine schlechte Arbeit für Davos gemacht habe.

«Die Mitte» freut sich, dass ihre Kandidatin Seraina Mani (2.v.l.) den Einzug in den Grossen Rat schaffte.
«Die Mitte» freut sich, dass ihre Kandidatin Seraina Mani (2.v.l.) den Einzug in den Grossen Rat schaffte.
ad

«Hätte nicht damit gerechnet» bei der Mitte…

Doch nicht nur bei der SP, auch bei der Mitte trifft man auf äusserst glückliche Gesichter, denn mit Seraina Mani erhält die Partei – eher unerwartet – einen Grossratssitz für Davos. «Als ich zuerst nur die Kandidatenstimmen gesehen habe, dachte ich, dass es wohl nicht reicht für einen Mitte-Sitz», blickt Mani auf den Nachmittag zurück. Doch dann seien auf einmal einige Gratulations-SMS eingetroffen, und sie wusste: Es hat geklappt. «Ich bin überglücklich und begeistert – und hätte nicht damit gerechnet», so die Mitte-Politikerin, die seit einem Jahr auch im Davoser Grossen Landrat sitzt. Gegründet wurde die Davoser Ortssektion übrigens erst vor rund drei Monaten. Dass es bei den Wahlen nun so gut klappe, damit habe man nicht gerechnet, waren sich die Teilnehmer des «Wahlhock» am Sonntagabend einig. Die frischgewählte Grossrätin freut sich nun, ihre politische Arbeit künftig zusammen mit einer Fraktion durchführen zu dürfen, denn im Grossen Landrat ist sie die einzige Mitte-Vertreterin. «Bereits im Rahmen des Wahlkampfes spürte ich einen tollen Zusammenhalt, auch mit den anderen Sektionen im Kanton». Zu den politischen Themen, die Mani angehen möchte, zählt sie Gesundheit, Bildung und Kultur.

Die Gewählten des Wahlkreises Davos
Die Gewählten des Wahlkreises Davos
zvg

… und bei der FDP

Auch eine Überraschung – diesmal aber eine negative – gab es für die FDP. Alt Landammann Tarzisius Caviezel freut sich zwar über sein gutes Wahlresultat: «Ich bin sehr glücklich darüber». Jedoch stimme es ihn traurig, dass es für seine Parteikollegen nun nicht geklappt habe. «Dass wir einen Sitz verlieren, das haben wir erwartet. Aber dass es nun zwei Sitze sind, das ist ein Verlust für uns», meint Caviezel. Nichtsdestotrotz freue er sich nun sehr, im August als Standespräsident kandidieren zu können. Die Wahl zum «höchsten Bündner» ist meist Form­sache, weswegen dieses Amt mit grosser Wahrscheinlichkeit nun in die Hände des Davosers gelegt wird. Caviezel: «In diesem Zusammenhang danke ich allen, die mir das Vertrauen schenkten und mir es ermöglichen, nochmals die Interessen von Davos im Bündner Parlament zu vertreten».

Er muss nun ohne seine bisherigen Parteikollegen Simi Valär und Peter Engler nach Chur reisen. Letzterer wirkt beim Anruf der DZ gefasst, aber dennoch etwas gedämpft. «An sich bin ich mit meinem Resultat sehr zufrieden. Allerdings ist uns nun das neue Wahlsystem dazwischengekommen». Die Enttäuschung sei zwar gross, aber er schaue nun vorwärts und konzentriere sich auf seine jetzigen Tätigkeiten. Ob er doch noch als zweitbestplatzierter Freisinniger im Falle eines Rücktritts von Caviezel wieder in den Grossen Rat zurückkehren werde? «Wenn es zu einer Rochade käme, dann soll jemand Jüngeres nachrücken», stellt er klar.

Auch bei der GLP wurde gezittert

Quorum – so nennt sich die Hürde, die man beim neuen Bündner Wahlsystem eingebaut hat, um den Einzug von Splittergruppen in den Grossen Rat zu verhindern. Drei Prozent Wähleranteil mussten somit gemeistert werden. Aus Sicht vieler Politbeobachter schien diese Hürde für die Grünliberalen nicht allzu gross, doch ganz so locker sah dies der für Davos Gewählte Walter von Ballmoos nicht. Jedoch meisterte seine Partei mit rund sechs Prozent die Hürde und kann neu sogar eine Fraktion bilden. «Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den jugen, neuen Leuten», erklärt von Ballmoos. Zuletzt politisierte er mit einem Parteikollegen als «Zweierteam», neu sind total sieben GLPler im Grossen Rat vertreten. Doch auch seine eigene Wahl habe ihn überrascht, meinte der Davoser. «Die letzten beiden Male wurde ich jeweils mit einem Zufallsresultat gewählt», blickt er zurück. Er ist nun aber froh, bestätigt worden zu sein, und möchte auch in Zukunft energiepolitische Themen im Rat angehen.

Höhen und Tiefen bei der SVP

Auch viel Zuwachs gibt es in der SVP-Fraktion. Auf die Zusammenarbeit mit den neuen Personen freue sie sich sehr, meint Valére Favre Accola. Auch den höhere Frauenanteil hebt sie lobend hervor. Den Wahltag habe sie unaufgeregt verbracht, denn für sie war von Anfang an klar, dass es wohl zu einem «Wunder­tüten-Effekt» kommen würde. Dies auch im Hinblick auf die Regierungsratswahlen, bei denen ihr Parteikollege Roman Hug den Einzug in die Exekutive mit einem ziemlich deutlichen Ergebnis nicht schaffte. «Das Resultat in dieser Deutlichkeit hätte ich nicht erwartet, und es lässt einem etwas ratlos zurück», meint Favre Accola. Umso schöner sei aber das Resultat bei den Parlamentswahlen für die SVP. Und was die Themen ihrer politischen Arbeit anbelange, wolle sie gerne ihren bisherigen Kurs weiterführen und die Themen Jugend- und Kinderschutz sowie ÖV weiterverfolgen.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Politik MEHR