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Rückblick auf den Weltrekordversuch der RhB 

Heute vor einer Woche ging der Weltrekordversuch der Rhätischen Bahn erfolgreich über die Bühne. Der Versuchsleiter verrät, dass nicht alles so reibungslos geklappt hat, wie es von aussen schien.

Südostschweiz
05.11.22 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Grosse Verantwortung: Peter Klima war der Leiter des gelungenen RhB-Weltrekordversuchs. 
Grosse Verantwortung: Peter Klima war der Leiter des gelungenen RhB-Weltrekordversuchs. 
Bild Christoph Benz

von Christoph Benz und Fiona Bugmann

Fast zwei Kilometer, genau genommen 1910 Meter. So lange war der Zug, der am vergangenen Samstag über die Unesco Welterbestrecke Albula/Bernina von Preda bis Bergün und weiter über das Landwasserviadukt bei Filisur rollte. Eine wichtige Rolle an diesem Tag spielte Peter Klima, der Versuchsleiter des Weltrekords. Nun blickt er zurück auf den ereignisreichen Samstag.

Peter Klima, der Weltrekordversuch ist geglückt, herzliche Gratulation. Wie ist es zu der Idee gekommen, einen fast zwei Kilometer langen Zug zusammenzustellen?

Wir wollten etwas Besonderes anlässlich der 175-Jahr-Feierlichkeiten der Schweizer Bahnen machen. Am Anfang standen diverse Ideen im Raum. Dann hat es geheissen, wir hängen einmal mehr Fahrzeuge aneinander. Was wir dann gemacht haben, ist eigentlich nichts anderes, als ein standardmässiger Vorspann-Betrieb, den wir jetzt auch schon nutzen. Speziell ist die Anzahl Fahrzeuge, das Gewicht und die Leistung. Wir haben angefangen mit Berechnungen, haben begonnen, das praktisch zu testen, um zu überprüfen, ob unsere Berechnungen mit der Praxis übereinstimmen. Wir haben dann gesehen, dass das Ganze mit einigen wenigen Anpassungen eigentlich gut funktioniert. Nach weiteren Versuchen haben wir dann gesagt, okay, wir sind bereit für einen Weltrekordversuch.

Haben Sie zu keinem Zeitpunkt gedacht, dass die Idee etwas verrückt ist?

Nein, bei solchen Sachen bin ich gerne dabei. Ich mache gerne Dinge, die man normalerweise nicht macht. Grundsätzlich war das ganze Team sofort Feuer und Flamme, als die Idee aufgekommen ist.

Auf was für Hürden trifft man bei einem so langen Zug?

Die erste ist, dass bei so einem langen Zug nicht ein Lokführer alleine fahren kann. Das heisst, es brauchte mehrere. Ausserdem sind die Fahrzeuge nicht miteinander verbunden. Das kann dazu führen, dass während der Fahrt Inhomogenität entsteht. Das heisst, dass sich nicht alle Wagen synchron bewegen. Die Synchronität bei der Fahrt und beim Bremsen ist zentral. Sonst entstehen starke Schwankungen.

Kam es während der Weltrekordfahrt zu diesen Schwankungen?

Ja, es hat bei der Anfahrt in Filisur Schwankungen gegeben. Der hintere Lokführer hat das gemerkt und hat dann eine Schnellbremse gemacht. Danach konnten wir wieder synchron anfahren. Das war eigentlich der einzige Vorfall, der aber nicht weiter problematisch war.

Können Sie sich noch an die Anfahrt erinnern?

Ja, dieser Moment war so eindrücklich, dass ich sogar in der folgenden Nacht noch davon geträumt habe.

Albträume hatten Sie aber vor dem Weltrekordversuch keine?

Nein, Albträume hatte ich nicht. Aber selbstverständlich habe ich mir vor dem Versuch diverse problematische Szenarien ausgemalt.

Zu so einem schlimmen Szenario kam es aber nicht?

Es kam schon zu Problemen. Bei einigen Wagen hat beispielsweise die Kupplung nicht funktioniert. Diese konnten aber relativ rasch repariert werden. Wir hatten kurz vor der Abfahrt ausserdem noch Probleme mit einigen Türen, diese wurden aber behoben und wir konnten die Fahrt ohne Bedenken starten. Das Schlimmste wäre natürlich gewesen, wenn der Zug nicht losgerollt wäre. Deshalb ist natürlich schon viel Druck abgefallen, als der Zug erstmals losgerollt ist.

Als Versuchsleiter lastete auf Ihnen auch ein enormer Druck, konnten Sie die Fahrt überhaupt geniessen?

Am Anfang, als wir gerade abgefahren sind in Preda, konnte ich es kurz geniessen. Ich habe das Jubeln der Zuschauerinnen und Zuschauer bis in den Zug gehört. Aber ich konnte mich dann natürlich nicht zurücklehnen. Ich musste mich konzentrieren, richtige Kommandos abzugeben und nicht zu schnell oder zu langsam zu fahren.

Wie erging es Ihnen während der Fahrt. War Ihr Puls stets recht hoch?

Nein, ich war eigentlich die ganze Zeit über recht ruhig. Der einzige Zeitpunkt, zu dem mein Puls vielleicht ein bisschen gestiegen ist, war, als wir in Alvaneu gestanden sind und den Zug gesichert haben. Da waren wir froh und stolz auf die ganze Mannschaft, aber da ging der Stress schon wieder los, denn wir mussten die Fahrzeuge wieder schnell auflösen und dem Betrieb übergeben.

Das ganze Interview von RSO-Moderator Christoph Benz mit Peter Klima zum Nachhören:

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Peter Klima war schon bei der Einführung der Allegra Triebzüge die gute Techniker-Seele. Für jedes Problem hatte er eine Lösung auf der Hand.
Seine Ruhe und Expertise hat mich schon damals beeindruckt.
Herzliche Gratulation.

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