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Pistenpräparation auf Brambrüesch: ein Drei-Generationen-Trio sorgt für Perfektion

Die Pistenpräparation auf Brambrüesch basiert ausschliesslich auf Naturschnee: So sorgen Günther Raffl und sein Team täglich für beste Bedingungen.

Bündner Woche
15.02.25 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Naturschauspiel: Die prächtige Abendstimmung dient als Kulisse für die Pistenbullyfahrer.
Naturschauspiel: Die prächtige Abendstimmung dient als Kulisse für die Pistenbullyfahrer.
Andri Dürst

Von Andri Dürst

Nur noch wenige Autos stehen auf dem Parkplatz Brambrüesch, an diesem Dienstagabend. Die letzten Skifahrerinnen und Skifahrer watscheln über die vereiste Fläche zu ihren Autos und fahren die schmale Strasse Richtung Malix hinunter. Die Sonne scheint nicht mehr, langsam wird es frisch. Plötzlich wird die Ruhe auf dem Hochplateau durchbrochen. Eine kräftige Maschine rauscht heran, so viel ist klar. Und tatsächlich: Ein roter Pistenbully fährt zügig zwischen den Bäumen hindurch. Auf der einen Seite schiebt er noch ein wenig Schnee weg. Zwei Herren steigen aus, ein dritter kommt hinzu. Und so beginnt diese Geschichte.

Hundert Prozent Naturschnee

Günther Raffl begrüsst den Schreibenden und bittet ihn, in den Pistenbully einzusteigen. Bequem im Beifahrersitz thronend, beginnt die Fahrt im 500-PS-starken Vehikel. «Heute präparieren wir nicht alle Pisten», schickt der Fahrer voraus. Zum einen seien gewisse Abfahrten an Wochentagen – wenn nicht so viele Besuchende unterwegs sind – noch in gutem Zustand. Zum anderen könne man mit weniger Präparieren auch den Schnee schonen. «Denn hier auf Brambrüesch gibt es nur Naturschnee, mit diesem Gut müssen wir sorgsam umgehen.» Man ist hier oben also auf Frau Holle angewiesen und kann nicht nach Belieben da und dort einige Maschinen einschalten, um neuralgische Stellen mit technischem Schnee zu überdecken. In der heutigen Zeit schon fast eine Besonderheit. Dies sollte aber nicht die einzige Spezialität sein auf dem Churer Hausberg.

Günther Raffl ist kein Schwätzer, erzählt aber gerne über seine Arbeit. Und diese verrichtet er – so scheint es – mit viel Herzblut. Kein Wunder ist er schon seit 23 Jahren hier oben tätig. Er hat die Funktion des stellvertretenden technischen Leiters inne. Nebst verschiedenen Arbeiten an den Seilbahnanlagen verantwortet er auch die Präparation der total 25 Kilometer Pisten. Doch er ist nicht alleine unterwegs: Unterstützt wird er einerseits von seinem Vater Valentin Raffl, der meist mit einem kleineren Pistenfahrzeug die Schlittelbahn sowie die Winterwanderwege präpariert. Eine grosse Maschine hingegen fährt Günther Raffls Sohn Nino. Die Pistenpräparation auf Brambrüesch ist also Familiensache. Und so erstaunt es nicht, dass alle gleich wissen, was sie zu tun haben. Günther und Nino Raffl funken sich zwar ab und zu, die Funksprüche sind aber kurz und knapp.

Mittlerweile haben wir schon den höchsten Punkt des Skigebiets erreicht: Die Bergstation der Furggabüel-Sesselbahn liegt auf 2174 m ü. M. Und hier oben hat es noch Sonne: Nicht nur die Abendstimmung ist grandios, auch das Panorama haut einem fast vom Hocker.

