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«Wir gehen keine Steine mehr suchen»

Am vergangenen Freitagabend hatte die Genossenschaft Privatwald Davos zur GV geladen und wurde von einer Rekordbeteiligung überrascht.

Südostschweiz
08.05.25 - 07:00 Uhr
Klima & Natur
Von den Genossenschaftern erhielt der scheidende Präsident Hans-Peter Pleisch eine junge Arve geschenkt. Seine Nachfolgerin Andrea Ambühl muss sich vorläufig mit Blumen begnügen.
Von den Genossenschaftern erhielt der scheidende Präsident Hans-Peter Pleisch eine junge Arve geschenkt. Seine Nachfolgerin Andrea Ambühl muss sich vorläufig mit Blumen begnügen.
bg
Inzwischen würden sie rund ein Fünftel des Privatwaldes in Davos vertreten, freute sich Präsident Hans-Peter Pleisch bei der Eröffnung der Sitzung. In Zahlen ausgedrückt sind das 74 der insgesamt 446 Waldeigentümer oder 863 der total 3729 Hektaren Privatwald. Damit konnte der Bestand in den vergangenen zwei Jahren verdoppelt werden. Bei der Gründung der Genossenschaft 2022 hatte man sich innert fünf Jahren eine Zielgrösse von 1000 Hektaren vorgenommen. Hintergrund ist die starke Stückelung des Davoser Waldes. Während sich dieser in anderen Gemeinden fast ausschliesslich in öffentlichem Besitz befindet, wurde er in Davos von Generation zu Generation in bäuerlichen Betrieben weitergereicht und dabei zunehmend aufgeteilt. Inzwischen sind viele Besitzende gar nicht mehr zu erreichen oder in komplizierten Erbengemeinschaften organisiert. Ein Bezug zur Waldparzelle ist kaum mehr vorhanden. Dennoch muss sie, weil vielfach Schutzwald, gepflegt und bewirtschaftet werden. Daher übergeben in der Genossenschaft organisierte Waldbesitzende die administrativen Aufgaben an ihre Geschäftsführung in der Person von Hanspeter Hefti und erhalten dafür einen Pachtzins. Ausgeführt werden die Waldarbeiten vom Forstdienst Davos, der von Gesetzes wegen für die Schutzwaldpflege zuständig ist. Die Zusammenarbeit zwischen Genossenschaft und Forstdienst führt also zu einer Vereinfachung auf ­beiden Seiten. «Wir gehen keine Grenzsteine mehr suchen», brachte Markus Hubert, Leiter Forstdienst, den Nutzen auf einen kürzesten Nenner.

Verkaufseinbruch

Gesucht werden hingegen nach wie vor Abnehmer für die Klimazertifikate, die im Davoser Wald produziert werden. Durch den Verzicht auf einen Vorratsabbau bleibt CO₂ im Holz gebunden, wofür Zertifikate ausgestellt werden. «Durch die Schlagzeilen über schlecht oder gar nicht umgesetzte Klimaschutzprojekte gingen unsere Verkäufe um rund die Hälfte zurück», erklärte Hubert. Mit Marketingmassnahmen und der Möglichkeit, die Projekte vor Ort anzuschauen, würden sie gegen das schlechte Image ankämpfen.

Ausserdem wusste er von grossen Verschiebungen beim Holzverkauf zu berichten. Mit der Eröffnung der Sägerei Resurses SA würden sie den Grossteil ihres Holzes nach Tinizong verkaufen. «Es macht keinen Sinn mehr, ins Ausland zu liefern.»

Neue Präsidentin

Die statutarischen Belange der Genossenschaft wurden alle rasch und einstimmig abgehandelt. Wie schon im Vorjahr erwirtschaftete sie einen kleinen Gewinn und budgetiert einen solchen auch für das laufende Jahr. Eine Änderung ergibt sich im Vorstand. Gründungspräsident Hans-Peter Pleisch gab sein Amt an Andrea Ambühl weiter, die mit Akklamation gewählt wurde. Unterstützt wird sie von den beiden Bisherigen Cyril Graf und Conrad Stiffler.

Multitalent Wald

In einem Referat zum Abschluss der Versammlung strich Landrätin Claudia Bieler, Vorsteherin des Departements Tiefbau und öffentliche Betriebe, die vielfältigen Funktionen des Waldes heraus. Er sei ein Multitalent, und vierzig Prozent aller in der Schweiz vorkommenden Lebewesen seien in irgendeiner Form auf ihn angewiesen, erklärte die studierte Forstingenieurin. Darunter auch der Mensch, der Dienste des Waldes als Schutz vor Naturgefahren, als Holzlieferant, als Weidefläche und als Freizeitarena in Anspruch nehme. Hatten die Revierförster den Genossenschaftern eben noch von den im Sommer geplanten holzwirtschaftlichen Arbeiten berichtet, legte Bieler die strategischen Pläne dar.

80 Jahre in die Zukunft

Einerseits ist da ein Bericht, der den Einfluss des Wildes auf den Wald zeigt und Gebiete in verschiedene Schadenskategorien einteilt. Der Zukunftswald werde auch im Raum Davos deutlich mehr Waldbaumarten aufweisen, fuhr Bieler fort. In einem nationalen Projekt würden aktuell 18 Baumarten verschiedener Herkunft auf ihre Eignung getestet.

Auch wenn die Fichte die dominante Baumart bleiben werde, erwartet Bieler für den Raum Davos eine stärkere Verbreitung oder das Auftauchen von Vogelbeere, Ahorn, Traubeneichen und Weisstanne. Doch genau diese werden vom Wild bevorzugt verbissen, was forstliche Massnahmen schwierig mache. «Darum müssen wir schon heute Samenbäume pflanzen. Veränderungen im Wald brauchen sehr lange», sagte Bieler und gab einen Zeitraum von etwa 80 Jahren vor.

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