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Regisseur Jean-Luc Godard beanspruchte Sterbehilfe

Der französisch-schweizerische Regisseur und Drehbuchautor Jean-Luc Godard ist am Dienstag im Alter von 91 Jahren gestorben. Wie ein enger Freund gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA bestätigte, nahm er Sterbehilfe in Anspruch.

Agentur
sda
13.09.22 - 16:08 Uhr
Kultur
Der französisch-schweizerische Regisseur und Drehbuchautor Jean-Luc Godard ist am Dienstag im Alter von 91 Jahren gestorben.
Der französisch-schweizerische Regisseur und Drehbuchautor Jean-Luc Godard ist am Dienstag im Alter von 91 Jahren gestorben.
Keystone/AP Keystone/GAETAN BALLY

«Sein Körper war müde. Er kam nicht mehr hinterher». Der Filmemacher habe diesen Tod gewählt, weil er aufgrund verschiedener Krankheiten kein normales Leben mehr habe führen können, so der Vertraute weiter. Für einen so unabhängigen Mann sei es ein grosses Hindernis gewesen, nicht über seine körperlichen Mittel verfügen zu können.

Die Bekanntgabe des Todes sei allerdings zu einem späteren Zeitpunk später geplant gewesen. «Wir wollten uns 48 Stunden Zeit geben, den Tag in Ruhe verbringen.» Dass die Nachricht so schnell zur französischen Presse durchgesickert sei, habe alle überrascht und sei auch ein bisschen unangenehm.

In Frankreich ist aktive Sterbehilfe verboten, in der Schweiz unter strengen Auflagen zugelassen. Organisationen, die diesen Service anbieten, sind nicht strafbar, solange ihnen kein «eigennütziges Motiv» zur Last gelegt werden kann. Der Patient muss die tödliche Substanz selbst einnehmen und muss über seine Urteilsfähigkeit verfügen.

Der Mitbegründer der Nouvelle Vague sei im Beisein seiner Nächsten friedlich eingeschlafen. Eine offizielle Trauerfeier werde nicht stattfinden, hiess es in der Stellungnahme weiter.

In der Öffentlichkeit ein Rätsel

Godard gehörte zu den bedeutendsten und eigenwilligsten Regisseuren Frankreichs. An fast 150 Filmen war er beteiligt. Während seine Gangstergeschichte «À bout de souffle» (1960) und «Le Mépris» (1963) über einen Drehbuchautor mit Brigitte Bardot und Michel Piccoli noch Handlungen im klassischen Sinn besassen, brach er ab Mitte der 1960er-Jahre in Filmen wie «Week End» und «La chinoise» immer häufiger die Erzählstrukturen auf. Seine Geschichten wurden fragmentarischer, Bilder und Szenen verloren ihren inhaltlichen und zeitlichen Bezug zueinander.

Der Regisseur wurde für seine Kunst mehrfach ausgezeichnet; für die Öffentlichkeit blieb er gerne ein Rätsel. Er schwamm bewusst gegen den Strom, weigerte sich, das kommerzielle Kino zu bedienen. Drei Viertel seiner Arbeiten waren denn auch finanzielle Misserfolge, was ihn jedoch nicht davon abhielt, bis kurz vor seinem Tod weiterzumachen.

In den letzten Jahren beschäftigte sich Godard in seinen Filmen zunehmend mit Vergangenheit und Gegenwart. Gerne vermischte er dabei Dokumentarfilm, Fiktion, formale Forschung mit philosophischen und künstlerischen Referenzen sowie desillusionierte Grübeleien über die Welt.

Godard wurde am 3. Dezember 1930 in Paris als Sohn französischer Eltern schweizerischer Herkunft geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Nyon. Nach seinem Ethnologiestudium in Paris wollte er erst Schriftsteller und Maler werden - dann zog es ihn in Richtung Film.

Zu seinen Musen zählten Anna Karina und Anne Waziemski, die er nacheinander heiratete bevor er mit der Lausanner Filmemacherin Anne-Marie Miéville zusammenkam. Mit ihr lebte er seit 1977 im waadtländischen Rolle.

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