Gewinner und Verlierer des Wetters
Es ist warm. Untypisch warm für diese Region. Das belastet nicht nur Menschen, sondern hinterlässt auch seine Spuren in der Natur.
Es ist warm. Untypisch warm für diese Region. Das belastet nicht nur Menschen, sondern hinterlässt auch seine Spuren in der Natur.
von Charlotte Koesling und Noa Bühler
Dass es immer wärmer wird, ist schon längst kein Geheimnis mehr. Der Klimawandel ist in aller Munde. Besonders die warmen Herbsttemperaturen geben in letzter Zeit zu reden. Doch nicht nur Menschen sind von den veränderten Temperaturen betroffen. Der Klimawandel zeigt bereits jetzt Auswirkungen auf die Natur. Andreas Cabalzar und Luis Lietha vom Amt für Natur und Umwelt Graubünden geben Auskunft über die aktuelle Lage.
Auswirkungen auf Flora und Fauna
Lietha ist zuständig für Biotope und Artenschutz. «Es wird wohl eine Verschiebung der Arten geben.» Das sagt er in einem Interview mit TV Südostschweiz. Bei den Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur kommt es laut Lietha darauf an, welche Lebensräume und Tier- beziehungsweise Pflanzenarten betrachtet werden. Denn natürlich gäbe es Unterschiede zwischen den einzelnen Arten. Lebewesen aus trockenwarmen Lebensräumen, wie beispielsweise wärmeliebende Insekten, kommen gut mit den warmen Verhältnissen zurecht. Vor allem Arten aus höheren Bergregionen sind laut Lietha gefährdet, denn sie benötigen eher ein kälteres Klima. Trotzdem sei Graubünden mit seinen Bergen nicht stärker gefährdet, als flachere Gebiete. «In höheren Regionen gibt es mehr Ausweichmöglichkeiten», sagt Lietha. Die Tiere und Pflanzen, denen es zu heiss werde, würden einfach ein Stück weiter nach oben ziehen, wo es kälter ist. Schon heute fänden sich daher auf Berggipfeln mehr Pflanzenarten, als noch vor ein paar Jahren. «Von einmaligen Extremfällen kann sich die Natur in der Regel gut erholen», erklärt Lietha. «Wenn diese Extremfälle jedoch zu einem Trend werden, verschiebt sich das Artenspektrum.»
«Es wird wohl eine Verschiebung der Arten geben.»
Verschiedene Pflanzen- und Tiergattungen verhalten sich im Umgang mit den warmen Temperaturen unterschiedlich. So breiten sich wärmeliebende Arten laut Lietha vermehrt aus, während kälteliebende Arten sich eher zurückziehen. Bäume können bei Wärme oft etwas mehr wachsen, was dazu führt, dass ihre Jahrringe breiter werden. Das funktioniert allerdings nur bei genug Niederschlag. Es gibt Pflanzenarten, die es länger mit wenig Wasser aushalten und solche, die mehr Regen brauchen. Derzeit schmelzen die Gletscher, was dazu führt, dass es während der Schmelze zwar mehr Wasser gibt, danach jedoch ein Defizit entstehen könnte. Dieses Jahr hatte Graubünden laut Lietha trotz des trockenen Winters kein solches Defizit, da es im Sommer viel geregnet hat. Durch diesen Regen habe sich auch die Artenvielfalt normalisiert, die im Frühling etwas kleiner gewesen sei, als erwartet. Die Forstplanung müsse sich jetzt überlegen, was für Baumarten sie pflanzen müssten, damit diese in Zukunft einen guten Lebensraum haben. Im vergangenen Jahrhundert habe man diesbezüglich auf Fichten gesetzt, was im Nachhinein betrachtet nicht die beste Lösung gewesen sei, denn Fichten mögen keine Trockenheit. Bezüglich der Artenverschiebung ist Lietha überzeugt: «Es gibt Gewinner und Verlierer und in gewissen Momenten hat man auf die richtigen Karten gesetzt und in gewissen nicht so.»
Die Klimaprobleme sind global
Die Klimaprobleme sind, laut Abteilungsleiter Natur und Landschaft und Projektleiter Biodiversität Cabalzar, global. «Der Kanton kann solche Probleme nicht alleine lösen», so Cabalzar. In den letzten zweieinhalb Jahren hat der Kanton Graubünden eine Biodiversitätsstrategie entwickelt, in der die Artenvielfalt, Lebensräume und Vernetzung analysiert wurde. Daraus wurden 28 Massnahmen ausgearbeitet, die es nun im Sinne eines Trendwechsels umzusetzen gilt. «Wir haben mit diesen Massnahmen Angebote präsentiert», so der Abteilungsleiter, «wir sind optimistisch im Hinblick auf einen Trendwechsel, wenn die betroffenen Leistungstragenden ihre Verantwortung wahrnehmen und mitmachen». Der Kanton könne den Klimawandel nicht alleine beeinflussen, jedoch kantonsinterne Herausforderungen angehen wie beispielsweise nach Lösungen für den Zielkonflikt bei wassergebundenen Energiestrategien zu suchen.
«Der Kanton kann solche Probleme nicht alleine lösen.»
Auf Unverständnis sei der Kanton dank seines umfassenden Grundlageberichts, der Tatsachen ohne Schuldzuweisungen schildert, nicht gestossen. Vielmehr habe der Bericht eine Betroffenheit bei Leistungstragenden ausgelöst. «Ein kälteres Klima in Graubünden ist deswegen nötig, weil gewisse einheimische Arten darauf angewiesen sind, zum Beispiel die Forelle oder die Äsche», so der Projektleiter Biodiversität. Bei höheren Wassertemperaturen sinke nämlich der Anteil des gelösten Sauerstoffes im Wasser, wodurch besagte Arten nicht überleben würden. Immer wieder wird einem gesagt, man sollte sich an den Klimawandel anpassen. Auf die Frage, was das denn genau bedeutet, antwortet Cabalzar: «Es bedeutet, dass wir CO₂-Emissionen herunterschrauben müssen. Dies funktioniert aber nur, wenn grosse Industrienationen auch mitziehen.»
Im folgenden Sendungsbeitrag von TV Südostschweiz erfährt ihr mehr zum Thema:
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