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Ein Pionier mit vielen Talenten

Seit weit über 40 Jahren ist der in Davos wohnhafte Andy Mettler weit über die Region hinaus als Fotograf bekannt und hat nicht nur Sportveranstaltungen, sondern auch WEF-Berühmt­heiten und High-Society-Events abgelichtet. Dabei schritt er mit Erfindungsgeist auch immer wieder mal als Pionier voran.

Pascal
Spalinger
24.04.25 - 07:00 Uhr
Menschen & Schicksale
Andy Mettler ist seit über 40 Jahren Fotograf.
Andy Mettler ist seit über 40 Jahren Fotograf.
Andy Mettler (swiss-image.ch)
Eigentlich hatte Andy Mettler in jungen Jahren wenig mit Fotografiererei zu tun. Nach dem Seminar war er in Davos als Lehrer im Einsatz, half mit, eine Klinikschule aufzubauen, war im Internat der Schweizerischen Alpinen Mittelschule Davos tätig. Er engagierte sich viele Jahre als Volleyballtrainer. Erstmals näher mit dem Medienschaffen kam er während eines Stages bei der Davoser Zeitung in Berührung. «Dort konnte ich alles von der Pike auf lernen. Damals schrieben wir die Texte erst mit Schreibmaschine, und die Nachrichten wurden laufend zur Veröffentlichung weitergegeben. Zudem lernte ich, den Telex zu bedienen und mit Bleisatz zu arbeiten.» Es folgten Stages bei der Bündner Zeitung sowie bei den LNN (Luzerner Neuste Nachrichten – ­Tageszeitung bis 1995) und bei Radio ­Pilatus, das er mit LNN-Kollegen mitbegründete. «Bei der LNN konnte ich auch punkto Layouts viel lernen.» Weitere ­kurze Gastspiele folgten bei «USA today» sowie bei Ringier.
Fast surreal wirkende Luftaufnahme der Region Davos.
Fast surreal wirkende Luftaufnahme der Region Davos.

Ein reiner Autodidakt

Im Lauf der Zeit kam Mettler immer mehr mit der Fotografie in Kontakt. Am Anfang sei er als reiner Autodidakt noch nicht top gewesen, «aber ich machte einfach alles und konnte dadurch viel profitieren». Zunächst sei er für eine Zürcher Bildagentur mit einem Bildfunksender aus dem Zweiten Weltkrieg in Graubünden unterwegs gewesen. Dieses uralte Gerät soll sogar noch ein Einschussloch aufgewiesen haben. Später versandte er via modernem AP-Funkgerät und Telefonleitung Fotos über das englische ­Königshaus – in Davos und Klosters. «Ich begleitete als ‹Paparazzo-Lehrling› König Charles und Lady Diana. Sarah Ferguson (Fergie) fragte mich, ob ich die Taufe ihres Gottenkindes Melanie (von Ski­lehrer und Freund Bruno Sprecher und Dora) in Serneus als Charity-Event fotografieren könnte. Eine interessante Aufgabe!» Aber ein Paparazzo wollte er nicht sein lange sein, blickt Mettler in die 90er-Jahre zurück. «Nachdem ich gelernt hatte, wie die ‹Royal Watcher› ihre Bilder nach London ‹funkten›, stieg ich aus und kaufte mir das modernste Gerät für diese Aufgabe.» Ein guter Entscheid, wie er danach feststellen konnte.

Komplizierte Bildübermittlung

Mettler war seine ganze Karriere lang am Tüfteln, wie Bilder noch schneller von A nach B übermittelt werden konnten. «Das kam daher, dass Graubünden in­frastrukturell schwierig und im Vergleich zu Orten im Unterland zu weit weg war. So war es für mich als Freischaffender kompliziert, schnell zu sein.» Ein Beispiel: Hatte Mettler in Davos oder im ­Engadin fotografiert, fuhr er anfangs der 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts die Filme per Auto nach Landquart. Von dort wurde das Material mit dem Zug nach Zürich transportiert, und danach per Taxi zum Flughafen, wo der Film der Swissair-Crew übergeben wurde. In London wurde die Fracht dann von einem Taxifahrer zur Agentur AP gebracht.

Mettler optimierte seine Technik immer feiner und gründete 1998 die Bildagentur Swiss-Image, die sich auf moderne Bildkommunikation und -Distribution spezialisierte und heute noch existiert. «Alle wollten die Fotos immer schneller haben, nicht nur AP und Reuters, sondern beispielsweise auch das WEF.» So habe man beispielsweise Filme in der Küche des Kongresszentrums in Davos entwickelt. Ein Meilenstein wurde 2007 gesetzt, als unser neuer Workflow mit einem Handy (Mobile Hotspot) gut zu funktionieren; aktuelle Bilder konnten direkt aus der Kamera via Mobile Hotspot zum FTP-Server auf die Swiss-Image-Redaktion übermittelt werden. Ein Bildredaktor verarbeitete die Fotos und verteilte sie in die Online-Bilddatenbank sowie an Medien. Erstmals waren Bilder nach fünf bis 10 Minuten verfügbar. Damals eine schnelle Zeit.