Arbeiten mit Aussicht: Auf dem Furggabüel sieht man runter in die Kantonshauptstadt.
Arbeiten mit Aussicht: Auf dem Furggabüel sieht man runter in die Kantonshauptstadt.
Andri Dürst

Entspannung mit Spannung

Dass es einem wirklich fast aus dem Hocker, respektive aus dem Beifahrersitz «lupfen» kann, erleben wir kurze Zeit später. Denn nun geht es ans Präparieren der obersten schwarzen Piste. Wegen der Steilheit hat Günther Raffl sein Fahrzeug nun an einem Stahlseil befestigt. Ein schwenkbarer Arm am Pistenbully mit einer Winde sorgt dafür, dass er nicht ins Rutschen kommt. Relativ zügig fahren wir entlang des Pistenrands runter. Nun muss man sich festhalten. Der Pistenbullyfahrer zuckt aber nicht mit der Wimper. Für ihn ist das Manövrieren am Steilhang Alltag. Mehr noch – es ist Entspannung für ihn. «Den Tag hindurch klingelt bei mir ständig das Telefon. Daher hat das Pistenbullyfahren für mich fast etwas Entspannendes. Besonders bei dem tollen Wetter wie heute.»

Doch wieso werden die Pisten eigentlich meist am Vorabend präpariert und nicht früh am Morgen, damit sie frisch sind, wenn die ersten Besuchenden kommen? «Eine frisch präparierte Piste braucht rund acht Stunden, um wirklich perfekt zu werden. Erst dann verbinden sich die Schneekristalle in den Rillen», erklärt Günther Raffl. Und was ist für ihn nun besser: Wenn es viel oder wenig Schnee gibt? «Viel Schnee», lautet seine klare Antwort. Die Pistentrassees auf Brambrüesch seien nirgends modelliert worden, sondern verliefen allesamt über natürliche Alpweiden. Da man wie erwähnt auf Naturschnee setze, sei viel Schnee von Vorteil.

Von Erfahrung profitieren

Gegenwärtig sei die Schneelage in Ordnung, stellt der stellvertretende technische Leiter fest. Alle Pisten am Ski- sowie am Sessellift sind nämlich offen. Dass dies möglich ist, ist dem grossen Einsatz der Pistenbullyfahrer zu verdanken. «Man braucht etwas Gefühl und sollte das Gebiet gut kennen», merkt Günther Raffl an. Dass er sich im Gebiet zurechtfindet, wird einem immer wieder bewusst. Einmal erklärt er, wo er jeweils etwas Schnee vom Pistenrand dazustossen muss. Ein andermal zeigt er auf eine Stelle, an der die Wintersportlerinnen und -sportler häufig hinunterrutschen. An solchen Orten muss er beim Hochfahren mit dem Pistenbully besonders viel Schnee hinaufstossen. «Aber ich muss trotzdem aufpassen, denn an einer Stelle gibt es einen Buckel im Gelände. Da darf ich nicht zu viel Schnee abtragen.» Der versierte Pistenbullyfahrer kennt nicht nur das Gebiet wie seine Hosentasche, er weiss auch geschickt mit seinem fahrbaren Untersatz umzugehen. «Mit dem Joystick kann ich zwölf verschiedene Funktionen ausführen.»

Vater und Sohn: Günther und Nino Raffl koordinieren, welche Piste wie präpariert werden soll.
Vater und Sohn: Günther und Nino Raffl koordinieren, welche Piste wie präpariert werden soll.
Andri Dürst

Unerwünschte Nachtschwärmer

Mittlerweile ist die schwarze Piste fertig präpariert. Das Windenseil wird wieder abgehängt, und Günther Raffl begibt sich unten. Gibt es etwas an seinem Job, das er nicht mag? Auch darauf hat er eine klare Antwort. «Ja, das sind Skitourengänger und -gängerinnen, die am Abend entlang unserer Pisten hinaufsteigen.» Das sei nämlich lebensgefährlich. Wieso, wird gleich klar: Denn auch auf der roten Piste, die von den Hühnerköpfen nach Brambrüesch führt, hängt der Fahrer die Seilwinde an. Und hier wird sie fast 1000 Meter ausgefahren, hinab über zahlreiche Hügel. Je nach Stellung des Pistenbullys kann das Seil plötzlich in eine andere Position schnellen. «Steht dann genau an diesem Punkt eine Person, wird sie vom Seil getroffen und wohl lebensgefährlich verletzt.» Leider habe das Problem, dass Menschen ausserhalb der Betriebszeiten im Skigebiet unterwegs seien, in den letzten Jahren zugenommen – obwohl dies eigentlich verboten ist (siehe Kasten).

