«Wir haben es 150 Jahre lang verbockt ...
... nun müssen wir 200 Jahre lang aufräumen.» So lautet die kürzeste Zusammenfassung des von der Naturforschenden Gesellschaft organisierten Wissenschaftscafés zur Frage «C0₂ – wohin damit?»
... nun müssen wir 200 Jahre lang aufräumen.» So lautet die kürzeste Zusammenfassung des von der Naturforschenden Gesellschaft organisierten Wissenschaftscafés zur Frage «C0₂ – wohin damit?»
«Gegenwärtig gibt es bereits zu viel C0₂ in der Atmosphäre, um das Ziel einer Erwärmung von 1,5 Grad einhalten zu können.»
Um das Ziel der Schweiz von netto Null bis 2050 zu erreichen, reiche auch der völlige Wegfall neuer Kohlendioxyd-Emissionen nicht aus, erklärte Peter Richner und stellte eine mögliche Lösung vor. Der Leiter der neuen EMPA-Forschungsinitiative «Mining the Atmosphere» will dieser das bereits enthaltene C0₂ wieder entnehmen und binden. «Die Decarbonisierung des Energiesystems läuft. Es braucht noch etwa zwanzig Jahre, dann haben wir mehr als genug Energie aus alternativen Quellen», sagte er zuvor. Den zusätzlich noch nötigen Schritt beschrieb er plakativ: «Wir haben es 150 Jahre lang verbockt, nun muss 200 Jahre lang aufgeräumt werden.» Doch dieses Aufräumen koste, während der weitere Ausstoss von Klimagas noch immer gratis sei. Einen Weg sieht er in der Abscheidung des in der Luft vorhanden C0₂ und dessen Weiterverwendung.
«Damit könnte die ganze Petroindustrie ersetzt werden.»
Dabei wird das Kohlendioxyd behandelt wie jeder andere Rohstoff, mit dessen Abbau Wert geschaffen werden soll. Er wird da entnommen, wo die Voraussetzungen günstig sind. In diesem Fall am Sonnengürtel der Erde, weil da die notwendige Energie in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Denn das C0₂ soll mittels Wasserstoff in Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden, um anschliessend als Basis neuer Produkte weiterverwendet zu werden. «Damit könnte die ganze Petroindustrie ersetzt werden.» Ein mögliches solches Endprodukt hatte Richner gleich mitgebracht: Ein Stück Beton. «Damit kann pro Kubikmeter des Baustoffes 70 Kilogramm Kohlendioxyd gespeichert werden, anstatt wie bis anhin 200 Kilogramm davon auszustossen.» Dieses Material hätten sie gewählt, weil aufgrund der massiven Bautätigkeit weltweit damit Milliarden von Tonnen Kohlendioxyd permanent gebunden werden können. «Es kann sogar mehrmals rezikliert werden.» Bis in zwei oder drei Jahren wären sie soweit, das Material tatsächlich in der Praxis einsetzen zu können. «In Zusammenarbeit mit einem Bündner Unternehmen übrigens.»
«Was momentan am besten funktioniert ist, das C0₂ beim Fördern gleich wieder in die frei gewordenen Lagerstätten im Untergrund zu pressen.»
Eine andere Möglichkeit, mit dem der Luft entnommenen Kohlendioxyd umzugehen, präsentierte Stefan Finsterle. Der im kalifornischen Berkeley tätige Hydrogeologe und Endlagerexperte beschrieb die Varianten, den Stoff im Untergrund zu lagern. Viele der damit verbundenen Fragen sind allerdings noch nicht geklärt: Bleibt der Stoff, wohin er verbracht wurde? Gibt es überhaupt genügend Speicherplatz? Führen Eingriffe in den tiefen Erdschichten zu Reaktionen an der Oberfläche? «Was momentan am besten funktioniert, ist, das C0₂ beim Fördern von Öl und Gas gleich wieder in die frei gewordenen Lagerstätten im Untergrund zu pressen.» Eine ambivalente Lösung, die ihm offensichtlich keine Freude bereitet.
«Einen Preis auf dem Ausstoss von CO2.»
Was es denn brauche, um all diesen Lösungen Vorschub zu leisten, wollte Gesprächsleiterin Birgit Ottmer, Leiterin Kommunikation am WSL, zum Ende des Gesprächs wissen. «Einen Preis auf dem Ausstoss von C0₂», waren sich Richner und Finsterle einig, während Sedlacek mahnte, die Reduktion des Ausstosses nicht zu vergessen.
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