Besuch des Walserdorfes Obermutten
Rahmen ihrer kulturellen Jahresaufgabe 2023 reisten am Dienstag, 12. September, gut 50 Bündnerinnen in das kleine Walserdorf Obermutten und erlebten einen eindrücklichen sowie bereichernden Tag
Rahmen ihrer kulturellen Jahresaufgabe 2023 reisten am Dienstag, 12. September, gut 50 Bündnerinnen in das kleine Walserdorf Obermutten und erlebten einen eindrücklichen sowie bereichernden Tag
Es war am Bahnhof Thusis, wo sich die aus allen Kantonsteilen anreisenden Bündnerinnen trafen. Teilweise waren es Einzelmitglieder, und von dort, wo noch Sektionen bestehen, reisten grosse Delegationen an. So machten sich bald zwei Postautos gefüllt mit Bündnerinnen auf den Weg zur Soliser Brücke. Dort wurde ein letztes Mitglied aufgenommen, das in Davos den Zug verpasst, aber mit verschiedenen Postautos den Weg doch noch geschafft hatte. Eindrücklich wurde den Bündnerinnen auf der Fahrt entlang des steilen Hangs Richtung Muttner Höhi die abgeschiedene Lage des Walserdorfes vor Augen geführt. Ein Eindruck, den Erwin Wyss, Präsident des Museumsvereins Obermutten, in seinem Bericht später vertiefen sollte. Die wenigen Häuser von Solis zogen vorbei, das ehemals fast unpassierbare Muttner Tobel wurde durch einen Tunnel umfahren. Die inzwischen zur Gemeinde Thusis gehörende Siedlung Mutten kam in Sicht, bald passierte man den Stafel, um schliesslich ganz oben auf dem Sattel in Obermutten auf gut 1800 m ü. M. anzukommen. Dort oben stehend, geniesst man einen fantastischen Ausblick ins Albulatal auf der einen und an den Heinzenberg auf der anderen Seite. Dieser Sattel sei denn auch der Grund, warum die Freiherren von Vaz im 12. Jahrhundert Walser Siedler hierher einluden, berichtete Wyss. «Ich bin überzeugt davon, dass Mutten nicht von einer der in Graubünden bereits bestehenden Walsergemeinden aus besiedelt wurde, sondern von direkt aus dem Wallis Einwandernden. Das zeigt die sich doch deutlich unterscheidende Sprache», berichtete der sich intensiv mit der Walser und Obermuttner Geschichte beschäftigende Erzähler. Wie auch immer, die Muttner hielten für die Vazer den Übergang zum von rivalisierenden Familien beherrschten Schams. Überhaupt waren im romanischsprachigen Umland die Beziehungen zu den Nachbargemeinden nicht immer einfach. Kurzweilig und mit vielen Anekdoten gespickt, erzählte Wyss besonders von der Geschichte der unter Denkmalschutz stehenden, 1584 fertiggestellten Obermuttner Kirche. Sie ist die einzige Holzkirche der Schweiz und war über viele Jahre Gegenstand des Spottes in den umliegenden Gemeinden. Besonders die Tatsache, dass die Kirche ursprünglich keinen Turm hatte und die Glocken fast hundert Jahre lang unter dem Dachvorsprung hingen – der Turm wurde erst 1830 hinzugefügt – diente dazu, die Obermuttner Anstrengungen herabzuwürdigen. Dabei war der Bau für die mausarmen Obermuttner Walser eine grosse – angesichts der schwierigen und stundenlangen Wege zum Kirchgang – aber sehr verständliche Anstrengung. Heute umfasst der Weiler Obermutten noch etwa 30 Holzhäuser, die meisten davon wurden nach einem verheerenden Brand von 1946 wieder aufgebaut. Einige davon in der überlieferten Langform mit Stube, Küche und Spensa aneinandergereiht. «Über die wirkliche Verwendung des Spensa genannten Raums bin ich mir nicht sicher», erklärte Wyss. «Für Lebensmittelvorräte scheint er mir zu gross.»Nach dem Mittagessen im einzigen Gasthaus in Obermutten war es den Bündnerinnen überlassen, die Siedlung und die Umgebung auf eigene Faust zu erkunden. Viele nutzen die Gelegenheit, noch einmal Erwin Wyss zu lauschen, der im Ortsmuseum gerne Auskunft gab. Speziell die Ausstellung «Weil noch das Lämpchen glüht» vermochte zu faszinieren. In einem der Häuser, die den letzten Brand überstanden hatten, wird die Geschichte der Beleuchtungen gezeigt. Zwischen Öllampen, Talglichtern oder Kienspänen flog die Zeit nur so dahin, und schon bald mahnte die Uhr zur Abfahrt. In Thusis hiess es für die Bündnerinnen wieder Abschied nehmen, bevor sie sich wieder über den ganzen Kanton zerstreuten.Kulturelle Jahresaufgabe der Kantonalen Bündnerinnen-Vereinigung.
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