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«Wir gehen schwer davon aus, dass das WEF 2022 in Davos stattfindet»

Das Weltwirtschaftsforum findet aktuell wegen der Corona-Pandemie nicht in Davos statt. Wir haben beim Landammann von Davos nachgefragt, wie die Zeit genutzt wird, und wie es um das WEF 2022 steht.

Südostschweiz
28.01.21 - 04:30 Uhr
Politik
Dieses Jahr richtet sich die mediale Aufmerksamkeit nicht nach Davos - das WEF findet nicht statt.
Dieses Jahr richtet sich die mediale Aufmerksamkeit nicht nach Davos - das WEF findet nicht statt.
OLIVIA AEBLI-ITEM / ARCHIV

Eigentlich würde in Davos jetzt das World Economic Forum über die Bühne gehen. Am Forum treffen sich sonst tausende Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien, um aktuelle Themen zu besprechen. Aus bekannten Gründen ist es in Davos aussergewöhnlich ruhig – denn das WEF – in seiner originalen Durchführung – ist abgesagt.

Vom 25. bis 29. Januar 2021 findet unter dem Titel «Davos Agenda» lediglich eine Online-Konferenz des WEF statt. Läuft alles nach Plan, wird sich die Weltelite auf Einladung des WEF im Mai noch in Singapur treffen. 

Fabio Theus von Radio Südostschweiz hat mit Philipp Wilhelm, Landammann von Davos, über das WEF gesprochen – insbesondere über die Zukunft des WEF in Davos.

Das diesjährige WEF ist corona-bedingt abgesagt. Wir blicken bereits auf das kommende Jahr. Findet das WEF im kommenden Jahr in Davos statt oder nicht, Herr Wilhelm?

Wir gehen heute schwer davon aus, dass das WEF im Jahr 2022 stattfindet. Wir sind derzeit daran, gemeinsam mit dem WEF und unseren Partnern Vorbereitungen in Angriff zu nehmen. Wir wollen die unfreiwillige Pause nutzen, um die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern.

Wofür wird die Zeit genau genutzt? Können Sie Beispiele nennen?

Das kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen. Wir werden uns aber an einem runden Tisch und in Arbeitsgruppen treffen. Normalerweise wird im Rahmen eines runden Tisches jeweils ein Rückblick auf den Anlass gemacht. In diesem Jahr nutzen wir die Termine, um auf das nächste WEF zu blicken.

«Ich möchte den Anlass so nachhaltig wie möglich gestalten.»

Ein Kritikpunkt ist jeweils der Verkehr in und rund um Davos. Beispielsweise steckt man bis zu einer halben Stunde im Stau, wenn man von Davos Platz nach Davos Dorf fahren möchte. Wie sieht es hier mit einer Lösung aus?

Das sind Themen, die wir in den Arbeitsgruppen angehen und beraten möchten – und jetzt haben wir hoffentlich auch die Luft dafür, um einen Schritt weiter zu kommen. Wir müssen uns jetzt erst einmal treffen und schauen, wo wir in den einzelnen Dossiers stehen. Es geht nicht nur um den Verkehr. Wir haben verschiedene Bereiche, bei denen wir Massnahmen und Verbesserungen planen.

Sitzung Davoser Grosser Landrat
Der Davoser Landammann Philipp Wilhelm.
PHILIPP BAER

Sie als SP-Grossrat haben sich gegenüber dem WEF immer etwas kritisch geäussert. Trotzdem haben Sie auch gesagt, dass das WEF aus wirtschaftlichen Gründen wichtig für Davos ist. Jetzt sind Sie Landammann von Davos. Wird sich unter Ihrer Leitung etwas ändern?

Das wird sicher nicht nur an mir liegen. Ich bin sehr motiviert und habe immer gesagt, dass ich meine Rolle darin sehe, dass wir versuchen, den Anlass so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Damit wir es als Standort grosser Kongresse schaffen, Anlässe so nachhaltig wie möglich durchzuführen. Ich möchte dazu beitragen.

«Heute haben wir keine Anhaltspunkte, dass sich das WEF aus Davos verabschiedet.»

Das diesjährige WEF findet jetzt virtuell statt. Es geniesst dadurch nicht die gleiche Aufmerksamkeit wie sonst. Geplant ist es auch, dass das WEF noch nach Singapur geht. Besteht in Davos die Sorge, dass sich das WEF in den kommenden Jahren aus Davos verabschiedet?

Stand heute haben wir keine Anhaltspunkte, dass dem so wäre und dass wir uns Sorgen machen müssten. Trotzdem müssen wir uns natürlich immer bemühen, gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Dies mit dem Ziel, dass Anlässe in einer gewissen Grössenordnung wie das WEF 2023 oder das WEF 2024 stattfinden können.

In diesem Jahr sieht man sehr gut, dass das WEF einen sehr grossen Einfluss auf die Einnahmen unserer Wirtschaft hat. Bei gewissen Unternehmen macht es sehr viel in der Jahreseinkunft aus. Deshalb ist es bestimmt auch der Moment zu realisieren, dass es wichtig ist, sich zu diversifizieren. So können die Risiken weggenommen werden, nur von einem Anlass abhängig zu sein.

Also hier braucht es einen Plan B, weil so viele vom WEF anhängig sind?

Ich weiss nicht, ob man von einem Plan B sprechen muss. Aber Davos muss mit oder ohne WEF das Potential der urbanen Stadt in der Bergwelt ausschöpfen. Wir haben viele Reize, Kontraste, Ansätze, die Forschung, die Kultur und vieles mehr. Das müssen wir so gut wie möglich auszuschöpfen und über das ganze Jahr aus funktionieren – unabhängig davon, ob wir das WEF oder andere Grossanlässe haben oder nicht.

«Es tut schon weh in der Seele.»

Wie gesagt – normalerweise ist in Davos während dieser Jahreszeit extrem viel los. Fehlt Ihnen das, Herr Wilhelm?

Ja, das fehlt schon. Wenn man hier aufgewachsen ist, dann lebt man an einem Ort, wo eigentlich viel los ist. Hier begegnen sich sonst viele Menschen aus aller Welt. Im Januar am WEF, im Dezember am Spengler Cup. Es tut schon weh in der Seele, dass das in dieser Zeit nicht möglich ist. (so)

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...warum liest und hört sich der Weihnachts- und Neujahrsbrief in der Davoser Zeitung von Klaus Schwab in der diplomatischen Sprache nach Abschied an? Zweckoptimismus ersetzt Realität. Das WEF in Davos ist Vergangenheit.

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