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Lesereigen in Klagenfurt mit Panne und Sex eröffnet

Die Schweizer Schriftstellerin Julia Weber hat mit ihrem Text «Ruth» das Wettlesen um den Bachmann-Preis eröffnet. Der Lesereigen begann allerdings mit einer technischen Panne.

Agentur
sda
17.06.21 - 16:16 Uhr
Kultur
Der Auftritt der Schweizer Schriftstellerin Julia Weber an den 45. Tagen der deutschsprachigen Literatur hat die Jury gespalten.
Der Auftritt der Schweizer Schriftstellerin Julia Weber an den 45. Tagen der deutschsprachigen Literatur hat die Jury gespalten.
Keystone/GAETAN BALLY

Webers, wie bei allen 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorab aufgezeichnete, Lesung konnte zunächst nicht abgespielt werden. 3sat sendete stattdessen minutenlang eine Doku über die Karnischen Alpen, ehe der Start im zweiten Anlauf klappte.

Pandemiebedingt sind die Autorinnen und Autoren nicht in Klagenfurt anwesend, aber bei der live im ORF-Theater stattfindenden Jurydiskussion zugeschaltet. Die in Zürich lebende Julia Weber, deren Romandebüt «Immer ist alles schön» 2017 erschien, war von Michael Wiederstein eingeladen worden.

Ihr Text handelt von einer feengleichen jungen Frau, die Menschen anspricht: «Komm doch mit!» Darauf antworten manche: «Bist du wirklich, oder habe ich mir dich gewünscht? Erfunden? Ich bin wirklich, sage ich, ich bin Ruth, und wenn ich bei den Menschen bin, dann wird es Sommer in ihnen.» Eine Frau folgt ihr von der Bushaltestelle weg und hat mit Ruth in der Folge ein ausführlich beschriebenes, erfüllendes, am Ende bezahltes und offenbar nachhaltiges Liebeserlebnis - denn bei einer Wiederbegegnung erzählt sie von ihrem seltsamen, als befreiend erlebten Verhalten bei einer anschliessenden Firmen-Geburtstagsfeier, bei dem sie den Kopf in die Torte tunkte.

Gelungen, zu langsam, verstaubt

Die Jurydiskussion wurde von den beiden Neo-Jurorinnen begonnen: Die österreichische Schriftstellerin Vea Kaiser und die deutsche Literaturwissenschafterin Mara Delius fanden die Sexszenen sehr gelungen, Kaiser kritisierte jedoch das «zu langsame Tempo» und den zu starken Gegensatz der beiden Frauen.

Die neue Juryvorsitzende Insa Wilke hielt den Text für sehr gelungen und für eine «Engelsgeschichte», Brigitte Schwens-Harrant entdeckte eine sehr körperliche «Bekehrungsgeschichte», aber zu viele Fragen. Keine Bekehrung sondern eine Befreiung, fand Michael Wiederstein, der mehr die Jury als die Autorin kritisierte - er hatte Weber schliesslich nominiert.

Radikal dagegen hielt der schweizerisch-deutsche Schriftsteller und Literaturkritiker Philipp Tingler, der den Text «unglaublich verstaubt», «zutiefst durchschnittlich» und hermetisch fand.

Danach las die in Leipzig lebende Deutsche Heike Geissler, deren neuen Roman Suhrkamp für Frühjahr 2022 angekündigt hat, ihren Text «Die Woche». «Morgen wache ich auf und dann beginnt das Leben» hiess der Text des deutschen Autors und Theatermachers Necati Öziri, der Dramaturg beim Berliner Theatertreffen ist und ebenfalls von Insa Wilke eingeladen wurde. Und den Nachmittag bestritten die Wiener Autorin Magda Woitzuck und die Salzburger Autorin und Performerin Katharina J. Ferner.

Die Lesungen werden am Freitag - unter anderem mit dem Schweizer Autor Lukas Maisel - und am Samstag fortgesetzt. Am Sonntagvormittag findet schliesslich die Preisvergabe der 45. Tage der deutschsprachigen Literatur statt. Im Vorjahr gewann die deutsche Autorin Helga Schubert den Ingeborg-Bachmann-Preis.

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