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Kinder wie Tiere behandelt

Noch bis zum 12. April kann die Ausstellung «vom Glück vergessen» im Heimatmuseum besucht werden. Vergangene Woche fand jedoch die abschliessende Veranstaltung der begleitenden Hengerts statt.

Barbara
Gassler
30.03.23 - 11:33 Uhr
Kultur
«Diese Suppe ist wie Wasser», waren sich die Kinder beim Probieren einig.
«Diese Suppe ist wie Wasser», waren sich die Kinder beim Probieren einig.
zVg

Es ist kein erfreuliches Thema, das in «vom Glück vergessen» abgehandelt wird. Es geht um den Umgang der Behörden und der Gesellschaft mit Personen und Familien, die nicht ins damals gültige Bild passten. «Wir mussten den Kindern zuerst einmal viele Begriffe erklären», berichtete Helene Elmer in der Aula des Bündaschulhauses denn auch. Unbekannt waren etwa «liederlich», «ar-beitsscheu» und «unehelich». Zusammen mit ihrem Team hatte sie die Schulführungen konzipiert, die die Ausstellung begleiteten. Dabei war grosser Wert auf eine stufengerechte Vermittlung des Stoffes gelegt worden und schliesslich waren es 36 Klassen, etwas mehr als die Hälfte aller Davoser Volksschüler, die an einer der Führungen teilnahmen.

Unbekannte Welt

Die Jugendlichen der Oberstufe wurden unmittelbar mit den in der Ausstellung erzählten Geschichten konfrontiert. Erzählungen, die einen nachhaltigen Eindruck hinterliessen, wie anschliessend die Oberstufenschülerin Noa Voelkel im Gespräch mit der Ausstellungskuratorin Tanja Rietmann bestätigte. Sie sei froh, dass sie das nicht erleben müsse, sagte die 14-Jährige. «Da wurden Kinder wie Tiere behandelt. Niemand sollte so etwas erleben.» Wie intensiv sich die Jugendlichen mit dem Thema auseinandergesetzt hatten, zeigte wiederum die Aussage, dass das Erlebte auch zukünftige Generationen präge. «Oft können diese Menschen die Liebe, die ihnen selber fehlte, ihren Kindern nicht weitergeben.» Darum sei es wichtig und richtig, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

Mit Bildern vermitteln

Die Kinder der vierten bis sechsten Klassen wurden nicht mit den Erzählungen aus der Ausstellung, sondern mit Bildern daraus konfrontiert. Sie wurden aufgefordert, sich vorzustellen in dieser Situation zu sein. In Gruppenarbeiten beantworteten sie Fragen und stellten fest, dass anderenorts Kinder auch heute noch in durchaus ähnlichen Situationen sind.

Flucht in die Fantasie

Den jüngsten Kindern wurde die Thematik über das Bilderbuch «Sonnenau» von Astrid Lindgren nahe gebracht. Ein Geschwisterpaar, das verdingt wurde, flüchtet sich darin in die paradiesische Umgebung «Sonnenau». «Die Kinder ver-standen die Parabel augenblicklich und fieberten regelrecht dem Moment entgegen, in dem die Türe zur ‹Sonnenau› für immer geschlossen wird», berichtete Elmer. In der alten Küche des Heimat­museums durften sie sich anschliessend in die Lebenssituation der beiden Protagonisten einfühlen, von der dünnen Milchsuppe löffeln und eine kalte Kartoffel versuchen.

Nach allen Führungen waren sich die Kinder einig, dass so etwas hier und jetzt nicht mehr möglich sei. Dennoch war es dem Team von «Schule und Museum» wichtig, ihnen zusätzlich eine positive Note zu vermitteln, und die Primarschüler und Kindergärtler wurden jeweils mit selbst gebastelten Glücksmomenten nach Hause entlassen. «Persönlich beeindruckte mich, wie sorgfältig alle mit der aus Karton gestalteten Ausstellung umgingen», sagte Elmer zum Schluss. «Karton gilt als wertlos. Er wird gebraucht und weggeworfen. Dabei ist er doch so zerbrechlich. Genau wie die in der Ausstellung porträtierten Menschen.»

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