Es besteht Lebensgefahr: Bergbahnunternehmen präparieren ausser-halb der Betriebszeiten der Lifte ihre Pisten, Schlittelbahnen und Wege maschinell. Hierfür werden teilweise Seilwinden eingesetzt. Die Seile können über 1000 Meter lang und sehr schlecht sichtbar sein, dies unabhängig von Tages- oder Nachteinsatz. Die Windenseile können unkontrolliert in alle Richtungen schnellen und schwere Verletzungen verursachen. Es besteht Lebensgefahr! Ausserhalb der Bahnbetriebszeiten sind die Abfahrten geschlossen und vor keinen Gefahren wie Lawinensprengungen oder Pistenmaschinen mit Seilwinden gesichert. Den Anweisungen und Anordnungen der Pisten-/Rettungsdienste ist strikte Folge zu leisten. Jede Verantwortung für Unfälle, die sich aus der Missachtung der Sicherheitsvorkehrungen ergeben, wird abgelehnt.

«Alles fährt Ski» gilt noch immer

Zurück zu Erfreulicherem: An seiner Tätigkeit schätzt der Pistenbullyfahrer besonders, dass er in der Natur unterwegs ist. Und auch die Rückmeldungen der Gäste würden einem Motivation geben, die Pisten mit viel Perfektionismus zu präparieren. «Wir haben mehrheitlich nur positive Rückmeldungen, was uns sehr freut. Und auch die Entwicklung der Eintrittszahlen zeigt: In den letzten Jahren konnten wir laufend mehr Gäste begrüssen.» Und dies trotz immer schwieriger werdenden Bedingungen. «Hier oben merken wir den Klimawandel besonders stark. Wetterumschwünge werden immer spontaner und auch Extremereignisse, wie schneearme Winter, kommen leider häufiger vor.» Dennoch: Günther Raffl meint, dass das Skifahren auch in Zukunft noch beliebt sein werde. «Vor Corona hatten wir den Eindruck, dass immer weniger Jugendliche sich fürs Skifahren begeistern. Doch dann kam eine Trendwende, und nun haben auch viele Junge wieder die Freude am Skisport gewonnen.»

Mittlerweile ist es bereits dunkel. Während des Präparierens begutachtet er mit einem speziellen Suchscheinwerfer neuralgische Stellen. «Ich schaue auch, ob wir die Übergänge zwischen den einzelnen Pistenbullyspuren gut getroffen haben.» Wir fahren nun noch eine letzte Piste ab – wieder eine Schwarze. Nach insgesamt zweieinhalb Stunden ist der Zauber auch schon vorbei, und die Pistenbullyfahrer dürfen ihren Feierabend antreten. Ob er es denn nicht schade finde, wenn am nächsten Tag seine Arbeit bereits wieder zunichtegemacht werde? «Nein, überhaupt nicht.» Wenn er die glücklichen Gesichter der Skigebietsbesuchenden sehe, sei das Belohnung genug. Und so verabschiedet er sich. Günther Raffl verschwindet in der Dunkelheit. Und der Schreibende watschelt zu seinem Auto zurück – das im Gegensatz zum grossen Pistenbully nun ganz munzig klein wirkt.

Gefährlich: Das Windenseil kann an verschiedenen Stellen unerwartet zurückschnellen.
Gefährlich: Das Windenseil kann an verschiedenen Stellen unerwartet zurückschnellen.
Andri Dürst

Über «Sonnenlicht und Schattenwurf»: Wir befinden uns mitten im Winter. Und genau für diese Zeit haben wir – die Redaktion – uns eine neue Serie überlegt. «Sonnenlicht und Schattenwurf» berichtet von hellen, erleuchtenden Geschichten und dunklen Schattenseiten, denen wir tagtäglich begegnen.

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