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Schaustück der Biodiversität

«Theater des Überlebens» stand vor einem Jahr fassadenfüllend am Kirchner Museum. Davor ein netter grüner Rasen. Oder eine Todeszone. So zumindest sieht es der Gärtner Fabian Reppel und strebt an, dies zu ändern.

Davoser
Zeitung
03.10.22 - 06:34 Uhr
Ereignisse
Hand in Hand geht es schnell vonstatten.
Hand in Hand geht es schnell vonstatten.
zVg

«Besser hätte man es nicht ausdrücken können», sagt Reppel in Erinnerung an das Plakat zur Ausstellung «Theater des Überlebens. Martin Disler – Die späten Jahre», die 2021 im Kirchner Museum gezeigt wurde. Für den Obergärtner des Alpinums Schatzalp spielt sich der Überlebenskampf jedoch im Rasen rund um das Museum ab. «Von Biodiversität keine Spur. Rasen sind ökologische Wüsten.» Also setzte er sich mit dem Kirchner Museum in Verbindung, aktivierte den Verein Kirchner Museum, den Verein Freunde des Botanischen Gartens Alpinum Davos und deren Partner Green up. Gemeinsam wurde beschlossen, etwas gegen das eintönige Grün zu unternehmen, und Reppel bekam einen knapp 30 Quadratmeter grossen Streifen Rasen entlang der Promenade zugesprochen. Dort durften letzte Woche acht Freiwillige des «Service Civil International» (SCI) Hand anlegen. Die jungen Menschen aus Mexiko, Tunesien, Rumänien, Deutschland und selbstverständlich auch der Schweiz absolvieren gerade einen Arbeitseinsatz im Alpinum Schatzalp. Damit unterstützen sie einerseits ein lokales, gemeinnütziges Projekt und begegnen wiederum anderen Kulturen. Die parteipolitisch und konfessionell unabhängige Organisation SCI setzt sich für gewaltfreie Konfliktlösung, nachhaltige Entwicklung sowie für Gleichbehandlung und -berechtigung aller Menschen ein.

Durchlässiger und eher magerer Boden wird angestrebt

Schon bevor sie am vergangenen Donnerstag an der Promenade tätig waren, hatten sich die Freiwilligen auf das Projekt vorbereitet, indem sie den später zu verwendenden Kompost sterilisierten. «Das machen wir immer, um so wenig Beikräuter wie möglich in den Pflanzbeeten zu haben», erklärt Reppel dazu. Beim zukünftigen Beet wurde die Grasnarbe im Pflanzbereich abgezogen, und nun konnte das Erdreich mit je einer Portion Sand und Kompost ergänzt werden. «Das gibt zusammen mit dem bereits vorhandenen Erdreich an diesem Standort eine gute Struktur und etwas Power für den Start, dann aber weniger Nährstoff. So haben es die meisten Pflanzen am liebsten und können hervorragend gedeihen.» Nachdem am Donnerstag das Ganze sorgfältig vermischt worden war, wurden die Jungpflanzen eingesetzt. «Etwa vier Fünftel der Pflanzen sind einheimischen Ursprungs und nach Bio-Richtlinien kultiviert», verrät Reppel. Doch etwas Besonderes soll das Beet dann doch enthalten, schliesslich schmückt es die unmittelbare Umgebung eines Kunst­museums. «Wir schaffen den Bezug, indem wir zum Beispiel Bart-Iris-Sorten pflanzen. Das sind in der Kunst häufig abgebildete Pflanzen.» Das Gleiche gilt für den Klatschmohn, der ausgepflanzt wird, oder die Sonnenblumen, die nächstes Jahr auf die Ausstellung des Expressionisten Emil Nolde hinweisen werden.

Die Freiwilligen verlassen den Ort des Geschehens.
Die Freiwilligen verlassen den Ort des Geschehens.
zVg

Minimale Pflege

Ansonsten setzt man auf die natürliche Kraft der Pflanzen. «Wir wollen hier nicht nur ein Schaustück für vielfältige Pflanzungen schaffen, sondern auch zeigen, dass eine gut angepflanzte Wiese weniger Arbeit macht als ein gemähter Rasen», sagt Reppel. Denn wo das eintönige Grün regelmässig gestutzt, gedüngt, gelüftet und gewässert werden muss, verspricht der Gärtner bei der neuen Ökofläche minimalen Aufwand. «Gewässert wird überhaupt nicht, gejätet maximal zwei Mal im Jahr.» So soll ein natürlicher, sich über die Jahre verändernder Aufwuchs entstehen, der auch der Belastung durch die Temporärbauten während des WEF standhalten soll, gleichzeitig aber Überwinterungs- und Unterschlupfmöglichkeiten für eine Vielzahl an kleinen und kleinsten Lebewesen bieten wird. Ganz abgesehen davon, dass durch die geschickte Blumenmischung vom Frühjahr bis in den Herbst hinein immer etwas das Auge zu erfreuen vermag.

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