Kirchenfenster
Wie geht es uns?
Wie geht es uns?
Zudem irrlichtern die Verspottungen und Verleumdungen, Missredereien, Verschwörungstheorien in den sozialen Medien. Deren Asozialsein gebärdet sich immer dreister. Ein Grundstress innerhalb unserer Demokratie im Alltag! Verwundungen eben, Abfälligkeiten, die sich Menschen, ohne dafür einzustehen, antun.
Zurück zum Christus von Rouault: Es fällt mir auf, dass das Rot innerhalb der Dornenkrone Christi nicht nur mit seinen Verwundungen und seinem Wundmantel verbunden ist, sondern auch mit der roten Sonne im Hintergrund – oberhalb des Horizonts.
Erst wenn ich mich hineinversetze, einfühle, wenn ich dem anderen hinterherdenke, mich auf Augenhöhe im öffentlichen Raum auseinandersetze, ohne wüst zu polemisieren, gelange ich zur Hinsicht des Bettagsmandats: «Mündige Bürger sind Bürger, die mitreden können.» Mitreden meint etwas anderes, als zu schwafeln, zu labern, andere gemeinzureden oder durch verächtliches Gerede herabzusetzen.
Von Heinz Detlef Stäps gibt es eine kleine Aufforderung zum Christusbild von Rouault:
«schau mich an
schau in mich hinein
schau durch meine Maske hindurch
sieh mein Elend
sieh meine Armut
sieh meine Leere
hinter meiner Fassade
füll mich auf
mit deiner Nähe
mit deinem Mitleiden
mit deiner Liebe
mach mich zum Spiegel
deines Lebens»
Trotz Digitalisierung in unserer Gesellschaft ist es nötig, dass wir Ansichtigkeit mitten im öffentlichen Leben üben. Einüben. Wer sich da als Christ oder Christin versteht, kann Spiegel dieses Christus sein. Mach mich, Gott, zum Spiegel dieses Lebens! Wortlos oder mit Worten.
Das Bettagsmandat kommt auf Joh. 1 zu sprechen, dass am Anfang das Wort sei. («Aus dem Wort entsteht die Welt.» Mandat) Dann ist in öffentlicher Kommunikation die Sprechwilligkeit nur aufgrund einer Einfühlung gegenüber dem anderen am Anfang mit dabei. Nachdem das Bettagsmandat an die Zeit erinnert hat, wie der Freistaat der drei Bünde folgenreich entstand, nachdem die Reformationszeit in Graubünden aufgerufen wurde, erkühnt es sich: «Wer wir sind, definieren wir über Erzählungen und Geschichten.» Trotz des inneren Verlustes mancher Erzählzusammenhänge, sodass bei einigen spirituelle Abmagerung entsteht, möchte ich diese Definition unterstützen.
Denn in Erzählungen und Geschichten ist unser Lebenskontext, unser Gewordensein, unsere Herkunft und das Potenzial unserer Zukunft berührt, angesprochen, gemeint, bedacht, ausgelegt. Von daher entwickelt sich etwas weiter. Ich spiegle mich in den Erzählungen und Geschichten. Wie sind wir also? Gehen wir es an, aufeinander zuzugehen!
Heinz-Ulrich Richwinn, Pfarrer
Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Klosters-Serneus
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