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Vogelstimmen im Parsenngebiet

Bei einer Exkursion in die Parsennmäder tauchten Davoser Landwirtinnen und Landwirte in die Welt der Feldlerche, des Braunkehlchens und des Baumpiepers ein. Die selten gewordenen Bodenbrüter sind auf die Landwirtschaft angewiesen, benötigen jedoch Bewirtschaftungsformen, die auf ihre Lebensweise Rücksicht nehmen – allen voran eine späte Mahd.

Davoser
Zeitung
10.06.25 - 07:00 Uhr
Klima & Natur
Eine interessierte Runde lauschte aufmerksam den Ausführungen von Patrick Marti.  Bild: zVg
Eine interessierte Runde lauschte aufmerksam den Ausführungen von Patrick Marti. Bild: zVg
zVg/Marcel Burkhardt
Kürzlich lud der Bauern- und Waldwirtschaftsverband die Davoser Landwirtinnen und Landwirte zu einer Exkursion der besonderen Art ein: Im Rahmen des regionalen Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsprojekts ging es von der Schwarzseealp bis hinauf zu den Parsennmädern in den Lebensraum bedrohter bodenbrütender Vogelarten. Im Fokus standen Feldlerche, Braunkehlchen und Baumpieper – Vögel, die auf offene, extensiv genutzte Flächen angewiesen sind.

Patrick Marti, Koordinator der Regionalstelle Graubünden der Vogelwarte Sempach, führte die knapp 20 Teilnehmenden fachkundig in die Lebensweise der drei Arten ein und erklärte, wie gezielte Fördermassnahmen deren Bestand sichern können. Denn alle drei Arten legen ihre Nester gut getarnt direkt auf dem Boden an, in Wiesen und Weiden oder im Fall der Feldlerche auch in Äckern. Entsprechend sensibel reagieren die Vögel auf landwirtschaftliche Eingriffe, vor allem auf eine zu frühe Mahd. Rattern die Mähmaschinen bereits im Juni oder Anfang Juli, haben die Bodenbrüter kaum eine Chance, ihre Jungen erfolgreich aufzuziehen.

Hohe Verantwortung für das Braunkehlchen

Besonders kritisch ist die Lage beim Braunkehlchen. In der Schweiz gilt der kleine Singvogel mit der orangebraunen Kehle als gefährdet, im Mittelland und auch in tieferen Lagen im Berggebiet ist er fast vollständig verschwunden. Mehr als ein Drittel des verbliebenen Bestands lebt heute in Graubünden – entsprechend hoch ist die Verantwortung des Kantons für das Überleben der Art.

«In Davos sind Braunkehlchen ausserhalb des Parsenngebiets vor allem noch im Dischma und im Sertig und an wenigen Orten im Haupttal anzutreffen, vorzugsweise in leicht gedüngten, aber dennoch blumenreichen Wiesen», erklärt Patrick Marti. Oft sitzen sie auf Zaunpfählen oder hohen Stauden, von denen aus sie singen und Insekten jagen. «Die Vögel kehren Mitte Mai aus ihrem Winterquartier in Afrika zurück. Mit dem Nestbau beginnen sie erst im Juni. Bis die Jungvögel flügge sind, vergeht ein weiterer Monat», ergänzt der Exkursionsleiter. Daher sei es entscheidend, Brutflächen erst nach dem 15. Juli zu mähen. Die daraus entstehenden Ertragseinbussen werden über das Vernetzungsprojekt abgegolten.

Braunkehlchen.
Braunkehlchen.
zVg/Marcel Burkhardt

Frühlingsbote blieb stumm

Auch Feldlerche und Baumpieper gehören zu den Vogelarten, deren Bestände in den letzten Jahrzehnten vor allem im Mittelland stark zurückgegangen sind. In Davos hingegen ist der Baumpieper auch im Haupttal noch recht häufig, vor allem in extensiv genutzten Weiden, in denen einige Nadelbäume stehen. Von einer Baumspitze aus setzt das unscheinbar gefärbte Männchen jeweils zu seinem beeindruckenden Singflug an: Es steigt steil in die Luft auf, bevor es mit fallschirmartig ausgebreiteten Flügeln und lautem Singen wieder auf den Baum zurückgleitet – ein Schauspiel, das die Exkursionsteilnehmenden trotz zeitweiligem Nieselregen und Nebel kurz beobachten konnten.

Die Feldlerche hingegen blieb an diesem Tag leider stumm. Dabei ist ihr oft minutenlang anhaltender, trillernder Gesang der Inbegriff des Frühlings – und ein Klang, der so manchen Dichter oder Komponisten inspiriert hat. Um den Teilnehmenden trotzdem einen Eindruck zu vermitteln, spielte Patrick Marti eine Tonaufnahme ab. Im Parsenngebiet brüten schätzungsweise acht bis zehn Feldlerchenpaare. Aus dem Davoser Talboden dürfte die Art hingegen ganz verschwunden sein. In den Parsennmädern profitiert sie davon, dass die Wiesen zum grossen Teil nicht gedüngt und erst nach dem 15. Juli, meist sogar erst nach dem 1. August gemäht werden, einige davon sogar nur jedes zweite Jahr.

Dies widerspiegelt sich auch in einer äusserst vielfältigen Flora, so blühten zum Exkursionszeitpunkt nebst blauen Enzianen und gelben Trollblumen zum Beispiel auch unzählige Schwefelanemonen.

Baumpieper.
Baumpieper.
zVg/Marcel Burkhardt

Sensibilisierung ist wichtig

Trotz der eher ungünstigen Wetterverhältnisse zeigten sich die Exkursionsteilnehmenden sehr interessiert, und es herrschte ein reger Austausch untereinander. Am Ende waren sich alle einig: Ein einzelner Rundgang reicht nicht aus, um die Vogelarten sicher zu bestimmen – wohl aber, um ihre Ansprüche besser kennenzulernen. «Solche Exkursionen sind sehr wichtig», betonte denn auch Cyril Graf, Präsident des Bauern- und Waldwirtschaftsverbandes Davos. «Sie sensibilisieren unsere Mitglieder für bedrohte Arten und ihre Lebensweise.» Und sie zeigen auch auf, wie die Bäuerinnen und Bauern gerade im Berggebiet mit einfachen Mitteln wie einem späten Schnittzeitpunkt viel für die Vogelwelt bewirken. Denn nur so haben die bedrohten Bodenbrüter in der Schweiz eine Chance, langfristig zu überleben.

Feldlerche.
Feldlerche.
zVg/Marcel Burkhardt
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