«Während der Corona-Pandemie und dem zweijährigen Event-Lockdown, entwickelten wir mit einem italienischen Partner den neuen Workflow «Live Image» (Camera ot Web) dank dem der Fotograf am Event Bilder in unserem Cloudserver automatisch optimieren, Bildlegenden anfügen und sofort an viele Redaktionen übertragen kann.» Die Verzögerung zwischen Kamera und Onlinebringung der Fotos dauert zwischen 30 und 60 Sekunden. Wohlverstanden ist das keine Handylösung, sondern ein hochprofessionelle Live-Lösung mit ­spiegellosen Kameras und hochwertigen Objektiven und automatischer Bildaufbereitung. Swiss-Image nutzt zurzeit das Live-System exklusiv. Ob es ins Ausland verkauft wird, ist noch offen.

Mettler war nicht nur technisch öfters mal als Pionier unterwegs, sondern auch in Sachen Eventfotografie. «Wir haben vor vielen Jahren bei Marathonläufen oder Eidgenössischen Festen entdeckt, dass kleine E-Bikes unsere Arbeit sehr erleichtern. Meines ist mit einer Halterung versehen, um eine Leiter zu transportieren. Beim Grand-Prix von Bern oder dem Swiss City Marathon Lucerne ist es beinahe zwingend, Fotos auf der Leiter einzufangen, um die Masse von Läuferinnen und Läufern besser darzustellen.» Der Bündner Sport- und Eventfotograf hat ab 1998 schnell seine eigene Bildsprache ­gefunden, um klare, saubere und intensive Bilder zu kreieren.

Pferderennen «White Turf» St. Moritz aus der Vogelperspektive.
Pferderennen «White Turf» St. Moritz aus der Vogelperspektive.
Andy Mettler (swiss-image.ch)

Läufe als Spezialität

In den vergangenen Jahrzehnten wurde Mettler und Swiss-Image für die verschiedensten Grossanlässe und Jubiläen engagiert (siehe auch Seite 16 dieser Ausgabe). In den letzten 25 Jahren waren er und seine Mitarbeitenden an praktisch allen Eidgenössischen Schwing-, Jodler und Musikfesten im Einsatz. Oder man fotografierte für die RhB alle Events. Mehr als 40 Jahre war Mettler am World Economic Forum tätig, zwei Jahrzehnte als Fotograf von Klaus Schwab. 25 Jahre lang nahm Mettler den HCD und den Spengler Cup ins Visier, und praktisch ebenso lange hielt er das Geschehen bei der Ultralauf-Veranstaltung Swissalpine bildlich fest. Der Fotograf, der von sich sagt, er lebe in Davos und arbeite im Engadin und der Schweiz, bezeichnet den Engadin Skimarathon, White Turf St. Moritz und die Musicals auf der Walenseebühne (zuletzt Heidi II) in Walenstadt als seine Lieblingsevents.

Noch hat Swiss-Image diverse Verträge mit Veranstaltern am Laufen, in denen geregelt ist, was die Fotografen zu tun und zu lassen haben. «Wir brauchen aber gewisse Freiheiten und Unterstützung, damit wir unsere Arbeit für alle zufriedenstellend erledigen können», meint Mettler. Eigentlich möchte er nun kürzertreten: «Es ist nicht gelogen, dass ich mich mit dem Gedanken beschäftige, aufzuhören. Aber so einfach ist das gar nicht. Ich fotografiere noch zu gerne Events. Zudem habe ich noch ein grösseres Projekt in Arbeit – meine Fotos von 1980 bis heute sollen im Staatsarchiv des Kantons Graubünden in ein Online-Archiv aufgenommen werden. Ich bin schon fast ein Jahr daran. die Auswahl sinnvoll zu reduzieren respektive hundertausende Digitalbilder und Filme zu sichten und die beste Selektion auszuwählen. Dies dauert mindestens noch ein halbes Jahr oder länger. Und zu guter Letzt müsste ich endlich eine Ausstellung planen, meine erste überhaupt. Also von Pensionieren spüre ich noch wenig.  Ausserdem kommen wieder mehr An­fragen von Events, ob wir nochmals fotografieren und die Bilder mit unserem schnellen System distribuieren könnten. Aber unser Bildserver und die Software wird von Providern gehostet, und diese Kosten lasten ohne volle Auftragsbücher auf der Bildagentur. Eine Nachfolge­lösung haben wir leider in den letzten Jahren nicht finden können.»

Andy Mettler benutzte am «Grand Prix Bern» für den idealen Blickwinkel öfter eine Leiter.
Andy Mettler benutzte am «Grand Prix Bern» für den idealen Blickwinkel öfter eine Leiter.
Andy Mettler (swiss-image.ch)
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